Bilder: Michael Kleinjung.
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Kaufland: Änderung des Bebauungsplans gestoppt
Bergneustadt - In der gestrigen Ratssitzung wurde einem Antrag der CDU- und UWG-Fraktion mehrheitlich stattgegeben - Die geplante Änderung des Kaufland-Bebauungsplans wird nicht weiter verfolgt.
Gut zwei Jahre lang ist in Bergneustadt über die Ansiedlung eines Kaufland-Marktes auf dem früheren Extra-Gelände an der Ecke Othestraße/Friedhofstraße diskutiert worden. Gestern Abend wurde das Thema erneut aufgerollt. Nach einem gemeinsamen Antrag von CDU- und UWG-Fraktion entschied der Stadtrat über die geplanten Änderungen des zugehörigen Bebauungsplans BP59 Sondergebiet Friedhofstraße und legte das Projekt nach einer geheimen Abstimmung und einer knappen Entscheidung auf Eis. 31 gültige Stimme wurden abgegeben. 17 Ratsmitglieder sprachen sich dafür aus, dass die Änderung nicht weiter verfolgt und das aktuell laufende Verfahren zur Änderung gestoppt wird. 14 lehnten den Antrag ab.Das Projekt Kaufland ist damit nicht gestoppt. Der Entschluss des Stadtrats bedeutet lediglich, dass eine Neubebauung im Größenrahmen des ehemaligen Supermarktes von 2.500 Quadratmetern liegen muss. Weitere Erschließungen des Geländes sind damit nicht möglich. Ob Kaufland sein Vorhaben unter diesen Bedingungen weiter vorantreiben will, ist fraglich, schließlich hatte man ursprünglich den Bau ein neues Gebäude mit 3.700 Quadratmetern Verkaufsfläche geplant. Der Altbau und zwei leer stehende Häuser an der Othestraße sollten abgerissen werden. Zwischenzeitlich hatte der Investor signalisiert, die Flächengröße auf 3.000 Quadratmeter herunterzuschrauben, besänftigen konnte dieser Schritt die Kritiker jedoch nicht.
[CDU-Fraktionschef Reinhard Schulte.]
Unter großem Interesse der Öffentlichkeit hatte der Stadtrat gestern über das Für und Wider des Antrags diskutiert. Das Einzelhandelskonzept verbietet einen solch großen Supermarkt. Das haben wir schriftlich, erklärte CDU-Fraktionschef Reinhard Schulte zu Beginn seines Plädoyers. Damit ging er auf einen Bescheid der Bezirksregierung Köln ein, wonach der Bebauungsplan nicht mit den Zielen der Raumordnung Landesplanung korrespondiere, weil er die umliegenden Versorgungszentren in Hackenberg, Wiedenest und Derschlag zu Versorgungsstandorten herunterstufe und damit gefährde. Laut einer Verträglichkeitsstudie vom Dortmunder Stadtplanungsbüro Junker+Kruse könne man außerdem mit Umsatzeinbußen von 30 Prozent für den bestehenden Einzelhandel ausgehen.
Einen Konkurrenzkampf sehen wir nicht als Problem. Es geht uns darum, eine Schließerei zu verhindern, erklärte Schulte und stellte fest, dass der Lebensmitteleinzelhandel in Bergneustadt bereits überlaufen sei und ein Überangebot von 130 Prozent vorweisen könne. Jens-Holger Pütz UWG) fügte hinzu, dass der Bedarf für einen derart großen Supermarkt nicht gegeben sei. Kaufland locke zwar mit neuen Arbeitsplätzen, dabei handele es sich aber um ein Nullsummenspiel, weil andere Märkte durch Umsatzeinbußen möglicherweise Personal entlassen müssten. Wir wollen Schaden von der Stadt abwenden, erklärte Pütz mit Blick auf den gemeinsamen Antrag.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Stamm plädierte für die geplante Änderung des Bebauungsplans. Er machte deutlich, dass man die Bebauung und Veränderung des brachliegenden Geländes an der Friedhofstraße als Chance für die städtebauliche Entwicklung begreifen solle. Mit dem Abriss der beiden leer stehenden Häuser und der Renaturierung des Othebachs würde diese vorangetrieben. Kaufland ziehe zudem auch Kunden aus den umliegenden Gebieten der Stadt nach Bergneustadt. Mit Kaufland kämen außerdem 80 bis 100 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze nach Bergneustadt. Darauf zu verzichten, wäre mutig, wenn man an die fiskalischen Aspekte der Stadtkasse denkt, so Stamm, der auch auf die Steuereinnahmen aufmerksam machte.
25.000 Gewerbesteuer hören sich nett an. Nach dem Gewerbesteuerrecht NRW bleibt da aber nicht viel für Bergneustadt übrig, erklärte Heike Schmid von der CDU. Bürgermeister Wilfried Holberg berichtete anschließend, dass Kaufland hierzu Stellung bezogen habe: Wenn in den ersten fünf Jahre nicht mindestens 25.000 bei der Stadt ankommen, wäre Kaufland bereit, den Differenzbetrag an soziale oder karitative Einrichtungen im Stadtgebiet zu spenden. Vor der Abstimmung wies das Stadtoberhaupt noch darauf hin, dass er von der Hast, mit der nun über den weiteren Verlauf des Projekts entschieden würde, überrascht sei.
Ursprünglich war die Verwaltung nämlich davon ausgegangen, dass es nicht vor September zum Ratsvotum kommen wird. Die schnelle Entscheidungsfindung macht mich betroffen, vor allem vor dem Hintergrund eines entstehenden Bürgerwillens. Den sollte man respektieren. Es besteht keine Not, heute zu entscheiden. Zudem könne sich die ablehnende Haltung der Antragsteller auf andere Investitionsinteressen hinderlich auswirken. So gäbe man beispielsweise Interessenten am ehemaligen Kaufhallengebäude ein falsches Signal. Wenn der Rat Investoren mit ablehnendem Verhalten die Tür weist, spricht sich das herum, so Holberg.
Vor der Abstimmung stellte Stamm die Frage in den Raum, ob CDU-Ratsmitglied Ralf Siepermann überhaupt mitvotieren dürfe. Als Kaufmann mit einem eigenen Supermarkt im Stadtteil Wiedenest könne er befangen sein. Nach längerer Diskussion, bei der sogar Stimmen für eine gerichtliche Klärung des Mitspracherechts laut wurden, stimmten die Ratsmitglieder schließlich über eine mögliche Befangenheit ab. Siepermann hätte nach 16 Nein-Stimmen, 15 Ja-Stimmen und einer Enthaltung über den Antrag abstimmen können. Er entschied sich dennoch dazu, keinen Stimmzettel abzugeben.
Rat kurz und kompakt
- Ein Antrag der SPD-Fraktion zur ersten Teilaktualisierung des Einzelhandelskonzepts wurde von der Tagesordnung genommen.
- Der Jahresabschluss zum 31. Dezember 2013 und die Entlastung des Bürgermeisters wurde festgestellt. Die Stadt hat das Jahr 2013 mit einem Jahresfehlbetrag von 1,1 Millionen abgeschlossen. Vorgesehen war ein Fehlbetrag von 5,4 Millionen .
- Alkoholkonsumverbote im Bereich der Grünanlage Talstraße und Breslauer Straße wurden verlängert beziehungsweise erlassen.
- Ein gemeinsamer Antrag der CDU- und FDP/FWO/DU-Kreistragsfraktion zur Resolution zum kommunalen Finanzausgleich NRW wurde zur Vorberatung an den Haupt- und Finanzausschuss überwiesen.
- Aufgrund einer Bürgeranregung hat der Rat entschieden, dass bei der Pflege des Straßenbegleitgrüns auf die Verwendung von glyphosathaltigen Herbiziden verzichtet wird. Es soll nach Alternativen für die Bekämpfung der Herkulesstaude gesucht werden.