Archiv

Scheinvater – Betrogen und kein Rückzahlungsanspruch?

Red; 6. Sep 2014, 10:00 Uhr
ARCHIV

Scheinvater – Betrogen und kein Rückzahlungsanspruch?

Red; 6. Sep 2014, 10:00 Uhr
Oberberg - Oberberg-Aktuell informiert in dieser Rubrik über Rechtsfragen - Der Service wird präsentiert von Fincke Rechtsanwälte Bergneustadt - Heute geht es um einen Fall der Scheinvaterschaft.
Vater + Mutter = Kind. Diese Formel geht leider nicht immer auf und beschäftigt dann das Familiengericht. So auch im nachfolgenden Fall, der ähnlich vor dem Bundesgerichtshof verhandelt wurde.

Nach langem Zusammenleben trennen sich die Eheleute und werden  geschieden. Der Ehemann wird zu Unterhaltszahlungen gegenüber der Tochter verurteilt. Er zahlt den Unterhalt anstandslos. Nach einigen Jahren – die Tochter ist inzwischen 16 – wird dem Mann zugetragen, die Tochter stamme aus einem Seitensprung seiner Ex-Frau. Anwaltlich beraten wird ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren beim Familiengericht eingeleitet.  Das eingeholte Abstammungsgutachten ist eindeutig: „Vaterschaft  ausgeschlossen“.  Das Gericht entscheidet – der „Vater“ ist nicht mehr der leibliche Vater. Jahrelang hielt sich der Mann scheinbar für den Vater, aus der Nähe betrachtet war er es nie.

Neben der menschlichen Tragik, bahnen sich nun auch handfeste finanzielle Fragen ihren Weg an die Oberfläche. Allein in den letzten 4 Jahren hatte der Scheinvater über 16.000 Euro an Unterhalt gezahlt.

Kann er diese zurückfordern und wenn ja, von wem?

Tatsächlich stehen dem sog. Scheinvater Regressansprüche zu. Naheliegend ist es, zunächst an die Ex-Frau zu denken. Schließlich hat ihr Ehebruch die ganze Misere ausgelöst. Früh haben die Gerichte solchen Schadensersatzansprüchen aber einen Riegel vorgeschoben. Die Ehe steht danach außerhalb der Rechtsverhältnisse, welchen einen Anspruch auf Ersatz eines Vermögensschadens geben. Ehe- und Familienrecht verdrängen die allgemeinen Deliktsregeln, die sonst dem Geschädigten einen Schadensersatzanspruch ermöglichen. Nur bei  einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung – zusätzlich zu dem Ehebruch - billigt der BGH dem betrogenen Partner einen Ersatzanspruch direkt gegen die Frau zu. Zwar wird die Mutter eigene Unterhaltsansprüche verlieren, aber zur Rückzahlung des Kindesunterhaltes kann sie nur in ganz besonderen Ausnahmefällen verurteilt werden.

Aber es gibt  ja noch den tatsächlichen Erzeuger des Kindes – den echten Vater. Der sollte doch für den zu Unrecht gezahlten Unterhalt haften müssen. Leichter gesagt als getan! Steht zwar die Mutterschaft (noch) ziemlich sicher fest, sieht es mit der Vaterschaft anders aus. Die fragliche männliche Person  muss ja erst gefunden und dessen Vaterschaft festgestellt werden. Hier helfen die Richter dem Scheinvater weiter. Er hat einen Auskunftsanspruch gegen die Mutter. Diese muss den mutmaßlichen Vater offenbaren und benennen.  Weigert sie sich, kann sie auf Auskunft verklagt werden. Erkennt der Mann die Vaterschaft dann nicht an, muss noch ein Gerichtsverfahren und ein neues DNA-Gutachten eingeholt werden.

Steht so endlich der genetische Vater fest, hat man auch den richtigen Ansprechpartner für die Regressforderung gefunden. Ein Ende für den Scheinvater ist in Sicht. Wenn das Wörtchen wenn nicht wäre: den vom Scheinvater gezahlten Unterhalt als Ersatzforderung anzuerkennen hätte den Charme einer einfachen Lösung. So leicht geht es aber nicht. Die Regressforderung bemisst sich nämlich gerade nicht nach dieser Summe. Auszugehen ist vielmehr von dem Unterhaltsanspruch der Tochter gegen ihren genetischen Vater – den Beklagten im Schadensersatzprozess. Für die Höhe dieses Anspruches ist auch allein dessen Einkommen maßgeblich. Im Rahmen der Schadensersatzklage muss quasi ein Unterhaltsprozess geführt werden. Der geneigte RechtEck-Leser ahnt schon was dem betrogenen Ehemann droht – hat der Beklagte nichts auf der Tasche und hätte den Unterhalt nie zahlen können, geht der Scheinvater leer aus...

Hier hatte der Ehemann Glück im Unglück – der Liebhaber der Ex-Frau war auch finanziell potent.  So konnten nicht nur die rund 16.000 Euro zurückgefordert werden die nach der Scheidung an Unterhalt gezahlt wurden, sondern auch eine erkleckliche Summe für die Zeit, in welcher die Tochter noch gemeinsam mit der Mutter in seinem Haushalt lebte. 

Übrigens gibt es die geschilderten Regressansprüche auch bei „nichtehelichen“ Kindern bzw. Scheinvätern.

Andreas Günther – Fachanwalt für Familienrecht


WERBUNG