LOKALMIX

"Das wäre komplett absurd"

bv; 24.11.2020, 11:05 Uhr
Archivfoto: Bernd Vorländer
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"Das wäre komplett absurd"

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bv; 24.11.2020, 11:05 Uhr
Gummersbach - Bürgermeister Frank Helmenstein lehnt den Einsatz von Ordnungsbehörden zur Überprüfung von Kontaktbeschränkungen an Weihnachten rigoros ab.

Von Bernd Vorländer

 

OA: Morgen treffen sich die Ministerpräsidenten der Länder mit der Kanzlerin. Dann wird es um Kontaktbeschränkungen im Dezember gehen, möglicherweise auch um das familiäre Zusammensein an Weihnachten. Müssen wir uns sorgen, dass an Heiligabend das Ordnungsamt im Wohnzimmer steht?

Helmenstein: Nein, auf gar keinen Fall. Ich würde so etwas für den komplett verkehrten Weg halten, denn Weihnachten hat für die allermeisten Menschen eine überragende Bedeutung. Dass dann die Ordnungsbehörden an der Tür klingeln sollten - das wäre komplett absurd. Viele Menschen überlegen doch jetzt schon für sich, ob sie mit der Familie, mit Eltern, Kindern oder Großeltern feiern können. Ich halte viel davon, den Bürgern ein verantwortungsvolles Handeln zuzutrauen und nicht als Staat dort Hoheitsrechte durchsetzen zu wollen. Und ich kenne niemanden, der sich aktuell nicht Gedanken darüber macht, wie man auch an den Feiertagen seine Liebsten am besten schützt.

 

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OA: Verantwortungsvolles Feiern hieße demnach das Stichwort?

Helmenstein: Genau so ist es. Auf Weihnachten - die Besinnlichkeit der Festtage, das Innehalten in einer schwierigen Zeit und dabei die Menschen um sich zu haben, zu denen man einen ganz besonderen Bezug hat - darf man nicht verzichten. Diese innere Einkehr werden viele gerade jetzt benötigen. Wenn wir das uns vertraute Weihnachten abschaffen, schaffen wir uns selbst ab.

 

OA: Sind die Weihnachtsfeiertage auch die Möglichkeit, die Seele einmal baumeln zu lassen, nach einem Jahr, das niemand von uns sich hätte vorstellen mögen?

Helmenstein: Nach diesen herausfordernden Monaten haben wir es uns verdient, vielleicht auch einmal durchzuatmen, um Kraft zu tanken. Den Menschen ist viel abverlangt worden, wir haben in Grundrechte eingegriffen, viele Selbständige haben existenzielle Sorgen. Da muss es auch mal ein Licht am Ende des Tunnels geben. Ich persönlich freue mich diesmal so sehr auf Weihnachten wie vielleicht seit Jahren nicht. Schließlich wird die Pandemie nicht am 1. Januar vorbei sein, sondern uns im ersten Halbjahr 2021 noch in vielerlei Hinsicht beschäftigen. Wir benötigen noch einiges an Durchhaltevermögen.   

 

OA: Ist der Jahreswechsel ähnlich wichtig wie Weihnachten, oder können wir da eher verzichten?

Helmenstein: Wir benötigen einige Tage unbeschwerter Normalität. Ob das mit oder ohne Feuerwerk geschieht, spielt für mich keine entscheidende Rolle. Jeder sollte sich selbst überprüfen, was er zum Jahreswechsel für angemessen hält. Klar ist aber: Vom Stellenwert her ist Silvester mit Weihnachten nicht zu vergleichen.

KOMMENTARE

1

Ich denke man sollte an Weihnachten knallhart überprüfen wo Partys stattfinden. Und an Silvester auch. Familienfeiern mit mehreren hundert Personen sollten verboten werden.

alusha, 24.11.2020, 11:30 Uhr
2

Vielen Dank an Herrn Helmenstein für die Worte, die den meisten Gummersbacher Bürgern aus der Seele sprechen werden. Da wir Christen an Weihnachten i.d.R. keine Partys feiern oder Familienfeiern mit mehreren Hundert Personen stattfinden lassen, ist sicher auch die "knallharte Überprüfung" völliger Blödsinn.

Netti, 24.11.2020, 11:50 Uhr
3

Familienfeiern mit mehreren 100 Personen sind zu Weihnachten u. an Silvester ja sonst auch durchaus die Regel u. üblich u. an jeder Ecke anzutreffen!

Hans-Gert, 24.11.2020, 14:33 Uhr
4

Haben die Ordnungsbehörden des OBK in der "Corona-Zeit" jemals die Einhaltung der Kontaktbeschränkungen im häuslichen Bereich kontrolliert? Ich denke nicht, wenn selbst in Bus und Bahn / an Haltestellen und in Geschäften nur stichprobenartig überprüft werden konnte (wurde mir vor Monaten von Kreis und Gemeinde so mitgeteilt). Absurd ist es, Verordnungen / Gesetze zu machen und deren Einhaltung dann nicht kontrollieren zu können.
Manche Politiker*innen sprechen sogar von "Denunziantentum", wenn verantwortungsvolle Menschen dazu beitragen wollen, die Infektionszahlen zu bremsen. So ist das in Coronazeiten - bei zu lauter Musik (Ruhestörung) oder Fahrerflucht ist es seit eh und je üblich, dass die Polizei einschreitet, obwohl es dabei seltener um Leben und Tod geht.

Cornelia Lang, 24.11.2020, 15:40 Uhr
5

"Wenn wir das uns vertraute Weihnachten abschaffen, schaffen wir uns selbst ab." Eine kühne Behauptung! Wer ist "wir"? Wenn WIR ALLE Solidarität, Verantwortung und Mitmenschlichkeit den Vorrang vor Ignoranz, Egoismus und Gleichgültigkeit gegeben hätten, wären wir jetzt nicht da, wo wir sind!
Diejenigen, die ihre Angehörigen durch das Virus verloren haben und bis Weihnachten noch (wahrscheinlich mit zunehmendem Maß) verlieren werden, werden wohl ohne "einige Tage unbeschwerter Normalität" auskommen müssen. Besinnliche Weihnachten!

Cornelia Lang, 24.11.2020, 16:00 Uhr
6

Wenn denn wenigstens überhaupt mal kontrolliert wird. Am Samstag hatte man z.B. im Kaufland Markt das Gefühl im einem Kinderhort zu sein. Bei Alleinerziehenden Menschen kann ich ja noch verstehen dass die Kinder mitgenommen werden müssen, nicht aber dass ganze Familien mit fünf oder sechs Kindern (von denen nur eins eine Atemmaske trägt) durch den Markt schlendern, und entgegen der Vorschrift auch nur einen Einkaufswagen bzw. Körbchen mitnehmen. Dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn der Markt trotz Zugangsbeschränkung total überfüllt ist. Es ist halt schade, wenn auf Risikogruppen überhaupt keine Rücksicht genommen wird. Ich meide nun gezwungener Weise die Nachmittage und den Samstag.

Andre, 24.11.2020, 16:58 Uhr
7

@Andre
Das finde ich lobenswert, sollten alle vulnerablen Mitmenschen so handhaben, dann müssen wir uns nicht ärgern. Immer wieder treffen wir beim einkaufen auf "Ältere", die immer noch nicht wissen, wie man ein MNS richtig benutzt.

Yvi, 24.11.2020, 20:25 Uhr
8

Herr Helmenstein. Sie sind der einzige politische Mensch, dem ich noch vertraue.

M.S., 25.11.2020, 01:47 Uhr
9

Die meisten Ansteckungen haben lt. RKI ihren Ursprung im privaten Umfeld. Es ist absehbar, dass die privaten Kontakte zu Weihnachten und Silvester die Infektionszahlen Anfang Januar in die Höhe schnellen lassen werden. Wenn man berücksichtigt, dass von der Ansteckung bis zum Ausbruch (mit oder ohne Symptome) im Durchschnitt 5-6 Tage vergehen und diese Personen dann ebenfalls ansteckend sind, dann kann man bei Zuhilfenahme des Kalenders erkennen, wie diese "Welle an Infizierten" genau an Silvester zu den nächsten Feierlichkeiten ankommt und reichlich Gelegenheiten für Neuinfektionen vorfinden wird. Ab der zweiten Januarwoche werden wir dann voraussichtlich ein sehr hohes Niveau an Infizierten haben und in den Folgewochen werden sich die Krankenhäuser mit Coronapatienten füllen.

Michael K., 25.11.2020, 07:35 Uhr
10

Der Großteil der Menschen ist verantwortungsbewusst und hält sich an die Regeln. Ich finde es schlimm, wieviele Menschen so auf Krawall gebürstet sind und behaupten, sie tun dies nur, um alle zu schützen. "Herr Lehrer, Herr Lehrer, der hat sein Körbchen nicht mit". Vielleicht wird es Zeit mal das berühmte "WIR" zu leben und 5. gerade zu lassen.
Die Politik ist nicht viel besser wenn genau vor Sommer- und Herbstferien alles erlaubt ist und sich dann alle wundern wieso die Zahlen steigen.
Urlaub machen trotzdem alle ! Wenn jeder etwas acht gibt, dann kann man auch Weihnachten mit seiner (Groß-) Familie feiern. Es wird immer so getan, als ob es nur an Großfamilien liegt [...]

Familie S., 25.11.2020, 09:45 Uhr
11

Hr. Helmenstein sollte nicht unterschätzen; dass eine nicht unerhebliche Zahl von Jugendlichen Weihnachten feiern wird, und das hat nix mit besinnlichem Weihnachtsfest zu tun. Mir begegnete übrigens vor wenigen Tagen hinter dem Gummersbacher Kino ohne Abstandswahrung eine Gruppe von mindestens 10 Jugendlichen, die meine Blicke mit dem Spruch "wir sind eine Großfamilie" kommentierten. So einfach sollte sich das Hr. Helmenstein nicht machen. Auch Heiligabend, Weihnachten und Sylvester müssen Ordnungsamt und Polizei ihre Pflichttun. Ich befürchte nach Weihnachten und Sylvester ein starkes Ansteigen der Infiziertenzahlen. Der "lockdown light" war halbherzig und weitestgehnd wirkungslos. Frankreich und die Niederlande sind mit ihrem härteren Weg erfolgreicher gewesen. Warum nicht auch der OBK?

Pe, 25.11.2020, 11:24 Uhr
12

Ich greife mal den Kommentar von Familie S. auf: Das "WIR" zu leben beudetet eben auch Rücksicht zu nehmen, insbesondere auf die Schwächeren in der Gesellschaft. Alles andere ist egoistisch. Würden alle Menschen Rücksicht nehmen, dann müsste man niemanden auf das fehlende Körbchen, den fehlenden Abstand, oder den fehldenden oder falsch angezogenen Mundschutz aufmerksam zu machen. "Krawall" erlebe ich eigentlich hauptsächlich von der Gruppe der Corona-Leugner und Maskenmuffeln. Man muss sich nur mal die Demos ansehen, oder die kürzliche Aktion, wo eingeschleuste Besucher versucht haben Abgeordnete einzuschüchtern.

Andre, 25.11.2020, 21:38 Uhr
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