LOKALMIX

Den schnellen Haarschnitt gibt es nicht mehr

pn; 29.04.2020, 14:30 Uhr
Foto: Michael Kleinjung --- Alessia Trautwein und Julia Linker sind mit ihrem kleinen Salon bereit für den Neustart am kommenden Montag und freuen sich auf viele neue Kunden und hoffen, dass ein zweiter Lockdown ausbleibt.
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Den schnellen Haarschnitt gibt es nicht mehr

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pn; 29.04.2020, 14:30 Uhr
Oberberg – Am Montag sollen Friseursalons wieder öffnen – Auftragsbücher sind gut gefüllt - OA hat bei Friseuren nachgefragt, wie sie sich auf die Schutzmaßnahmen vorbereiten.

Von Peter Notbohm

 

Eigentlich ist der Montag der freie Tag der Friseure. Am 4. Mai werden viele Salons aber wahrscheinlich trotzdem ihre Türen öffnen. Sechs Wochen ist die Schließung aller Friseurbetriebe im Rahmen der Corona-Maßnahmen her (OA berichtete), viele Menschen merken mittlerweile, dass auch für sie das Friseurhandwerk zu den systemrelevanten Berufen zählen dürfte – da halfen auch alle Tipps aus Internet und Fernsehen nicht, wie man sich selbst die Haare schneiden kann.

 

[Foto: Finn Paulsen --- Thomas Stangier ist Obermeister der Friseurinnung Bergisches Land, der zweitgrößten Innung in NRW mit 260 Mitgliedsbetrieben und mehr als 1.800 Beschäftigten.]

 

Am 15. April hatte die Bund-Länder-Konferenz verkündet, dass sich Friseurbetriebe darauf vorbereiten sollen, Anfang Mai – unter Einhaltung strenger Hygienemaßnahmen - wieder Kunden empfangen zu dürfen. Seitdem werden in allen Salons entsprechende Vorkehrungen getroffen, die endgültige Entscheidung wird allerdings erst am morgigen Donnerstag bei der nächsten Beratung von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten erwartet. „Ich gehe aber zu 99 Prozent davon aus, dass wir öffnen dürfen“, hat Thomas Stangier, Obermeister der Friseurinnung Bergisches Land, positive Zeichen der Politik vernommen. Die Auftragsbücher bei den oberbergischen Friseuren sind für die ersten Wochen bereits randvoll.

 

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Größte Einschränkung für alle Betriebe dürfte das Verbot eines Wartebereichs sowie die Reduzierung der Bedienungsplätze sein. Der Salon von Stangier in Morsbach bot vor Ausbruch der Corona-Pandemie Platz für 17 Kunden, nach den Umbaumaßnahmen werden maximal noch zwölf Menschen parallel bedient werden können. „Immerhin zwölf“ werden viele seiner Kollegen denken, deren Räumlichkeiten dies nicht hergeben und die ihr Platzangebot teilweise halbieren müssen – so auch Stephanie Koppe, die mit ihrem Salon, den sie in Gummersbach-Steinenbrück seit vier Jahren betreibt, nur noch fünf ihrer neun Sessel nutzen kann, mit ihren Mitarbeiterinnen aber im Schichtbetrieb arbeiten will, um die große Nachfrage zu bedienen. Auch Sonia Murfuni wird mit ihrer Kollegin in der Gummersbacher Innenstadt vorerst nur noch maximal vier Menschen bedienen können. „Unser Salon wird durch die Rezeption getrennt und wir haben vor, Sicherheitsglas zwischen den Plätzen zu installieren“, erzählt sie von ihren Maßnahmen.

 

Aber auch Arbeitsweise und Angebot werden viele anpassen müssen. Laufkundschaft wird es in den meisten Salons vorerst nicht mehr geben. „Wir werden sicherlich niemanden wegjagen, die Leute aber darum bitten müssen, telefonisch Termine auszumachen“, sagt Murfuni. Das erleichtert für viele Friseure auch eine der weiteren Auflagen: Ab sofort muss strengstens Protokoll geführt werden, welcher Kunde, wann bedient wurde, damit im Fall einer COVID19-Erkrankung die Infektionskette schnellstmöglich nachvollzogen werden kann. „Das wird zusätzliche Arbeit für uns werden“, so die Bergneustädter Friseurin Alessia Trautwein, die sich gleichzeitig aber auch freut, bereits jetzt viele neue Kunden gewonnen zu haben.

 

[Foto: Bietz Hairdesign: Stephanie Koppe freut sich, ihre Arbeit kommende Woche wieder aufnehmen zu können.]

 

Dass sie und ihre Kollegin künftig – genauso wie der Kunde - einen Mundschutz während des Haarschnitts tragen müssen, ist angesichts der bisherigen Corona-Maßnahmen unerlässlich. Für das Haarefärben werden nahezu alle Friseure Einwegmodelle anbieten. Gänzlich verboten bleiben Dienstleistungen wie Arbeiten an Augenbrauen und Wimpern, Rasieren oder Bartpflege, um das Ansteckungsrisiko zu minimieren. Zudem müssen zwischen jedem Kunden Kämme, Bürsten und andere Arbeitsutensilien mit einem fettlösenden Haushaltsreiniger gesäubert werden. Die Arbeitskleidung wird täglich in die Kochwäsche gegeben. „Wenn ich und meine Kollegen das alles umgesetzt haben, erreichen wir fast schon medizinischen Krankenhausstandard“, scherzt Stangier, weiß aber um die Notwendigkeit der Maßnahmen: „Denn auch wenn wir uns auf die Wiederöffnung freuen, haben wir Respekt vor der Situation.“

 

Allen Kunden müssen vor dem Schneiden zudem die Haare gewaschen werden und auch das eigenständige Föhnen nach dem Haarschnitt muss vorerst ausfallen und vom Friseur erledigt werden. „Zudem müssen wir leider den Service herunterfahren“, berichtet Koppe. Der sonst übliche Kaffee muss ausbleiben und auch Zeitschriften dürfen nicht mehr ausgelegt werden. Liebgewordene Serviceleistungen, die sicherlich nicht nur die ältere Generation vermissen wird.

 

[Foto: Haar Lounge --- Für Sonia Murfuni sind Corona-Regeln eine Selbstverständlichkeit: "Ein guter Friseurmeister achtet ohnehin immer auf die Hygiene."]

 

Gleichzeitig werden aber wohl auch die Preise ansteigen müssen. Denn wirtschaftlich hat die Corona-Krise die Läden stark belastet. „Preissteigerungen werden leider nicht ausbleiben können“, sagt Koppe, „denn wir müssen Anschaffungen machen, die uns auferlegt sind und können auch nicht in der Quantität arbeiten, wie wir das gern möchten.“ Auch Trautwein glaubt, dass unter anderem die Pflicht zum Nass-Haarschnitt zu Diskussionen führen könnte: „Denn viele Männer haben sich bislang trocken schneiden lassen und werden nun den entsprechenden Preis zahlen müssen.“ Einen anderen Weg möchte Murfuni gehen: Sie will zunächst abwarten und an der alten Preisstruktur festhalten, „auch weil nun einige Serviceleistungen wegfallen müssen.“ Damit wird sie aber wohl eher die Ausnahme bleiben, glaubt Stangier: „Schätzungsweise werden wir nur etwa Dreiviertel der Kunden im Vergleich zu vor der Pandemie bedienen. Die Ausgaben für Miete, Material, Löhne und nun auch die Anschaffungen für die Schutzmaßnahmen dagegen bleiben.“

 

Eins eint aber alle Friseurmeister: Die pure Vorfreude, endlich wieder ihrem Handwerk nachgehen zu dürfen und den Menschen damit ein weiteres Stück Normalität zu ermöglichen, auch wenn sich die neuen Reglungen wohl erst noch einspielen werden müssen. „Ich kann den Start kaum erwarten. Die Arbeit fehlt einem dann doch. Wir werden unser Bestes geben, um ganz vielen Menschen ein schönes und gutes Gefühl zu geben in der, für doch viele Menschen, schlimmen Zeit“, meint Koppe, stellvertretend für viele ihrer Branche.

KOMMENTARE

1

" Zudem müssen zwischen jedem Kunden Kämme, Bürsten und andere Arbeitsutensilien mit einem fettlösenden Haushaltsreiniger gesäubert werden."

Gut darauf hinzuweisen, DENN desinfektion sollte bereits bisher zum Standard gehören - nur viele Frisöre haben dies nicht getan - eigentlich ekelhaft. Gut das man nun ein "Auge" drauf wirft.

Benjamin, 29.04.2020, 15:36 Uhr
2

Volles Verständnis für all das und auch für Preissteigerungen, ABER leider hat auch der Kunde weniger im Portmonee da er auch zum Teil nichts oder deutlich weniger verdient. Eventuell hat der Kunde vorher auf das Fönen verzichtet um auch da schon zu sparen, ich verstehe auch hier nicht ganz warum das zum Beispiel vom Friseur gemacht werden muss … ich darf es nicht mehr selber ok, dann lass mich ne Mütze aufsetzen und mit nassen Haaren gehen.
Denn wenn es zu teuer wird , werden wohl Kunden weg bleiben oder seltener kommen.

Sonja, 30.04.2020, 10:12 Uhr
3

Es ist nicht in Abrede zu stellen, dass wir alle uns in einer schwierigen Situation befinden ; aber nicht nur Friseure haben Probleme. Was ist mit den Menschen, die in Kurzarbeit gehen mussten oder gekündigt wurden. Diese erhalten keine Entschädigung. Alle in der Gesellschaft haben derzeit zusätzlichen Kostenaufwand.
Wieso gestattet man es Friseuren diese Zusatzkosten auf die Preise umzulegen? Freiwillige Zusatzleistungen (Zeitungen, Getränke) werden nicht mehr angeboten. Eine jährliche Preissteigerung erfolgt sowieso jährlich.
Also ich werde weiter zum Friseur gehen, mir das Trinkgeld aber sparen. Und ich habe jedesmal 10 % gegeben!

Zelter, 30.04.2020, 14:29 Uhr
4

Ich bitte um ein bisschen Respekt vor unserer Arbeit als Frisöre.
Im Grunde können die Kunden froh sein das wir wieder bereit sind zu arbeiten .
Wir sind dem hohen Risiko einer Infektion ausgesetzt . Es ist höher als in fast allen anderen Berufen.
Ich selbst habe schon über 100 € für meinen eigenen Schutz ausgegeben. Und auch ich habe 6 Wochen Kurzarbeit hinter mir.
Und ich bitte auch jeden Kunden die Regeln zu beachten. Nur so können wir die Kundschaft und uns schützen.
Bleiben sie gesund.

Marion Wolf, 30.04.2020, 16:49 Uhr
5

Zeitungen und Getränke waren sonst imPreis enthalten,das wird doch jetzt eingespart.weshalb können dann die Desinfektionsmittel auf den Preis aufgeschlagen werden???

Rosemarie Baumärtner, 30.04.2020, 20:15 Uhr
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