LOKALMIX

"Deutschlandticket reduziert Hürde zur ÖPNV-Nutzung deutlich"

lw; 03.05.2023, 10:05 Uhr
Archivfotos: Lars Weber.
LOKALMIX

"Deutschlandticket reduziert Hürde zur ÖPNV-Nutzung deutlich"

  • 1
lw; 03.05.2023, 10:05 Uhr
Oberberg - Der Nachfolger zum 9-Euro-Ticket ist gestartet - OVAG-Geschäftsführerin Corinna Güllner im Gespräch über das neue Angebot, die Pläne des Unternehmens und den fehlenden Fahrernachwuchs.

Von Lars Weber

 

OA: Frau Güllner, mehr als 1.000 Vorbestellungen gab es vor dem Start. Wie ordnen Sie die Zahl ein?

 

Corinna Güllner: Insgesamt haben wir knapp 1.600 Deutschlandtickets auf Chipkarte zum 1. Mai herausgegeben. 900 davon sind umgestellte Abonnentenverträge. 700 Deutschlandtickets haben wir an Kunden herausgegeben, die wir vorab nicht im Abo hatten. Ob es sich dabei um Kunden handelt, die sich vorher freiverkäufliche Monatskarten, Wochenkarten oder Einzeltickets gekauft haben, wissen wir nicht.

Kenntnisse, in welchem Umfang Oberberger woanders ein Deutschlandticket erworben haben, liegen uns nicht vor.

 

OA: Warum ist es wichtig, wo das Abo abgeschlossen wird?

 

Güllner: Nachdem es bezüglich der Einnahmeaufteilung der insgesamt niedrigeren Ticketeinnahmen zwischen den Verkehrsunternehmen noch sehr viele Unklarheiten gibt, ist es für uns wichtig, möglichst viele Einnahmen über die eigenen Verkäufe zu sichern und die erforderlichen öffentlichen Zuschüsse möglichst gering zu halten. Im Vergleich zu bundesweit agierenden Unternehmen mit einer hohen Reichweitere ihrer digitalen Vertriebsplattformen haben wir hier eindeutig eine schwächere Stellung. Umso mehr freuen wir uns, dass wir es geschafft haben, vor dem 1. Mai mit der OVAG-App zu starten und auch dort das Deutschlandticket als digitales Ticket anbieten zu können. Über die App kann das Abo jederzeit abgeschlossen werden. Bei der Ausstellung als Chipkarte benötigten wir den Antrag bis zum 10. eines Monats. Wer also im Juni mit dem Abo beginnen möchte, hat noch rund eine Woche Zeit.

 

WERBUNG

OA: Das 9-Euro-Ticket nutzten innerhalb von drei Monaten mehr als 30.000 Oberberger – was wäre für das Deutschland-Ticket ein Erfolg?

 

Güllner: Von den rund 30.000 Nutzern je Monat hatten bereits 17.000 Nutzer (einschließlich Schülertickets, die im Gegensatz zum 9-Euro-Ticket preislich unter dem Deutschlandticket liegen) zuvor ein Abonnement bei der OVAG. Wir arbeiten hart daran, den Fahrgästen ein gutes Liniennetz sowie einen guten Fahrplantakt anzubieten, unsere jüngsten Angebotserweiterungen in und um Lindlar kann man hierfür als Positivbeispiel heranführen. Auch die Fahrgastinformation wird besser, dies wird vor allem deutlich, wenn man sich die Echtzeitauskunft in der neuen OVAG App und die dort hinterlegten Hinweistextezum Beispiel zu Baustellen anschaut. Wir hoffen, dass wir hiermit die richtigen Weichen für eine Entscheidung zugunsten des nachhaltigen ÖPNV stellen. Durch das Deutschlandticket sollte die Entscheidung zugunsten von Bus und Bahn noch leichter fallen. Natürlich freuen wir uns über jeden zusätzlichen Abonnenten bzw. Abonnentin, der bzw. die die OVAG durch einen Kauf vor Ort unterstützt.

 

OA: Das 9-Euro-Ticket hat vor allem auch Gelegenheitsnutzer angesprochen, dies wird beim 49-Euro-Ticket weniger der Fall sein: Für wen macht das Ticket hier im ländlichen Bereich am meisten Sinn? Für wen wird es nun günstiger?

 

Güllner: Das Ticket stellt abgesehen von den Schülern für die meisten unserer Bestandskunden eine finanzielle Entlastung dar. Letztendlich lohnt sich das Ticket für alle, die einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten und dabei gleichzeitig Kosten einsparen wollen. Insbesondere für diejenigen, die an den Hauptlinien wohnen, ist das neue Angebot interessant. Natürlich auch für alle, die regelmäßig weite Strecken zum Beispiel nach Köln fahren. Wem es möglich ist, ein Auto einzusparen, spart nicht nur an der Tankstelle, sondern auch Werkstatt, Versicherung und Steuer. Das Deutschlandticket bietet auch Anlass, die Anzahl der Autos im Haushalt zu überdenken.

 

OA: Die Hoffnung bleibt ja stets, auch einige Pendler zum Umsteigen in den ÖPNV bewegen zu können. Was kann das Deutschland-Ticket da leisten?

 

Güllner: Das Deutschlandticket reduziert eine Hürde zur Nutzung des ÖPNV deutlich. Gerade für Pendler im ländlichen Raum, die durch mehr als eine Kommune fahren, waren die bisherigen Abos verhältnismäßig teuer. Wir als OVAG verbessern im Auftrag des Oberbergischen Kreises als zuständigen ÖPNV-Aufgabenträger nach und nach unser Angebot. Eine gute Kombination.

 

OA: Wie viele Unternehmen haben Rahmenverträge für ein vergünstigtes Ticket für die Mitarbeiter abgeschlossen?

 

Güllner: Bisher haben wir zusätzliche vier Rahmenverträge abgeschlossen, mit vielen weiteren Unternehmen sind wir im Gespräch.

 

OA: Wie Sie schon sagten: Neben dem Preis spielt für die potenziellen Fahrgäste das Angebot eine Hauptrolle. Vergangenes Jahr wurde zum Beispiel in und rund um Lindlar in die Angebotserweiterung investiert. Was kommt als nächstes und was ist mittelfristig noch geplant?

 

Güllner: Das Angebot zu verbessern war der richtige Schritt, um mehr Menschen für den ÖPNV zu gewinnen. Dies wird auch durch ein Lindlarer Unternehmen honoriert, welches Deutschlandtickets für die gesamte Belegschaft abnimmt. Wir hoffen, dass noch viele Fahrgäste und auch nachhaltig orientierte Arbeitgeber folgen werden. Die nächste Angebotsverbesserung ist für den Nordkreis geplant. Entsprechende gutachterliche Planungen laufen bereits und auch Fördermittel wurden bereits erfolgreich akquiriert. Auch der On-Demand-Service Monti wird ausgeweitet. Das Bediengebiet wird zum 30. Juni auf ganz Wiehl und zusätzlich auf Nümbrecht ausgeweitet. Ab Ende 2023 wird es das Angebot dann auch in Marienheide geben.

 

OA: Erschwert wird die Umsetzung  durch die Anzahl an Fahrern für diese Aufgaben, weshalb die OVAG eine offensive Personalkampagne gestartet hat. Wo liegen Ursachen in dieser Entwicklung?

 

Güllner: Das Problem liegt am allgemeinen Fachkräftemangel und an der hohen Anzahl der bevorstehenden Renteneintritte. Fahrpersonal wird bundesweit dringend gesucht. Wir stellen Busfahrerinnen und Busfahrer mit Führerschein ein, aber auch Fahrerinnen und Fahrer für unseren On-Demand-Verkehr monti. Hier reicht eine Kombination aus normalem Führerschein B und Personenbeförderungsschein. Die Qualifizierung zum Busfahrer wird finanziell unterstützt, Interessenten können sich gerne durch die OVAG beraten lassen.

 

OA: Wie kann der OVAG es gelingen, im Fahrerbereich nachzulegen? Wie viele Stellen müssen besetzt werden?

 

Güllner: Wir schauen uns an, welche Wege andere Unternehmen gehen und versuchen dies auf Oberberg zu übertragen. Ein wichtiger Ansatz ist, dass noch mehr in die Ausbildung neuer Fahrer investiert wird. Hiermit haben wir bereits begonnen und werden das noch deutlich weiter ausbauen. Darüber hinaus gibt es viele Unternehmen, die inzwischen gezielt im Ausland nach neuen Fahrern suchen. Hier prüfen wir noch, ob das auch für uns ein geeigneter Weg ist. Akut fehlen rund zehn Busfahrer. Mit dem geplanten Angebotsausbau und den anstehenden Rentenantritten werden pro Jahr etwa 30 bis 40 neue Busfahrer benötigt. Darüber hinaus haben auch die in unserem Auftrag fahrenden privaten Unternehmen Bedarf an neuen Busfahrern. Für den Ausbau des On-Demand-Angebots monti benötigen wird aktuell rund 30 Fahrerinnen und Fahrer (Vollzeit/Teilzeit oder als Minijob).

KOMMENTARE

1

Da gibt es bei einigen Sachen noch starken Verbesserungsbedarf, z.b. stimmen die Abfahrtszeiten nicht an den Haltestellen mit den Zeiten in der OVAG App überein. Die Linie 312 von Waldbröl nach Ruenderroth hat fast immer Verspätung wird in der App 20uhr07 angezeigt und kommt der Bus kommt erst um 20Uhr12 dann wird um 20Uhr07 der Bus aus der App gelöscht als wäre der Bus schon an der Haltestelle gewesen was aber nicht den TATSACHEN entspricht. Auch Busausfaelle wie letzten Freitag in Loooe werden in der App nicht angezeigt und dies sollte man erstmal verbessern wie viele andere Sachen auch

Klaus , 03.05.2023, 13:28 Uhr
0 von 800 Zeichen
Jeder Nutzer dieser Kommentar-Funktion darf seine Meinung frei äußern, solange er niemanden beleidigt oder beschimpft. Sachlichkeit ist das Gebot. Wenn Sie auf Meinungen treffen, die Ihren Ansichten nicht entsprechen, sehen Sie von persönlichen Angriffen ab. Die Einstellung folgender Inhalte ist nicht zulässig: Inhalte, die vorsätzlich unsachlich oder unwahr sind, Urheberrechte oder sonstige Rechte Dritter verletzen oder verletzen könnten, pornographische, sittenwidrige oder sonstige anstößige Elemente sowie Beschimpfungen, Beleidigungen, die illegale und ethisch-moralisch problematische Inhalte enthalten, Jugendliche gefährden, beeinträchtigen oder nachhaltig schädigen könnten, strafbarer oder verleumderischer Art sind, verfassungsfeindlich oder extremistisch sind oder von verbotenen Gruppierungen stammen.
Links zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
WERBUNG