POLITIK

Aus Milchtankwagen wird Feuerwehrfahrzeug

lw; 22.12.2023, 12:28 Uhr
Symbolfoto: OA.
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Aus Milchtankwagen wird Feuerwehrfahrzeug

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lw; 22.12.2023, 12:28 Uhr
Nümbrecht – Die Umwandlung soll die notwendige Löschwasserversorgung im Notfall sicherstellen – Henrik Köstering redet von einem „intransparenten Verfahren“ - Verwaltung widerspricht deutlich.

Von Lars Weber

 

In ländlichen Regionen ist es keine Seltenheit, dass die Feuerwehren bei manchen Einsätzen vor Problemen bei der gesetzlich geforderten Löschwasserversorgung stehen. Auch für Nümbrecht wurde bei einer Untersuchung festgestellt, dass es in einigen Ortsteilen eine Unterdeckung gibt. Da bauliche Maßnahmen am Rohrleitungssystem oder die Errichtung von Löschwasserbehältern nur langfristig umsetzbar sind, hatte die Gemeindeverwaltung Nümbrecht dem Rat nach Absprache mit der Feuerwehr vorgeschlagen, einen Milchtankwagen zu erstehen und entsprechend umzurüsten. Das Vorhaben hat bei der jüngsten Sitzung des Gremiums eine deutliche Mehrheit bekommen – vorausgegangen war aber eine kurze, heftige Diskussion, bei der Henrik Köstering (Grüne) der Verwaltung und Teilen des Rats indirekt Korruption vorwarf.

 

Der zu erstehende Milchtankwagen gehört der Firma Transporte Peter Schmidt aus Elsenroth. Das Ratsmitglied Thomas Schlegel (CDU) ist mit der Inhaberin der Firma verheiratet und selbst bei der Firma angestellt. Dieser Umstand machte die Genehmigung des Vorgangs durch den Rat nötig. Eine Ausschreibung war ob des Volumens des Kaufpreises für das Fahrzeug über 83.300 Euro und die Kosten für die Umrüstung über voraussichtlich 150.000 Euro zwar nicht nötig. Köstering warf der Verwaltung trotzdem ein „intransparentes Verfahren“ vor, bei dem absichtlich eine Ausschreibung umgangen worden sei, damit ein Ratsmitglied profitiert.

 

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Der Aufschrei und das scharfe Dementi ließen nicht lange auf sich warten. „Das ist eine böswillige Unterstellung“, sagte Bürgermeister Hilko Redenius verärgert. Er weise jedwede Form von unterstellter Korruption von sich. „Das ist ein starkes Stück“, zeigte sich auch CDU-Fraktionschef Manfred Henry Daub erstaunt über die Anschuldigung Kösterings. Auch Manfred Bestgen (GUD) forderte, dass Köstering dann auch vergleichbare Angebote auf den Tisch legen solle, die seine Anschuldigungen untermauerten. Etwas beruhigend stellte FDP-Fraktionsvorsitzender Carsten Frommhold fest, dass nicht jeder im Vergaberecht fit sein müsse, Unklarheiten aber vielleicht besser als Frage und nicht als Vorwurf formuliert werden sollten.

 

Auf die Frage von Dr. Iris Kunadt (Grüne), ob Fachfahrzeuge das Löschwasserproblem nicht besser lösen würden, wurde Feuerwehrchef Michael Schlößer als Fachmann ans Mikro gebeten. „In der Größenordnung eines Milchtankers gibt es kein normgerechtes Feuerwehrfahrzeug“, stellte dieser fest. 17.000 Liter fasst der Tank. Feuerwehrfahrzeuge mit Wechselcontainer gebe es zwar, das Volumen pro Container sei aber kleiner als beim Milchfahrzeug und die Kosten mindestens ähnlich, wenn nicht höher. Zudem benötige die Feuerwehr für solch ein Fahrzeug mit mehreren Wechselcontainern mehr Fläche für die Unterbringung als nun für den Milchtankwagen. Für diesen soll im Neubau des Feuerwehrhauses Nümbrecht ein ausreichend bemessener Stellplatz entstehen.

 

Im Einsatz sei die Sicherstellung des Löschwassers ganz besonders zu Beginn wichtig, wenn es im Inneneinsatz um etwaige Menschenrettung gehe. „Da ist es dringend notwendig, dass wir genug Wasser zur Verfügung haben.“ Durchschnittlich 20 bis 30 Minuten dauert dieser Teil eines Einsatzes durchschnittlich. „Die Wassermenge, die in den umgebauten Milchtankwagen passt, reicht dafür aus.“

 

Die Nümbrechter Lösung stellt dabei keine Ausnahme dar. Sowohl im Nachbarkreis (Rhein-Sieg) in den Städten Hennef und Königswinter, als auch in anderen Kommunen in NRW, werden umgebaute Milchtankwagen als Sonderlöschfahrzeuge zur Sicherstellung der Löschwasserversorgung im Brandfall durch die Feuerwehr eingesetzt, erklärt die Verwaltung in der Beschlussvorlage. Die Fahrzeuge wurden nach den Vorgaben des Brandschutzes bei Fachunternehmen umgebaut und somit für den vorgesehenen Einsatz als Löschfahrzeug ertüchtigt, so wie es auch mit dem Transporter für Nümbrecht geschehen wird.

 

Nötig sind zum Beispiel umfangreiche Umbauarbeiten an der Tankanlage. Zum einen muss es möglich sein, den Tankinhalt schnell zu füllen und an der Einsatzstelle in dort platzierte Auffangbehälter abzulassen, zum anderen aber auch das Wasser an Einsatzstellen über Schlauchleitungen zu fördern oder aus Gewässern aufzunehmen. Hierzu sei die Anschaffung und das Mitführen einer leistungsfähigen Feuerwehrpumpe notwendig. Die aktuell verbaute Milchpumpe sei hierzu ungeeignet. Ergänzt werden müssen zudem Sondersignalanlage oder Funktechnik, auch die Farbe für ein Feuerwehrfahrzeug ist vorgegeben.

 

26 Ja-Stimmen befürworteten das Projekt. Köstering stimmte gegen das Vorhaben, zudem gab es fünf Enthaltungen.

 

Aus dem Rat

 

Claus Horder ist nicht mehr Mitglied der SPD-Fraktion. In den vergangenen Wochen und Monaten habe es zunehmend nicht mehr gepasst zwischen ihm und dem Fraktionsvorsitz um Ira Hennecken und Andreas Straßner. Unter anderem wollte Horder die Trennung zwischen Amt und Mandat umsetzen, nach der sich auch Ira Hennecken, die zugleich Ortsvereinsvorsitzende ist, hätte entscheiden müssen, welche Aufgabe sie übernehmen möchte. Aber auch rund um die Haushaltsberatungen habe es zwischenmenschlich rumort. Horder berichtet in einer schriftlichen Stellungnahme von einer „unberechtigten Rüge“ gegen ihn und Schädigungsversuchen durch „üble Nachrede“. Hennecken wollte die Situation nicht weiter kommentieren. Es sei von beiden Seiten ein Schlusspunkt gesetzt worden, sagte Hennecken nur. Horder stimmte bei der vergangenen Ratssitzung bereits fraktionslos für den Haushalt und nicht dagegen, wie die restliche SPD-Fraktion mit Ausnahme von Hannelore Petry. Sein SPD-Parteibuch wolle Horder aber behalten.

 

Die Gemeinde Nümbrecht hat sich mit einer einstimmigen Ratsentscheidung von dem ehemaligen Ehrenbürger Prinz August Wilhelm von Preußen distanziert. „Auwi“, wie der Prinz auch genannt wurde, ist bereits 1949 gestorben und die Ehrenbürgerschaft damit erloschen. Zugesprochen wurde ihm das Ehrenbürgerrecht im April 1933. Prinz August Wilhelm von Preußen war begeisterter Anhänger und Befürworter des Nationalsozialismus, heißt es in der Beschlussvorlage. Er selbst habe sich als „Kämpfer Adolf Hitlers“ bezeichnet. Die Verwaltung verweist dabei auf Auszüge in Romerike Berge, der Zeitschrift für das Bergische Land, herausgegeben vom Bergischen Geschichtsverein. Mit dem Beschluss erklärt der Rat der Gemeinde Nümbrecht: „Die Entscheidung vom 5. April 1933 zur Verleihung der Ehrenbürgerschaft für Prinz August Wilhelm von Preußen hatte keinerlei Rechtfertigung. Aus diesem Grunde distanziert sich der Rat der Gemeinde Nümbrecht von der seinerzeitigen Verleihung und hebt die Ehrenbürgerentscheidung des Rates von 1933 auf.“

KOMMENTARE

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Eine gute Entscheidung. Kann wenn erforderlich, auch gut bei Waldbrand eingesetzt werden.

Günther Klata, 22.12.2023, 17:21 Uhr
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