POLITIK

Finanzprognose: Der Sonne folgen dunkle Wolken

lw; 21.09.2023, 11:09 Uhr
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Finanzprognose: Der Sonne folgen dunkle Wolken

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lw; 21.09.2023, 11:09 Uhr
Oberberg – Beim Finanzausschuss gibt Kämmerer und Kreisdirektor Klaus Grootens einen Überblick über die Entwicklungen im Haushalt.

Von Lars Weber

 

Seit 2011 ist Kreisdirektor Klaus Grootens Kämmerer beim Oberbergischen Kreis – aber sorgenvoller als jetzt hat er vorher noch nicht in die Zukunft geblickt. Dies war nur eine Aussage von Grootens, der die Sitzung des Finanzausschuss am Mittwoch für einen Rundumschlag nutzte, um die Entwicklungen im Kreishaushalt darzustellen: vom Entwurf des Abschlusses für das Jahr 2022 bis zur Prognose für das kommende Haushaltsjahr 2024. Während sich die angesagten dunklen Wolken im vergangenen Jahr noch verdrückten und sich die Sonne zeigte und auch das aktuelle Jahr ohne größere Stürme auszukommen scheint, verdunkelt sich der Himmel im nächsten Jahr beträchtlich.

 

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Noch sehr wichtig für die Bilanz dieses Doppelhaushalts 23/24 und gegebenenfalls auch der folgenden Finanzplanungen wird das Jahr 2022 sein. „Glück gehabt“: So hat Grootens den Entwurf des Jahresabschlusses übertitelt. Denn auch wenn das Zahlenwerk noch nicht ganz abgeschlossen ist, stehe momentan eine „verlässliche Zahl“ unter dem Strich: Im Vergleich zum Plan eine Verbesserung von 14,5 Millionen Euro. „Wir sind gut unterwegs.“ Das gute vorläufige Ergebnis kommt zusammen unter anderem durch Gebührenüberschüsse im Rettungsdienst, mehr Bußgeldeinnahmen und Fördermittel, aber auch, weil Personalstellen nicht besetzt werden konnten.

 

Die positive Entwicklung des Jahres 2022 werde auch in vielen Kommunen und deren Ergebnissen gespiegelt. Teils würden dabei natürlich auch die vieldiskutierten Isolierungen eine Rolle spielen, mit den die Folgen der Coronakrise und inzwischen auch des Ukrainekriegs (wie gestiegene Energiekosten) aus den aktuellen Bilanzen herausgehalten werden können, um sie dann ab 2025 für 50 Jahre abzuschreiben. Beim Kreis seien bis Ende 2022 rund 6,7 Millionen Euro isoliert worden. „Bei einem Haushaltsvolumen von mehr als 500 Millionen Euro durchaus vertretbar“, meinte Grootens.

 

Zufrieden zeigten sich der Kreiskämmerer und Wolfgang Hamm, Leiter des Amts für Finanzwirtschaft, auch noch mit dem aktuellen Jahr. Die Prognose für das Rechnungsergebnis zeigt aktuell ein Saldo von minus 1,4 Millionen Euro. „Wir sind also nahe an der schwarzen Null.“ Das Jahr verlaufe dementsprechend nach jetzigem Stand planmäßig. Größte Abweichung sind 2,5 Millionen Euro minus im Sozialetat des Kreises (Gesamtaufwand: rund 110 Millionen Euro, davon rund die Hälfte Zuschussbedarf). Zu den Ursachen gehören Kostenanstiege im Bereich Hilfe zur Pflege durch gestiegene Pflegesätze, der Anstieg der Fallzahlen im SGB-II oder auch ein Fallzahlenanstieg im Bereich der Eingliederungshilfe.

 

Der Kämmerer zeigte sich angesichts der Prognosen für 2024 froh und erleichtert über die Zahlen aus 2022 und 2023. Denn: „Es ziehen dunkle Wolken auf.“ Dafür sind diverse Faktoren maßgeblich: die gestiegenen Energiekosten, die Inflation, neue Tarifverträge, geringere Steuereinnahmen in den Kommunen, das Gemeindefinanzierungsgesetz, die kommunale Altschuldenübernahme, die Corona- und Kriegsfolgen-Isolierung oder auch die Pensionsrückstellungen - die Liste ist sehr lang, wie Grootens direkt zum Einstieg bilanziert hatte. Und nicht nur das, vieles davon sei auch noch außerhalb des Entscheidungsbereichs des Kreises.

 

Zum Beispiel die Möglichkeit der Isolierung. Das Land hat entschieden, dass die Isolierung zwar im Haushaltsplan für das kommende Jahr verwendet werden durfte, nicht aber im Ergebnis. Dabei geht es um zehn Millionen Euro, für die gegebenenfalls das Eigenkapital verzehrt werden muss.    

 

Weiterer Faktor: die Verteilung der Schlüsselzuweisungen des jährlich angepassten Gemeindefinanzierungsgesetzes, zu dem Hamm Nachhilfe gab. Die dem Kreis vorliegenden Eckdaten zeigen, dass weniger Geld in die Kommunen verteilt werden wird, unter anderem, weil sich das Land über Vorwegabzüge Geld sozusagen wiederholt, dass es aufgrund der Pandemie zwischenzeitlich vorgestreckt hatte. Immerhin habe das Land inzwischen angekündigt, den Plan zur kommunalen Altschuldenübernahme noch zurückzustellen. Eigentlich hatten die Kommunen große Hoffnungen bei dem in den Koalitionsverträgen festgeschriebenen Thema Altschuldenübernahme gesetzt. Das Land wird aber keine eigenen Finanzmittel dafür nutzen, sondern verschiebt das Problem wieder zu den Kommunen durch „eine Vergemeinschaftung der Altschulden innerhalb der kommunalen Familie in NRW“, wie Hamm es nannte (Einschätzung des NRW-Städtetags zum Thema).

 

All dies, das Auszahlen der Löhne nach neuem Tarifabschluss, weitere vier Millionen Euro Minus im Sozialetat und eine prognostizierte negative Entwicklung bei der Kreisumlage (-3,7 Millionen Euro) zehren die 14,5 Millionen Euro von 2022 in der Prognose sogleich wieder bis auf 0,9 Millionen Euro auf. „Die Schere zwischen der Einnahmen- und der Ausgabenseite geht im kommenden Jahr noch weiter auseinander“, sagte Grootens. Ins Jahr 2025 wollte der Kreisdirektor auf Nachfrage von Ina Albowitz (FDP) angesichts der negativen Entwicklungen dann auch noch nicht blicken: „Wir hoffen auf bessere Zeiten“.

KOMMENTARE

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Überall rennen die Finanzen davon, ganz zu schweigen vom Personal, aber letztlich machen alle trotzdem einfach so weiter. Wo werden denn mal Grenzen gesetzt? Und damit meine ich nicht die Kommune oder den Kreis (wobei, Personal, Neubau?). Es muss einfach mal von unten nach oben "zurückgeschossen" werden. Kommunalpolitik muss mal Richtung Land und dann Richtung Bund intervenieren. Was soll eigentlich noch alles gleichzeitig passieren und durchgeführt werden? Zeit wach zu werden!

Sorgenvoll, 21.09.2023, 16:50 Uhr
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