POLITIK

In großen Pflegeheimen wird zuerst geimpft

lw; 17.12.2020, 14:20 Uhr
Foto: Lars Weber.
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In großen Pflegeheimen wird zuerst geimpft

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lw; 17.12.2020, 14:20 Uhr
Gummersbach – Umfassende Informationen im Ausschuss für Gesundheit und Notfallvorsorge – Details zum Impfprozedere.

Von Lars Weber

 

Sehr ausführliche Informationen zum Vorgehen der Kreisverwaltung seit Beginn der Pandemie, über das aktuelle Infektionsgeschehen und über das Impfzentrum im Bergischen Hof haben die Mitglieder des Kreisausschusses für Gesundheit und Notfallvorsorge gestern Abend zu hören bekommen. Nachdem es im Vorfeld des Treffens Diskussionen um digitale Sitzungen gab, die vom Gesetzgeber so (noch) nicht vorgesehen seien, und von den Fraktionen Redebedarf angemeldet wurde, holte die Verwaltung beim Infoteil dementsprechend weit aus. Zudem bekamen CDU, Grüne und SPD ihre gestellten Fragen schriftlich beantwortet zurück. Das Vorgehen ließ keine großen Diskussionen mehr aufkommen. Dafür dauerte der öffentliche Teil der Sitzung in der ehemaligen Kreiskantine drei Stunden. Die personenstärksten Fraktionen waren nur mit reduzierter Mannschaft vor Ort. Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick.

 

Der Kreis betreibt einen hohen Aufwand

 

Kreisdirektor Klaus Grootens hielt ein Plädoyer für die Arbeit der Verwaltung seit Pandemiebeginn. „Natürlich kann es sein, dass auch mal Dinge nicht sofort gut laufen, aber: Die Kreisverwaltung arbeitet mit sehr großem Engagement und ich danke allen Kollegen“, schloss Grootens seinen Vortrag, bei dem er vor allem die Informationspolitik des Kreises beleuchtete und mit Zahlen untermauerte. Kontakt hat der Kreis – vielfach auf regelmäßiger oder auf anlassbezogener Basis – unter anderem mit Krankenhäusern, Behörden, Vereinen, Betrieben und dem Land. Das Gesundheitsamt führt mit positiv getesteten Bürgern und Kontaktpersonen jeden Tag etliche Gespräche (30.000 Erstgespräche seit März). Beim Bürgertelefon gab es 35.000 Anrufer in 250 Tagen. In den sozialen Medien erreichen den Kreis 600 Kommentare wöchentlich. Seit Februar gab es 355 Pressemitteilungen des Kreises nur zum Thema Corona. Der Krisenstab tagte seit Beginn 74 mal. Für die Politik habe es dazu bei jeder Sitzung Informationen zur aktuellen Lage gegeben. Darüber hinaus erinnerte der Kreisdirektor daran, dass die „Spielregeln vom Land vorgegeben“ werden.

 

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Hintergründe zum aktuellen Infektionsgeschehen

 

Die Sieben-Tage-Inzidenz steht weiter bei einem Wert über 200. Warum das so ist, versuchte Kaija Elvermann zu erklären. Zurückzuführen seien die steigenden Zahlen unter anderem auf Ausbruchsgeschehen in Pflegeeinrichtungen und Schulen, aber auch Religionsgemeinschaften spielten eine Rolle. Im Moment (Stand: Mittwoch, 16. Dezember) gebe es Fälle in zwölf Kitas und 21 Schulen (34 Klassen/Kurse). Epidemiologen hätten schon früh vorhergesagt, dass es im Herbst und Winter – also zur klassischen Infektionszeit – wieder einen Anstieg der Zahlen geben werde. Einfache Erkältungen werden wieder häufiger und sind für viele von den Symptomen einer Corona-Infektion nicht zu unterscheiden. Sprich: Blieb man im Sommer bei Halsweh vorsichtshalber daheim, tut man es jetzt als Erkältung ab und mischt sich weiter unter die Leute. Und die Leute trifft man in dieser Jahreszeit nicht draußen, sondern drinnen.

 

Zudem habe sich die Anzahl der durchschnittlichen Kontakte von infizierten Personen im Vergleich zum September von vier auf acht verdoppelt. „Viele Menschen sind müde und werden dann sorglos“, sagte Elvermann. Zudem, ergänzte Grootens, werde im Kreis viel getestet, alleine im vierten Quartal gab es bereits rund 21.000 Abstriche. Die Lage auf den Covid- und Intensivstationen in oberbergischen Kliniken sei angespannt, so Grootens. Die Ausbaukapazitäten sind überschaubar. 13 weitere Intensivbetten seien möglich und 15 normale.

 

Appell an die Eigenverantwortlichkeit

 

Auf eine stärkere Kontrolle von Betroffenen angesprochen, ob zum Beispiel die Quarantäne eingehalten werde, sagte Grootens, dass dies zum einen von den Ordnungsämtern gar nicht zu leisten sei. „Soll man den Menschen eine Person vor die Haustür stellen?“ Zum anderen sprach der Kreisdirektor die Eigenverantwortlichkeit der Bürger an. Wer Hilfe benötige, beispielsweise beim Einkaufen, könne sich unter anderem an die Sozialämter wenden. Nützliche Adressen stünden auch in den Allgemeinverfügungen. An Weihnachten und Silvester werden die Ordnungsämter im öffentlichen Raum verstärkt im Einsatz sein, um die Verordnungen zu kontrollieren und durchzusetzen.

 

Weitere Informationen zur Impfung   

 

Gesundheitsdezernent Ralf Schmallenbach, zugleich auch Leiter des Impfzentrums, informierte darüber, wie der Impfbetrieb starten wird, sobald die ersten Lieferungen eintreffen (Ministerpräsident Armin Laschet sprach heute vom 27. Dezember als Impfstart). Die Terminvergabe an Menschen ab 80 Jahren soll über einen Dienst (kv digital) der Kassenärtlichen Vereinigung erfolgen. Das Impfzentrum wird sieben Tage die Woche geöffnet haben, zu Beginn im Ein-Schicht-Betrieb von 8 bis 14 Uhr. Inzwischen gehe man davon aus, dass nur vier der möglichen zwölf Impfstraßen geöffnet sein werden und dies auch ausreiche.

 

Neben den Menschen über 80 Jahren gehörten zur Gruppe, die als erstes geimpft werden, die Bewohner der Altenheime, das dortige Pflegepersonal, Personal mit hohem Expositionsrisiko oder Kontakt zu vulnerablen Gruppen. Alle diese Menschen werden voraussichtlich in ihren Einrichtungen geimpft. Dafür müsse laut Schmallenbach in jeder einzelnen Einrichtung ein keimfreier Raum geschaffen werden, wo der Impfstoff angereichert werden kann. Die Priorisierung der Heime nimmt der Kreis vor. Es sollen zuerst die größten Einrichtungen berücksichtigt werden, um möglichst schnell möglichst viele Menschen zu impfen. Kliniken übernehmen das Impfen ihres Personals selbst.

 

Der Biontech-Impftstoff könne nach Anlieferung ohne Probleme einige Tage in normalen Kühlschränken gelagert werden, so Schmallenbach. Der Stoff komme in Gebinden, in denen jeweils Konzentrat für fünf Spritzen sei. In diesem Zustand sei der Impfstoff auch transportfähig. Erst, wenn mithilfe einer Kochsalzlösung der Imfpstoff „scharf gemacht“ wird, halte er sich nur noch etwa sechs Stunden und müsse vorsichtig behandelt werden. Einmal in der Spritze blieben zehn bis 15 Minuten, um die Impfung zu setzen.

 

Für die Kosten des Impfzentrums wurden zunächst 1,5 Millionen Euro vom Kreisausschuss bewilligt, wobei Land und Bund angekündigt haben, diese Kosten zu übernehmen. Kreisdirektor Grootens deutete aber an, dass es gerade bei den Personalkosten wohl noch Unklarheiten gebe.

KOMMENTARE

1

Noch nie habe ich mich über eine Impfung so sehr gefreut wie über diese. Kann es kaum abwarten bis wir endlich geimpft werden. Ich arbeite in der Pflege & es wird ein eindeutig besseres Gefühl sein wenn unsere Klienten & wir Pflegekräfte besser geschützt sein werden & ein Ende in Sicht sein wird. Auch wenn jegliche Abstands-,MNS-& Hygieneregeln sicherlich noch 6 Monate bestehen bleibt.
Ich drücke uns allen die Daumen

Engelskirchener_1, 17.12.2020, 17:00 Uhr
2

Das Gesundheitsamt und -wesen des Oberbergischen Kreises machen m.E. einen guten Job auf allen Ebenen, gelegentliche Fehler sind menschlich und damit kaum vermeidbar. Aber eine Frage muss gestattet sein in einer Demokratie: Wo ist Herr Landrat Hagt seit seiner Wiederwahl im September?

KH, 18.12.2020, 08:51 Uhr
3

@KH: Die Frage ist berechtigt. Aber auch der Bürgermeister Helmenstein aus Gummerbach schweigt zum Thema Corona. Herr Helmenstein, haben Sie nicht mitbekommen, dass aktuell mehr als 200 Ihrer Bürger infiziert sind? Und warum reagieren der Kreis und die von hohen Zahlen betroffenen Kommunen nicht mit verschärften Maßnahmen wie Ausgangsbeschränkungen? Sie scheinen nur zu handeln, wenn "aus Düsseldorf was kommt". Das geht so nicht!! Tun Sie endlich was und nutzen Sie Ihren Entscheidungsspielraum aus!!!!!

Pe, 18.12.2020, 12:14 Uhr
4

Zu 3: Na, weil es auch noch Bürger gibt, die sich mehr Sorgen um ihre Kinder und ihren Job machen als um den Virus, das verstehen die meisten Alten leider nicht. In der City sind viel mehr Alte als Junge unterwegs, wahrscheinlich um kostenlos Masken abzugreifen...

Systemirrelevant, 18.12.2020, 15:30 Uhr
5

Ich bin sehr froh wenn ich die Impfung bekomme.Die Kreisverwaltung macht das sehr gut.Lg

Petra Bravin, 18.12.2020, 18:46 Uhr
6

Meine Hoffnung ist, dass sich die betroffenen Heimbewohner wirklich frei für oder gegen die Impfung entscheiden können. Hier sind in entsprechenden Fällen auch die Betreuer ernsthaft gefragt, den mutmaßlichen Willen der Betreuten zu vertreten.

Rita Bremicker, 18.12.2020, 18:55 Uhr
7

@Systemirrelevant: Ihre Meinung kann ich nicht nachvollziehen. Sie machen sich also keine Sorgen wg. dem Virus und diffamieren ältere Mitbürger, die übrigens keine Masken abgreifen. Falls Sie es nicht mitbekommen haben: Ü60 und chronisch Kranke bekommen Masken, weil sie anerkanntermaßen zur Risikogruppe (mit vielen Todesfällen) gehören. Sie dürften geschätzt unter 60 sein. Aber auch sie werden älter. Deshalb sollten Sie Ihre Äußerungen besser durchdenken!!!

Pe, 21.12.2020, 14:52 Uhr
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