POLITIK
Tanz auf der Rasierklinge
Lindlar - Bürgermeister Dr. Georg Ludwig sieht Risiken in den Etats der kommenden Jahre - Pandemie wird zum finanziellen Unsicherheitsfaktor - Dennoch will Lindlar weiter in die Infrastruktur investieren.
Von Bernd Vorländer
OA: Wird die Corona-Pandemie auch in Zukunft finanzielle Nachwirkungen für ihre Gemeinde haben?
Ludwig: Davon müssen wir alle ausgehen. Die Steuer- und Einnahmerückgänge können wir zwar im Haushalt auffangen, indem wir sie isolieren und auf die kommenden Jahre verteilen, aber wir müssen auch Liquiditätskredite in Anspruch nehmen. Längerfristig ist das ein großes Problem, denn der Schuldenstand wächst, das ist genau das, was wir eigentlich nicht wollten. Wir werden in den nächsten Jahren mit wachsenden Verbindlichkeiten, einem steigenden Zinsrisiko und der Unsicherheit leben müssen, nicht zu wissen, wie sich die Einnahmen entwickeln.
OA: Die Gewerbesteuer-Einnahmen sinken, aber die Zeche zahlen die Bürger, denn die Grundsteuer B wird erhöht - passt das zusammen?
Ludwig: Eine Gewerbesteuer-Erhöhung steht nicht zur Debatte. Wir wissen nicht, wie sich die Wirtschaft entwickelt und der Gewerbesteuersatz ist bereits jetzt sehr hoch. An dieser Schraube zu drehen, wäre kontraproduktiv. Deshalb müssen wir als Einnahmequelle Immobilien über die Grundsteuer B heranziehen, denn die werden auch in den kommenden Jahren als Konstante vorhanden sein.
OA: Was müsste denn geschehen, damit Lindlar in eine gute finanzielle Zukunft blicken könnte - oder ist das sogar ausgeschlossen?
Ludwig: Die Gemeinde kann einige Hausaufgaben selbst machen, um die Rahmenbedingungen zu verbessern. Etwa, dass wir die Ansiedlungsbedingungen für Unternehmen verbessern und nicht so lange prüfen, ob wir die Erweiterung eines Gewerbegebiets wollen oder neue Wohngebiete. Auf der anderen Seite ist die Gemeindefinanzierung in Nordrhein-Westfalen ein Trauerspiel. Wir erhalten keine Schlüsselzuweisungen, weil wir dafür angeblich zu wohlhabend sind - was nicht stimmt. Hinzu kommt das Umlagefinanzierungssystem des Oberbergischen Kreises. Letzterer übernimmt sicherlich viele Pflichtaufgaben, die wir nicht leisten können, dadurch wachsen aber auch die Zahlungsverpflichtungen der Kommunen immer stärker an. Das ganze Finanzsystem krankt. Hinzu kommt: Bürger erwarten immer mehr von ihrer Kommune, der Topf aber wird kleiner.
OA: Die Bürger wollen in ihrer Kommune gut versorgt sein. Welche Botschaft haben sie für die Lindlarer Bürger?
Ludwig: Vieles, was wir geplant haben, läuft weiter. In Frielingsdorf wird ein neues Feuerwehrgerätehaus gebaut, verschiedene Grundschulen werden vergrößert, das Gymnasium in den kommenden Jahren modernisiert. Bei den Anwohner-Straßen gibt es einige, die komplett saniert werden müssen. Das wird zur Herausforderung, wil wir die eine oder andere Maßnahme etwas verschieben müssen. Die Bürger können aber sicher sein: Wir halten den Laden am Laufen. Solide wirtschaften, investieren und die Pandemiefolgen bewältigen - dieser Dreiklang wird uns die nächsten Jahre fordern.
OA: Lindlar ist als Baustandort sehr beliebt. Wie können sie als Gemeinde - trotz aller finanziellen Drängnisse - den Erwartungen von Unternehmen und Bauwilligen gerecht werden?
Ludwig: Bislang ist uns das gut über unsere gemeindeeigene Wirtschaftsförderungs-GmbH gelungen. Wenn unsere örtliche Politik weiter hinter der GmbH steht, man sie wirtschaften lässt und Projekte nicht zu sehr in die Zukunft verschiebt, können wir auch Ansiedlungsperspektiven bieten. Dann können wir Menschen in Lindlar eine hervorragende Perspektive geben. Lindlar hat zudem einen hohen Wohlfühlfaktor, im Freizeitbereich gibt es sehr viele Möglichkeiten.
KOMMENTARE
1
Heisst auf gut Deutsch: Die Bürger haben keine Wahl und zahlen die höhere Grundsteuer, weil deshalb ja keiner sein Haus verkauft und wegzieht. Und scheinbar möchte Dr. Ludwig auch die Gewerbegebietserweiterung durch mit Corona begründeter Verfahrensbeschleunigung durchdrücken. Die Gegner sind damit wieder die Totengräber der Gemeinde. Außerdem geht es hier nicht um "wollen", sondern vielmehr um "dürfen" und "können". Anstatt das mal als Chance zu begreifen, über Alternativen im Sinne der Bürger und der Unternehmen nachzudenken, wird hier ein "Weiter so" propagiert mit dem einzigen Unterschied, dass man weniger Geld hat.
Stefan Fiedler, 04.02.2021, 08:54 Uhr2
Lindlar hat gewählt! Und bekommt auch was gewählt wurde.
K.P., 04.02.2021, 11:50 UhrLinks zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
ARTIKEL TEILEN