SOZIALES

Die Hoffnung nicht aufgegeben

Red; 17.12.2020, 10:10 Uhr
Fotos: PIW/privat --- Mechthild Guntz und Hrachia Shaljyan vom Verein "Patienten im Wachkoma" (die Fotos wurde vor der Corona-Pandemie aufgenommen).
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Die Hoffnung nicht aufgegeben

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Red; 17.12.2020, 10:10 Uhr
Bergneustadt - Der Verein „Patienten im Wachkoma“ feiert in diesem Jahr sein 25. Jubiläum - Ein als „austherapiert“ geltender Patient hat sich ins Leben zurückgekämpft.

Von Karin Vorländer

 

Jens Feit* ist aufgewacht. „Das ist das schönste Geschenk zum 25. Geburtstag unseres Vereins ‚Patienten im Wachkoma e.V.‘“, freut sich Hrachia Shaljyan, Geschäftsführer des gemeinnützigen Vereins, der sich seit 1995 die Förderung von Menschen mit chronischen Bewusstseinsstörungen im so genannten Wachkoma und die Unterstützung der Angehörigen zur Aufgabe gemacht hat. Alle geplanten Feierlichkeiten mussten Corona-bedingt abgesagt werden. Zur alltäglichen Arbeit kamen umfangreiche Schutzmaßnahmen hinzu. „Dass Jens aufgewacht ist, ist für uns ein Licht in dieser Zeit“, sagt Shaljyan, der seit 2009 Geschäftsführer von PiW ist. Sein Dank gilt neben dem 27-köpfigen Team auch den externen Therapeutinnen und den begleitenden Ärzten.

 

Jens, der im September als „austherapiert“ ins Haus Ilona, dem Domizil des Vereins in Bergneustadt-Neuenothe, kam, hat sich entgegen aller Prognosen seit Anfang November ins Leben zurückgemeldet. „Er lächelt, er spricht, er übt kauen und schlucken, er sitzt aufrecht im Rollstuhl, er erinnert sich, er kann seinen rechten Arm benutzen“, erzählt seine Frau Katja. Jens Feit war Anfang 2020 war nach einem Unfall mit schwersten Schädel-Hirnverletzungen ins Krankenhaus eingeliefert worden. Bei ihren Besuchen nahm Katja Feit winzige Reaktionen ihres Mannes wahr, die für sie mehr waren als nur „Reflexe“. Doch in mehreren Reha-Maßnahmen blieben die ersehnten Fortschritte aus. Ein Hinweis der Krankenkasse führte sie schließlich zu PiW.

 

Neben der Philosophie „Aufgeben gilt nicht" gehören zum Pflegekonzept vor allem emotionale Zuwendung, Kontakt und Ansprache. Ein wesentlicher Baustein der bundesweit einmaligen Therapie ist das gezielte Ausschleichen der sedierenden Medikamente. Auch von der Trachealkanüle können die Patienten mit einer Erfolgsquote von 95 Prozent entwöhnt werden. Angehörige werden in die Pflege einbezogen. Finanziert wird die Arbeit über einen eigenen Pflegedienst, der direkt mit den Krankenkassen abrechnen kann, und über Spenden.

 

[Das Team von PiW.]

 

 

Spektakuläre Erfolge wie bei Jens Feit bleiben die Ausnahme „Unsere Erfolge liegen oft im Sich-Einfinden, im Ankommen und Verarbeiten der Situation und in kleinen Erfolgen wie dem Anbahnen von Stehen und jeder Form von Eigenmobilität, im Schlucken, Riechen, Schmecken, den eigenen Körper wahrnehmen“, erklärt die Vereinsvorsitzende Mechthild Glunz.

 

Immerhin sind 15 Prozent der rund 300 Patienten aufgewacht, die in den zurückliegenden 25 Jahren zwischen drei und sechs Monaten ein Zuhause auf Zeit fanden. Bei 85 Prozent verbesserte sich der Gesundheitszustand so, dass sie nach Hause entlassen werden konnten. Trotz dieser positiven Bilanz will man weiterhin nur bis zu acht Patienten gleichzeitig aufnehmen „Unsere Stärke ist, dass wir klein sind und Zeit für persönliche Zuwendung haben“, betont Shaljyan.

 

„Das hier ist ein Lebensraum“, beschreibt Katja Feit ihre Erfahrungen. „Hier gibt es genug Personal und keinen Zeitdruck. Hier wird Hoffnung vermittelt“ sagt sie. Was sie für Jens und sich hofft? „Natürlich denke ich im Hinterkopf, dass es vielleicht so bleibt, wie es jetzt ist.  Aber er wird aufstehen.“

 

*Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes wurden die Namen auf Wunsch redaktionell geändert.

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KOMMENTARE

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Wunder-bar! Ich freue mich sehr für Familie Feit und wünsche für die Zukunft alles Gute!

Cornelia Lang, 17.12.2020, 14:07 Uhr
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