BLAULICHT

Drogen per Post verschickt: Bergneustädter Paar verurteilt

pn; 08.12.2022, 23:00 Uhr
Foto: Peter Notbohm ---- Nach vier Monaten sah sich das Bergneustädter Paar vor Gericht erstmals wieder - Im Gerichtssaal flossen mehrfach Tränen.
BLAULICHT

Drogen per Post verschickt: Bergneustädter Paar verurteilt

pn; 08.12.2022, 23:00 Uhr
Bergneustadt/Köln – Für vier Jahre und sechs Monate wegen bewaffneten Drogenhandels muss ein 33-Jähriger hinter Gitter – Verlobte kommt mit Bewährungsstrafe davon.

Von Peter Notbohm

 

Zu einer Haftstrafe von vier Jahren und sechs Monaten wegen gewerbsmäßigen und bewaffneten Drogenhandels wurde am Mittwoch Stefan T. (Anm.d.Red.: Alle Namen geändert) am Kölner Landgericht verurteilt. Seine Verlobte Jasmin O. kam wegen Beihilfe mit einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten davon – beides relativ milde Urteile, die das Gericht allerdings begründete.

 

Eigentlich waren für den Prozess gegen die 33-jährigen Bergneustädter und seine vier Jahre jüngere Verlobte insgesamt drei Verhandlungstage bis zum 19. Dezember vorgesehen. Nachdem sich beide Angeklagten von Beginn an geständig zeigten, galoppierte die 8. Große Strafkammer unter dem Vorsitz von Richter Stephan Adelhold aber geradezu durch den ersten Verhandlungstag, verzichtete auf die Vernehmung zahlreicher Zeugen und fällte bereits am Nachmittag ihr Urteil.

 

Die Polizei war dem Pärchen schon länger auf der Spur gewesen. In Bergneustadt war der einschlägig vorbestrafte Stefan T. stadtbekannt. Im Rahmen einer Observation hatte die Kriminalpolizei Jasmin O. mehrfach mit Luftpolsterumschlägen zu einer Poststation am Hackenberg fahren sehen. Eine „inzwischen äußerst populäre“ Versandmethode für Drogen, wie eine Polizistin aussagte. Nachdem die Polizei in einem beschlagnahmten Päckchen am 27. Juni dieses Jahres 15,5 Ecstasypillen und 13,8 Gramm Marihuana fand, schlugen die Ermittler am 2. August erneut zu.

 

Jasmin O. wurde an der Poststation festgenommen, ihren Verlobten ereilte parallel an der gemeinsamen Wohnanschrift dasselbe Schicksal. Was die Beamten anschließend in der Wohnung im Sportraum neben einem Boxsack fanden, sollte der Staatsanwalt im Rahmen seines Plädoyers den „kompletten Kaufmannsladen“ nennen: „Es war nicht nur eine Droge, sondern ein ganzes Sortiment.“ 9,8 Kilogramm Marihuana, 1,1 Kilogramm Haschisch, 98,8 Gramm Kokain, 430 Gramm Amphetamine und 22,6 Gramm Ecstasy fand die Polizei, dazu das übliche Equipment. Bei der weiteren Durchsuchung wurden zudem eine Pfefferspraydose, drei ungeladene PTB-Waffen, 136 Patronen, ein Kampfmesser, ein Teleskopschlagstock sowie fast 2.500 Euro Bargeld gefunden.

 

Stefan T., der seit seiner Festnahme in U-Haft saß, ließ im Rahmen seines Geständnisses vollständig die Hosen herunter und versuchte zudem seine Verlobte soweit es ging, zu schützen. „Mein Mandant war Organisator, Abholer, Bezahler, Verkäufer und Verpacker“, sagte sein Anwalt. Mehr als die Kurierdienste zur Post habe die 29-Jährige nie übernommen, auch wenn sie natürlich gewusst habe, womit ihr zukünftiger Mann den Lebensunterhalt der Familie bestritt. Monatlich habe er 4.000 bis 5.000 Euro aus den Drogenverkäufen herausgezogen, sagte der 33-Jährige, der nicht nur ein Luxusauto fuhr, sondern auch in einer großen Wohnung lebte.

 

Er selbst habe mit 18 Jahren begonnen Gras zu rauchen und sei nach einer Verurteilung Anfang 2020 auf CBD umgestiegen. Mit einer schweren neuronalen Erkrankung seiner Verlobten habe er aber Panik bekommen, weil er sich um sie und das gemeinsame Kind habe kümmern müssen. Daraufhin habe er begonnen Drogen über Telegram-Kanäle anzubieten. Nach einigen guten Bewertungen – auch das Gericht sprach von äußerst hochwertigen Drogen bei bis zu 20 Prozent THC-Gehalt – sei schnell ein florierender Handel entstanden. „Die Entzündung im Gehirn meiner Verlobten war die härteste Zeit in meinem Leben. Ihre Anfälle waren wie ein Horrorfilm“, sagte er. Beide Angeklagten kämpften während der Verhandlung mehrfach mit den Tränen.

 

Die Staatsanwaltschaft forderte für den florierenden Drogenhandel eine Haftstrafe von vier Jahren für Stefan T. Dessen Anwalt plädierte für eine Strafe von maximal drei Jahren. Bei Jasmin O. waren sich Verteidiger und Staatsanwalt mit einer 14-monatigen Bewährungsstrafe hingegen einig, da es keinerlei Beweise gab, dass sie umfangreich in den Handel einbezogen worden war. Vor dem Urteil hielt Stefan T. noch eine hochemotionale Rede als letztes Wort, in der er schwor, sein Leben ändern zu wollen.

 

Den Anträgen wollte das Gericht anschließend allerdings nicht gänzlich folgen. Richter Adelhold betonte, dass es nicht üblich sei, dass man die Staatsanwaltschaft im Strafmaß überbiete, es handle sich aber immer noch um eine Strafe im „unteren Rahmen“. Vor allem, dass Stefan T. erst 2020 zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden war, was nun vermutlich widerrufen wird, kritisierte der Vorsitzende: „Man fragt sich schon, wann bei ihnen denn der Groschen fallen soll, wenn nicht bei einer gerade noch bewährungsfähigen Strafe.“ Auch an Jasmin O. richtete er klare Worte: „Wir glauben ihnen ihre Reue, aber bei zwei anwesenden Kindern, Amphetamine im Eisfach zu lagern, ist durchaus gefährlich.“

 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Guten Willen zeigte das Gericht indessen, indem der Haftbefehl vorerst außer Kraft gesetzt ist. Unter strengen Auflagen darf Stefan T. bis zum Haftantritt vorerst bei seiner Familie bleiben, um unter anderem den Auszug aus der bereits gekündigten Wohnung zu regeln.

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