BLAULICHT

Erst hinter Gitter - dann eine neue Chance?

lw; 12.08.2021, 14:26 Uhr
BLAULICHT

Erst hinter Gitter - dann eine neue Chance?

lw; 12.08.2021, 14:26 Uhr
Gummersbach – 36-Jähriger wird wegen Einbruchdiebstahl, versuchtem Einbruchdiebstahl und gemeinschaftlichen Raub mit gefährlicher Körperverletzung zu fast drei Jahren Gefängnis verurteilt – Alkoholsucht zieht sich durch das Leben.

Von Lars Weber

 

Der Alkohol begleitet den 36-jährigen Martin S. (Anm.d.Red.: Name geändert) schon lange. Mit 19 Jahren wurde er süchtig. Wirklich losgekommen ist er bis heute nicht. Einen Beruf hat er auch deshalb nie erlernt, stattdessen geht es für ihn von dem einen Entzug in die nächste Unterbringung und wieder zurück. Am Amtsgericht Gummersbach, wo Martin S. sich heute wegen Einbruchdiebstahl, versuchtem Einbruchdiebstahl und Raub mit gefährlicher Körperverletzung vor dem Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richter Ulrich Neef verantworten musste, ist er auch kein Unbekannter. Das Vorstrafenregister beginnt schon im Jahr 2000, es folgen Einträge im Zwei-Jahres-Takt. Die Schuldfrage stellte sich heute nicht, der 36-Jährige war geständig. Es ging also nur um die Frage, wie Martin S. zu bestrafen ist.

 

Vor Gericht stand er wegen drei Taten, die sich alle zwischen dem 27. und 29. Juli vor einem Jahr zugetragen hatten. Zunächst war der Angeklagte zwischen 13 und 8 Uhr gemeinsam mit einem 23-jährigen Mittäter in eine Pizzeria in Ründeroth eingebrochen. Dort entwendeten sie Alkohol, Schutzmasken, Softdrinks und 180 Euro. Am Abend des 28. Juli ging es weiter. An der Aggerbrücke raubten Martin S. und der 23-Jährige nach einem Streit einen Mann aus. Geld (14 Euro), Handy (für 30 Euro verkauft) und Kopfhörer nahmen sie mit. Ihr Opfer hatten sie vorher verprügelt, es auch noch geschlagen und getreten, als es schon am Boden lag. Der Mann zog sich unter anderem Prellungen im Gesicht zu und verlor einen Zahn. Kurze Zeit später war der Angeklagte allein unterwegs. Er versuchte erneut in die Pizzeria einzubrechen. Dieses Mal misslang der Bruch, die Alarmanlage ging los – und Martin S. wurde von der Polizei mit 2,26 Promille im Blut aufgegriffen.

 

Der Rechtsanwalt stand für seinen Mandanten ein. „Wenn er nicht trinkt, ist er ein sehr umgänglicher und freundlicher Mann.“ Doch die Sucht war bislang immer stärker als der Wille des Angeklagten, von Alkohol und auch anderen Drogen wegzukommen. Zuletzt flog er aufgrund eines Rückfalls aus einer Rehabilitationseinrichtung in Remscheid raus. Sein Mandant habe Probleme bekommen, nachdem sein vertrauter Bewährungshelfer in Rente gegangen ist. Der Wunsch aber, endlich dauerhaft trocken zu werden, sei da. Auch eine stationäre Langzeittherapie möchte er machen. „Ich habe keinen Bock mehr auf dieses Leben“, sagte Martin S. selbst. Wenn er es schaffe, baue er auch keinen Mist mehr. Sein Verteidiger forderte deshalb „letztmalig“ eine Bewährungsstrafe.

 

Die Staatsanwaltschaft sah dies anders. Tatsächlich sei nur im Falle des versuchten Einbruchdiebstahls zu belegen, dass der Angeklagte betrunken und vermindert schuldfähig war. Minderschwere Fälle konnte sie beim Raub oder dem gelungenen Einbruch ebenfalls nicht ausmachen. Zwar sei Martin S. geständig. Doch die lange Liste an Vorstrafen sei „in jeder Hinsicht einschlägig“. Sie forderte zwei Jahre und zehn Monate Gefängnis, darin verrechnet waren noch zwei Urteile aus August 2020 und Februar 2021. Die Hoffnung der Staatsanwaltschaft: Dass Martin S. in der Haft trocken wird und nach einer Teilverbüßung geradewegs in die stationäre Langzeittherapie geht.

 

So sahen es auch der Richter und die Schöffen. Sie verurteilten Martin S. zu den geforderten zwei Jahren und zehn Monaten. Neef wies zum Schluss auf den immensen Schaden hin, den die Sucht bereits in dem Leben von Martin S. angerichtet habe. „Ohne die Alkoholsucht würden sie vielleicht gar nicht hier sitzen und ein normales Leben führen…“

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