BLAULICHT

Wo stand der Wäschekorb mit dem Messer?

pn; 30.11.2024, 09:00 Uhr
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Symbolfoto: Peter Notbohm.
BLAULICHT

Wo stand der Wäschekorb mit dem Messer?

pn; 30.11.2024, 09:00 Uhr
Waldbröl – Am Amtsgericht Waldbröl muss sich ein 37-Jähriger wegen bewaffneten Handels mit Betäubungsmitteln verantworten – Er sagt, er habe seine Schulden bei Dealern abarbeiten müssen.

Von Peter Notbohm

 

Bei einer Hausdurchsuchung am 17. Januar fand die Polizei in der Waldbröler Wohnung von Christian N. (Anm.d.Red.: Name geändert) 352 Gramm Cannabis, rund 37 Gramm Haschisch, 510 Euro und ein Küchenmesser im Wäschekorb seines Schlafzimmers. Die Frage, wie weit dieser Wäschekorb von seinem Bett entfernt stand, kann für den 37-jährigen Waldbröler einige Monate hinter Gittern ausmachen.

 

Denn auch nach dem neuen Cannabisgesetz der Ampelregierung wird der Handel mit Cannabis noch mit bis zu drei Jahren Haftstrafe bestraft. Handelt es sich um bewaffneten Handel droht eine Mindeststrafe von zwei Jahren (nach altem Recht: Mindeststrafe von fünf Jahren). Laut ständiger Rechtsprechung des BGH entscheidend dafür: Lag eine Waffe oder ein gefährlicher Gegenstand bewusst gebrauchsbereit, dass er jederzeit greifbar war.

 

Vor dem Schöffengericht am Amtsgericht Waldbröl, wo diese Woche der Prozess wegen bewaffneten Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge begann, verstand Christian N. allerdings nicht, warum Richter und Staatsanwaltschaft bei den als Zeugen geladenen Polizisten sehr genau nachfragten, wo und wie sie das Messer damals gefunden hatten. Der 37-Jährige beteuerte: „Ich habe noch nie eine Waffe benutzt, deshalb war ich auch so perplex, dass das angeklagt wurde.“ Das Messer habe er nur zum Zerkleinern genutzt, um sich selbst eine Mischung für seine Wasserpfeife zu machen. Die Aussage eines Polizisten sprach allerdings nicht für ihn: Das Messer habe eine sehr lange Klinge gehabt und hätte mit einem langen Arm griffbereit auf dem Wäscheberg gelegen.

 

Die Ermittler war dem Mann damals auf die Schliche gekommen, weil Nachbarn sich über die vielen fremden Autos, die immer wieder nur kurz anhielten, vor dem Haus gewundert hatten. Die Vorwürfe räumte der 37-Jährige vor Gericht weitgehend ein. Er habe bei seinen Dealern selbst in der Kreide gestanden, woraufhin die ihm irgendwann ein Handy in die Hand gedrückt hätten, mit der Aufforderung seine Schulden durch das Verticken von Gras abzuarbeiten. Viel verkauft habe er aber nicht, die Polizei habe relativ schnell vor seiner Tür gestanden.

 

Wer seine Dealer sind, wollte er verständlicherweise nicht verraten: „Mit diesen Leuten kann man keinen Spaß machen.“ Die Schulden aus den beschlagnahmten Drogen habe er nun zusätzlich aus seinem Bürgergeld abstottern müssen. Auch für die 510 Euro Bargeld hatte er eine Erklärung: Davon hätten nur 40 Euro aus den Drogenverkäufen gestammt, den Rest habe er in Spielhallen gewonnen. „Es waren sogar mal 1.100 Euro, aber ich hatte anschließend wieder Pech.“

 

Cannabis habe er schon jahrelang konsumiert, wurde deshalb und wegen anderer Delikte auch schon mehrfach verurteilt. Eigentlich sei er 2017 nach Waldbröl gezogen, um ein neues Leben zu starten, doch anhaltende starke körperliche Schmerzen und der psychische Druck durch die Trennung von seiner Ex-Frau sowie den anschließenden Psychoterror hätten dafür gesorgt, dass er zuletzt fünf bis zehn Gramm täglich geraucht habe. Unter Tränen berichtete Christian N. von seinem vergeblichen Kampf um seinen Sohn, zu dem er nur sehr wenig Kontakt haben darf: „Immerhin habe ich es geschafft, dass seine Mutter ihn nicht ins Heim geschickt hat, sondern er nun bei seiner Oma lebt.“

 

Richter Carsten Becker tat sich schwer mit dem Fall: „Ich sehe derzeit keine Zukunftsperspektive bei ihnen. Sie sind Bewährungsversager, sind krank, ohne Aussicht auf Arbeit und haben eine Sucht.“ Die Bewährungshelferin des 37-Jährigen empfahl dringend eine Therapie: „Sobald Krisen auftreten, ist seine Medikation die Erhöhung des Konsums.“ Sie glaube ihm zwar, dass er an seinem Sohn hänge und etwas ändern wolle, „er findet aber den Weg nicht“.

 

Ob dieser Weg im Gefängnis beschritten werden muss, entscheidet das Schöffengericht erst Mitte Dezember. Der Vorsitzende vertagte die Plädoyers und das Urteil und gab Christian N. einen Rat mit: „Nutzen sie diese zweieinhalb Wochen, um etwas zu ändern und über ihren Drogenkonsum nachzudenken.“

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