LOKALMIX

Dörfer voller Visionen und Herz

lw; 29.04.2022, 17:48 Uhr
Fotos: Lars Weber --- Bei dem Spaziergang durch Benroth erklärten Mitglieder der Dorfgemeinschaft, was ihren Ort unverwechselbar macht.
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Dörfer voller Visionen und Herz

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lw; 29.04.2022, 17:48 Uhr
Oberberg – Bewertungskommission des Kreises auf Tour durch Oberberg – Teilnehmer des Wettbewerbs „Unser Dorf hat Zukunft“ stellen sich vor – Heute war Stopp in Nümbrecht-Benroth.

Von Lars Weber

 

Idylle trifft auf Gestaltungswillen, Tradition auf frische Ideen, Gemeinschaft auf echte Handarbeit.  Und über allem steht eine große Herzlichkeit. Auf diese Schlagwörter könnte der Kreiswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ kurz und knapp heruntergebrochen werden, der nach einer Pandemiepause in diesem Jahr wieder stattfindet. 19 Orte aus acht Kommunen treten in diesem Jahr den Beweis an, dass das Dorf als zeitgemäßer Lebensraum alles andere als ausgedient hat, sondern die Dorfgemeinschaften im Gegenteil dazu fähig sind, moderner und zukunftsträchtiger zu sein als manche Großstadt. Heute haben die Mitglieder der Bewertungskommission des Kreises ihre Arbeit aufgenommen. Ihre Reise führte sie dabei auch nach Nümbrecht-Benroth.

 

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Das Dorf hat über die Jahre an mehr als 20 solcher Wettbewerbe teilgenommen, erzählt Petra Beyer, Vorsitzende des Gemeinnützigen Vereins Benroth, in dem mehr als 100 der 350 Dorfbewohner organisiert sind. Dass heißt aber nicht, dass es zur Routine geworden ist. Den beteiligten, engagierten Dorfbewohnern ist die Aufregung anzumerken, vor allem aber die Freude darüber zeigen zu können, was man mit viel Arbeit aus seinen Möglichkeiten macht. So hat die Dorfgemeinschaft in einer Zukunftswerkstatt ein Leitbild erstellt. Der Titel: „Benroth – auch in 20 Jahren noch l(i)ebenswert“. Darin werden sämtliche Lebensbereiche durchleuchtet und geschaut: Was geht noch besser? Wo kann man noch etwas tun? Dabei wurde ja schon viel getan, wie der Dorfrundgang mit der Bewertungskommission eindrucksvoll zeigte.

 

Dörfer mit Zukunft

 

Der Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ will die Menschen auf dem Lande motivieren und unterstützen, die Zukunft ihrer Dörfer aktiv zu gestalten und sich für soziale, kulturelle, wirtschaftliche, ökologische und bauliche Entwicklung engagiert einzusetzen. 19 Dörfer aus dem Kreisgebiet haben sich in diesem Jahr beworben. Aus Engelskirchen der Ort Bellingroth, aus Gummersbach die Dörfer Bünghausen, Erbland, Schneppsiefen und Schönenberg, aus Lindlar die Orte Hohkeppel, Linde, Scheel, Schönenborn und Spich, aus Marienheide der Ort Müllenbach, aus Nümbrecht Benroth und Elsenroth, aus der Gemeinde Reichshof Mittelagger und Wildbergerhütte-Bergerhof, aus Wiehl die Dörfer Hübender und Oberwiehl sowie aus Wipperfürth Egen und Kreuzberg.

 

Der Spaziergang führte die Jury vorbei an liebevoll gepflegtem und teils mit moderner Architektur kombiniertem Fachwerk und zeigte unter anderem die innovative Seite des Dorfes, das nicht nur von Breitband-Internet profitiert, sondern sich gemeinsam mit den Gemeindewerken Nümbrecht auch Kalte Nahwärme ins Dorf geholt hat. Das Förderprojekt mit Modellcharakter wurde mit LEADER-Mitteln realisiert. Unter anderem wurde dafür ein 30 Kubikmeter großer Eis-/Wasser-Energiespeicher neben dem Dorfhaus in der Erde versenkt. Elf Haushalte sind inzwischen an dem System angeschlossen und heizen damit, weitere werden folgen, wie Stefan Muth von der GWN erläuterte.

 

 

Weitsicht bewies die Gemeinschaft bereits beim dorfeigenen Biotop. Das Gebiet wird seit Jahrzehnten weitestgehend sich selbst überlassen und ist so zu einem „Tier- und Pflanzenparadies“ geworden, wie Udo Adolphs den Anwesenden erklärte. Mithilfe des LEADER-Projekts „Lernen und Rasten“ soll das Biotop nun verstärkt auch als Beobachtungs- und Lernort, gerade von Schulen, genutzt werden. Natürlich ohne die Natur unnötig zu stören.

 

Die integrative Seite der Benrother zeigt sich nicht nur daran, dass bereits einige Ukrainer dort zumindest temporär eine Zuflucht gefunden haben, sondern auch am Standort Haus Segenborn für wohnungslose Menschen der Diakonie Michaelshoven. „Wir haben hier eine sehr offene Dorfgemeinschaft“, sagte Udo Schmidt. Auch für Familien und Senioren tut der gemeinnützige Verein etwas, manchmal sogar für beide zusammen. So wird der Dorfspielplatz gerade zu einem Mehrgenerationenspielplatz umgebaut, nachdem der alte Spielplatz in die Jahre gekommen war. 25.000 Euro wird die Maßnahme kosten. Die Enkel werden schon bald die lange Rutsche runterfahren können, während sich die Großeltern zum Beispiel auf den Stepper stellen. Auch hier helfen wieder Fördermittel bei der Realisierung.

 

 

Die Benrother hätten der Bewertungskommission noch viel mehr erzählen können. Doch der Zeitplan war eng getaktet. Die zehn Mitglieder um Kreisdirektor Klaus Grootens, der sich sehr beeindruckt zeigte von den Leistungen und Ideen der Dorfgemeinschaft, hatten bereits Besuche in Oberwiehl und Hübender in Wiehl hinter und eine Fahrt nach Elsenroth vor sich. Zwei Dinge waren der Jury jetzt schon klar. Erstens: Einen Sieger zu küren, der nicht nur 1.000 Euro bekommt, sondern auch am Landeswettbewerb teilnehmen darf, wird nicht einfach. Und zweitens: Die oberbergischen Dörfer können sich echt sehen lassen.

 

Bewertungskriterien

 

[Die Mitglieder der Bewertungskommission rund um Kreisdirektor Klaus Grootens (5.v.r.).]

 

Das gemeinsame Handeln aller Akteure im Dorf ist der Jury wichtig, dazu dienen häufig Konzepte oder Leitbilder. Die Kommission bewertet die Ergebnisse von Zukunftswerkstätten, das Miteinander untereinander. Was wird getan, um Gaststätten zu erhalten oder Läden? Was wird für den Tourismus getan? Bewertet werden auch soziale oder kulturelle Aspekte im Dorfleben. Welche Begegnungsmöglichkeiten gibt es, wie werden Traditionen gepflegt, wie das Ehrenamt gewürdigt? Weiteres Thema ist der Umgang mit Baukultur, Natur und Umwelt, dazu kann die Aufstellung einer Gestaltungssatzung gehören, sinnvolle Nachnutzung leerer Gebäude oder die Pflege von Gemeinschaftseinrichtungen. Nicht zuletzt zählt der Gesamteindruck. Was macht das Dorf unverwechselbar?

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