SOZIALES

Zehn Jahre Aanchal: Hilfe soll nicht enden

lw; 01.03.2021, 09:00 Uhr
Fotos: privat --- Gabriele Bergau bei ihrem Besuch in Indien 2018.
SOZIALES

Zehn Jahre Aanchal: Hilfe soll nicht enden

  • 0
lw; 01.03.2021, 09:00 Uhr
Reichshof – Projekt feiert heute Geburtstag – Gabriele Bergau steckt ihr Herzblut in das Generieren von Spenden – Viele kreative Ideen helfen Kindern in Indien.

Von Lars Weber

 

Die Geschichte des Hilfsprojekts Aanchal ist eine besondere. Nicht nur in Indien, wo sich die Beteiligten vor Ort für Straßenkinder einsetzen. Sondern auch im Oberbergischen. Denn von hier aus wird das Projekt seit einigen Jahren mit viel Aufmerksamkeit und nicht zuletzt vielen Spenden bedacht. Motor dieser Hilfe ist Gabriele Bergau aus der Gemeinde Reichshof. Für sie ist Aanchal inzwischen eine absolute Herzensangelegenheit. Anlässlich des zehnten Geburtstags des Hilfsprojekts schaut Bergau gemeinsam mit OA zurück.

 

WERBUNG

Die Gründung

 

Offiziell wird Aanchal in Bhopal, der Hauptstadt des indischen Bundesstaates Madhya Pradesh, am 1. März 2011 eingeweiht. Hinter dem Hilfsprojekt steht die Ordensgemeinschaft Carmelites of Mary Immaculate (CMI). Erklärtes Ziel ist die Unterstützung von Straßen-, Slum- und Bahnhofskindern in und um Bhopal. Die Kinder haben dort nichts, leben in verarmten Zuständen. Gerade Mädchen haben kaum einen Wert. Sexuelle Übergriffe stehen an der Tagesordnung, häufig werden sie für die Hochzeit verkauft. „Gerade den Mädchen möchte Aanchal einen Einstieg ins Leben ermöglichen“, sagt Bergau. Einer, der vor Ort alles dafür tut, sei Pater Anil, der von Anfang an viel Kraft aufwendet, um das Vertrauen der muslimischen und Hindu-Familien und der Kinder in den Slums zu gewinnen, und unter anderem Slumschulen und ein Auffangbüro am Bahnhof von Bhopal (rund 40 Kinder werden hier jeden Monat aufgefangen) gegründet. „Sein Gespür für die Kinder ist unglaublich“, sagt Bergau.

 

Aanchal wird in Oberberg bekannt

 

Das sagt auch Bergau auch über Pater Thomas, der im Seelsorgebereich „An Bröl und Wiehl“ tätig und Mitglied der Ordensgemeinschaft CMI ist. Vor rund vier Jahren ist er es, der Bergau von Aanchal erzählt. Für die heute 62-Jährige war es eine sehr schwierige Zeit in ihrem Leben. „Pater Thomas hat mich dabei sehr unterstützt.“ So sehr, dass sie unbedingt etwas zurückgeben möchte. Der Geistliche berichtet von dem Projekt in seiner Heimat, zeigt ihr einen Film darüber. „Ich habe nur die Kinder gesehen, in welcher Armut sie leben. Wie in sich gekehrt sie sind, aber auch wie fröhlich.“

 

[Foto: Lars Weber --- Den Schmettering, das Symboltier des Projekts, haben indische Kinder für Gabriele Bergau gebastelt.]

 

Bergau beschließt zu helfen, entwirft Poster, Flyer und Infomaterial. Sie muss aber schnell feststellen, dass es damit nicht getan ist, wenn man die Menschen erreichen möchte. Im Februar 2017 stellen Pater Thomas und sie das Projekt zum ersten Mal dem Seelsorgebereich vor. Seitdem ist sie mit Herz, Seele und viel Kreativität dabei. Mit Pater Thomas stellt sie ein indisches Kochbuch zusammen, das sich 800 Mal verkauft. Willibert Pauels holt sie zur Brauchtumsmesse nach Denklingen, auch der Weiberfastnachtsnachmittag ist beliebt, wenn nicht gerade eine Pandemie ihn verhindert. Und zum indisch angehauchten Krimi-Dinner überzeugt sie Regisseur Uli Hein und andere „Amateurschauspieler“ von der Mitarbeit. Zudem ist Aanchal seit zwei Jahren offiziell als Sternsinger-Projekt anerkannt.

 

Wortbedeutung

 

Aanchal ist ein Hindi-Wort und bedeutet, dass die Mütter den Rand des Saris verwenden, um ihre Kinder vor Regen, Sonnenlicht und möglichen Gefahren zu schützen. Die implizierte Bedeutung ist hier dementsprechend Schutz, Liebe und Fürsorge.

 

Besuche vor Ort

 

Für Bergau blieb es nicht lange bei einem Projekt, das sie nur aus Flyern oder aus Erzählungen kannte. Zum ersten Mal fliegt sie mit Pater Thomas im November 2018 nach Bhopal. Der Anlass ist ein freudiger. Der Grundstein für ein Kinderheim, das rund 50 Mädchen Platz bieten soll, kann gelegt werden. Ihre Ankunft wird sie nie vergessen. „Seitdem weiß ich, was ‚großer Bahnhof‘ bedeutet“, sagt sie und lacht. Ihr Einsatz hatte sich bis nach Indien herumgesprochen. Und so stehen Pater Anil und sein Team für die oberbergischen Gäste Spalier, verteilen Blumenkränze und zeigen ihnen alles. „Die Herzlichkeit, die Hilfsbereitschaft, aber auch die Bescheidenheit im Orden. Das kann ich gar nicht beschreiben.“

 

Dreimal hat Bergau das Projekt insgesamt besucht, zuletzt bei der Einweihung des Kinderheims, bei der sie sogar das obligatorische Band durchschneiden durfte. In dieser Zeit hat sie auch viele Kinder kennengelernt, mit teils dramatischen Herkunftsgeschichten. Die Leben wurden dank Aanchal in bessere Bahnen gelenkt. „Einige der Mädchen, denen das Projekt einst half mit Bildung oder medizinischer Betreuung, unterstützen nun Aanchal als Freiwillige“, erzählt Bergau.  

 

Blick in die Zukunft

 

Die Pandemie hat auch Indien im Griff. Und sie trifft dort die Ärmsten sehr hart. Viele verloren ihren Job in den Städten und wanderten anschließend mit dem Virus im Schlepptau zurück in die Heimatdörfer. Auch dank der Soforthilfe des Seelsorgebereichs habe Pater Anil vor Ort über Wochen mehr als 500 Familien verpflegen können. Doch die Situation vor Ort ist angespannt. Die Regierung verhindere zudem, dass das fertige Kinderheim endlich bezogen wird, offiziell aufgrund der Pandemie. „Hirnrissig“, nennt Bergau das. Schließlich herrschten dort viel bessere Hygienezustände als in den Slums.

 

[Das neue Kinderheim ist eigentlich bezugsfertig. Die Regierung verhindert aber noch aufgrund der Pandemie die Nutzung.]

 

Die Episode zeige, dass noch viel zu tun ist. In Indien, aber auch für Gabriele Bergau. Rund 2.000 Kindern seien in zehn Jahren geholfen worden. Und es werden nicht weniger, die Unterstützung brauchen. Die möglichen Projekte seien vielfältig und würden gerade mit dem Katholischen Internationalen Hilfswerk Missio abgestimmt. Egal ob eine Brunnenanlage, Biogärten oder der Ausbau einer Krankenstation – nachhaltig sollten die Projekte sein. Aufgrund der Pandemie musste Bergau schon einige Termine absagen oder Ideen mindestens aufschieben. „Umso wichtiger sind gerade Einzelspenden.“ Wenn es die Pandemie aber wieder zulässt, wird Bergau wieder vorangehen. Darauf dürfen sich die Kinder in Bhopal verlassen.

 

Weitere Informationen über das Projekt und über Spendenmöglichkeiten gibt es auf der offiziellen Webseite. Auf Youtube gibt es zudem ein Video über Aanchal.

 

Weitere Artikel zum Thema:

Neues Kinderheim darf noch nicht bezogen werden

Reichshofer Hilfsprojekt in Indien mit großem Schritt

Hilfe, die ankommt

KOMMENTARE

0 von 800 Zeichen
Jeder Nutzer dieser Kommentar-Funktion darf seine Meinung frei äußern, solange er niemanden beleidigt oder beschimpft. Sachlichkeit ist das Gebot. Wenn Sie auf Meinungen treffen, die Ihren Ansichten nicht entsprechen, sehen Sie von persönlichen Angriffen ab. Die Einstellung folgender Inhalte ist nicht zulässig: Inhalte, die vorsätzlich unsachlich oder unwahr sind, Urheberrechte oder sonstige Rechte Dritter verletzen oder verletzen könnten, pornographische, sittenwidrige oder sonstige anstößige Elemente sowie Beschimpfungen, Beleidigungen, die illegale und ethisch-moralisch problematische Inhalte enthalten, Jugendliche gefährden, beeinträchtigen oder nachhaltig schädigen könnten, strafbarer oder verleumderischer Art sind, verfassungsfeindlich oder extremistisch sind oder von verbotenen Gruppierungen stammen.
Links zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
WERBUNG