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Neyetalsperre: Gewässer-Tod durch Gülleunfall?

Red; 19. Mar 2015, 14:01 Uhr
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Neyetalsperre: Gewässer-Tod durch Gülleunfall?

Red; 19. Mar 2015, 14:01 Uhr
Wipperfürth - 1.700 Kubikmeter Gülle liefen gestern in den Neyebach und in die Neyetalsperre - Umweltunfall könnte biologischen Tod der Gewässer bedeuten - Auswertung von Wasserproben steht noch aus - Polizei ermittelt (AKTUALISIERT).
Gestern Morgen gelangte Gülle in die Neye und die Neyetalsperre in Wipperfürth. Eine entsprechende Meldung ging von der Feuerwehrleitstelle des Märkischen Kreises beim Wupperverband ein. Von einem landwirtschaftlichen Betrieb in Halver (Märkischer Kreis) flossen rund 1.700 Kubikmeter Handelsgülle aus einem Behälter über eine geöffnete Leitung zunächst auf eine Wiese, sickerten in den Bach und von dort in die Talsperre, die seit 2013 unter Naturschutz steht. Der Landwirt hatte die Behörden verständigt, nachdem er den Schaden bemerkt hatte. Die Leitung wurde geschlossen.



Die Feuerwehr rückte mit 20 Kameraden und vier Fahrzeugen aus, konnte allerdings wenig gegen die schwarze, stinkende Brühe ausrichten. Das Wässern der Wiese und das Verdünnen der ausgetretenen Flüssigkeit hätte zum Einsatzzeitpunkt nichts mehr gebracht, weil die Gülle bereits versickert war. Zudem sei die nächste öffentliche Wasserentnahmestation etwa einen Kilometer weit entfernt, hieß es heute vonseiten des Märkischen Kreises. Ebenfalls vor Ort waren die Landschaftskammer, Fachleute der EWR GmbH, Eigentümer der Neyetalsperre, und des Wupperverbandes, der die Talsperre im Auftrag der EWR GmbH betreibt.

Um die Folgen des Unfalls abschätzen zu können, muss die Zusammensetzung der Gülle bestimmt werden – entsprechende Proben wurden entnommen. Wie hoch der Verschmutzungsgrad von Bach und Talsperre genau ist, wird sich erst nach Auswertung der Proben zeigen. „Es ist eine ganz schlimme Situation, weil wir nur abwarten können. Derzeit können keine Gegenmaßnahmen getroffen werden, weil sich die Gülle verteilt und nicht abgesetzt hat. Man sagte mir gestern, das Ganze sei schlimmer als ein Ölnotfall“, berichtet EWR-Pressesprecher Klaus Zehrtner. In der Betreiberfirma wurde inzwischen eine Projektgruppe gegründet, die sich mit dem Unglück befassen wird.

Obwohl noch keine endgültigen Ergebnisse vorliegen, ist schon jetzt davon auszugehen, dass Flora und Fauna der Talsperre und der Uferzone nachhaltig beschädigt sind, teilte der Wupperverband mit. Die Untere Wasserschutzbehörde des Märkischen Kreises geht davon aus, dass die betroffene Weide und ein etwa vier Kilometer langes Stück des Neyebachs biologisch tot sind. Es könne ein Jahr lang dauern, bis sich der Bereich durch Regenfälle und Verdünnung regeneriere. Zehrtner berichtet, dass auch Fischlaich und Jungtiere in den flachen Bereichen der Talsperre mit hoher Wahrscheinlichkeit getötet wurden. „Die Fische werden nicht mehr da sein. Darüber hinaus ist der Naturkreislauf zerstört. Die Neyetalsperre ist jetzt ein totes Gewässer, eine Kloake. Es wird Jahre dauern, bis die Schäden beseitigt sind“, wird auch Henning Rauschert, Fischereibeauftragter der EWR, zitiert.

Die Behörden werden den Vorfall nun weiter untersuchen und vom Wupperverband sowie der EWR GmbH unterstützt. Die Schuldfrage soll geklärt werden und der Verursacher der Verschmutzung gefunden werden. Weshalb die Leitung des Güllebeckens nicht geschlossen war und wer sie geöffnet hat, steht noch nicht fest. Die Kriminalpolizei hat ihre Arbeit aufgenommen und ermittelt in alle Richtungen. „Es wäre spekulativ, jetzt Angaben zu machen. Wir müssen die nächsten Tage und Wochen abwarten“, sagte Polizeisprecher Marcel Vormann.

Die Neyetalsperre wird seit 2004 nicht mehr für die Trinkwasserversorgung genutzt und würde nur bei akuter Wasserknappheit angezapft, was allerdings seit Jahren nicht mehr geschehen ist. Wupperverband und EWR betonen, dass die Trinkwasserversorgung der bergischen Städte in keinster Weise von dem aktuellen Vorfall betroffen ist. In den Einzugsgebieten von Trinkwassertalsperren gäbe es zudem seit vielen Jahren eine gut funktionierende Kooperation zwischen Landwirtschaft und Wasserwirtschaft. Die Landwirte wurden für die Belange des Gewässerschutzes sensibilisiert. Ein Berater der Landwirtschaftskammer unterstützt sie bei verschiedenen Fragestellungen, zum Beispiel der Düngeplanung. „Daher geht der Wupperverband davon aus, dass es sich bei dem Ereignis an der Neye um einen Einzelfall handelt, der EWR und Wupperverband sehr betroffen gemacht hat“, hieß es weiter.
  
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