BLAULICHT

„Cybergrooming“: Waldbröler (58) versendet Nacktfoto an (vermeintliches) Kind

pn; 29.11.2024, 06:00 Uhr
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Symbolfoto: cottonbro studio auf Pexels
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„Cybergrooming“: Waldbröler (58) versendet Nacktfoto an (vermeintliches) Kind

pn; 29.11.2024, 06:00 Uhr
Waldbröl - In Wahrheit ging der Mann Spezialisten des LKA ins Netz - Das Amtsgericht Waldbröl verurteilte ihn nun zu einer Bewährungsstrafe.

Von Peter Notbohm

 

Melanie ist zwölf Jahre alt. Sie ist Fan von Taylor Swift und liebt Tiere. Da sie aktuell krank im Bett liegt, treibt sie sich online auf Chatplattformen herum. Das schreibt sie zumindest Armin S. (Anm.d.Red.: Name geändert), als der das Kind am 6. November des vergangenen Jahres auf einer dieser Plattformen anschreibt. Der Waldbröler gibt sich selbst als 33-Jähriger aus, ist in Wahrheit aber bereits 58 Jahre alt.

 

Nach zunächst unverfänglichen Nachrichten bittet er Melanie um ein Treffen in Krefeld. Er fragt sogar noch, ob das Mädchen der Altersunterschied von 21 Jahren stören würde. Sie reagiert mit einer Gegenfrage, ob es ihn störe. Das tut es nicht. Er wolle sie küssen, schreibt er. Kurze Zeit später sendet er der Zwölfjährigen unaufgefordert ein Nacktfoto von sich, obwohl Melanie das mit dem bekannten Affen-Emoji, das sich die Augen zuhält, eigentlich sogar abgelehnt hatte.

 

Damit ist die Falle zugeschnappt: Der Waldbröler fragt noch, ob dem Mädchen das Foto gefallen habe, der Chat bricht aber abrupt ab. Denn in Wahrheit steckt hinter Melanie ein Beamter des Düsseldorfer Landeskriminalamtes (LKA). Spezialisten haben sich Ende 2023 in einer konzentrierten Aktion über zwei Wochen als sogenannte „Scheinkinder“ ausgegeben, um gegen das sogenannte „Cybergrooming“ vorzugehen. Das Ergebnis: 93 Ermittlungsverfahren.

 

Diese Woche musste sich Armin S. nun am Amtsgericht Waldbröl verantworten. Die Staatsanwaltschaft warf ihm die Verbreitung pornografischer Schriften mit versuchtem sexuellem Missbrauch ohne Körperkontakt vor. Der 58-Jährige zeigte sich geständig: „Ich weiß, dass ich einen Fehler gemacht habe. Das wird nie wieder vorkommen.“

 

Richter Carsten Becker, dem Vorsitzenden des Schöffengerichts, reicht das allerdings nicht aus. Er bohrt nach. Echte Antworten bekommt er aber nur selten. Weder, warum sich Armin S. unter einem falschen Profil ausgegeben hat, noch was er sich von dem Versenden des Nacktfotos versprochen hat. Was der Angeklagte versichert: Er habe keine Gegenleistung erwartet und auch bei einem etwaigen Treffen wäre nichts passiert.

 

Es sei für ihn auch nichts Tolles gewesen, das Foto zu versenden, behauptet er. Die Aufnahme habe bereits existiert, er habe es schon einmal einer Bekannten zugeschickt. Sein Verteidiger springt ihm zur Seite: „Wir wollen nichts beschönigen, aber es gibt deutlich schlimmere Fotos, die man in diesem Zusammenhang finden kann.“ Auch den damaligen Alkoholkonsum wolle man nicht als Ausrede heranführen.

 

Armin S. hat noch Glück: Weil es sich bei Melanie um kein echtes Kind, sondern um einen LKA-Beamten gehandelt hat, ist nur der versuchte Missbrauch angeklagt. Gegen ihn spricht, dass er als Bewährungsversager gilt, weil er wegen diverser Körperverletzungs- und Diebstahlsdelikte schon mehrfach im Gefängnis saß. Für ihn spricht: Er hat inzwischen ein festes soziales Umfeld (seine Freundin saß mit im Gerichtssaal, auch ein Job steht in Aussicht) aufgebaut, er hat krankheitsbedingt mit dem Trinken aufgehört und Ermittler fanden auf seinen Computern und Handys keine weiteren Bilder.

 

Das Schöffengericht verurteilt ihn schließlich zu einer achtmonatigen Bewährungsstrafe und folgt damit dem Antrag der Staatsanwaltschaft. An Armin S. richtet der Vorsitzende klare Worte: „Sie haben selbst Stieftöchter. Was hätten sie davon gehalten, wenn die solche Fotos bekommen hätten? Das ist ekelhaft!“

 

Von der Auferlegung von Auflagen sah das Gericht ab, da der Waldbröler bereits einiges in seiner persönlichen Entwicklung erreicht habe, man bei ihm ohnehin kein Geld holen könne und auch soziale Einrichtungen solche Täter ungern für Sozialstunden aufnehmen. Die Bewährungszeit beträgt vier Jahre, rechtskräftig ist das Urteil noch nicht.

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