Oberberg – Innenminister Herbert Reul hat den Verfassungsschutzbericht 2024 vorgestellt – Landesweit und auch im Oberbergischen steigen die Fallzahlen.
Der Extremismus hat sich gewandelt und ist moderner geworden. Davon ist NRW-Innenminister Herbert Reul überzeugt. Vergangene Woche Mittwoch hat der Minister den Verfassungsschutzbericht 2024 vorgestellt. Auf mehr als 350 Seiten hat der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung beschrieben – darunter auch den Links- und Rechtsextremismus. Die Fallzahlen steigen – landesweit und auch im Oberbergischen.
Laut Verfassungsschutz würden Jugendliche und junge Erwachsene zunehmend in den Fokus von Extremisten rücken. Insgesamt sei die rechtsextremistische Szene jünger und moderner geworden. Die Radikalisierung finde immer öfter online statt. Mobilisiert würden viele Menschen insbesondere über die sozialen Medien. „Rechtsextremisten haben es auf unsere Demokratie abgesehen. Extremisten mobilisieren junge Leute und erreichen im Netz enorme Reichweiten“, sagte Reul.
2024 wurden im Bereich Rechtsextremismus landesweit 5.461 Straftaten erfasst. Das ist ein Plus von rund 54 Prozent. 2023 waren es dem Bericht zufolge noch 3.549 Straftaten gewesen. In 78 Prozent der Fälle soll es sich um Propagandadelikte (3.511) und Volksverhetzung (839) gehandelt haben. Die Anzahl der Gewaltdelikte durch rechtsmotivierte Tatverdächtige stieg mit 154 Straftaten gegenüber dem Vorjahr (2023: 116 Straftaten) um 33 Prozent an.
„Der Rechtsextremismus bleibt die größte Bedrohung für unser demokratisches Zusammenleben. Rechtsextremisten halten sich durch Hass und Hetze am Leben“, so Herbert Reul. Außerdem sagte der Minister: „Wir sehen, dass er sich modernisiert hat – heute weniger Glatze und Springerstiefel, dafür Sneaker und Active Clubs. Das ist nur alte Ideologie in neuem Gewand. Davon dürfen wir uns aber nicht täuschen lassen.”
Die Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat dem Landtagsabgeordneten Marc Zimmermann zufolge beim nordrhein-westfälischen Innenministerium die Zahlen für den Oberbergischen Kreis erfragt. Demnach soll die Polizei im Jahr 2024 im Oberbergischen 57 politisch rechts motivierte Straftaten erfasst haben, 2023 sollen es noch 42 Straftaten gewesen sein (plus 36 Prozent). Auch hier handelte es sich hauptsächlich um Propagandadelikte (41) und Volksverhetzungen (9), weitere Straftaten wie gegen das Versammlungsgesetz oder Beleidigungen tauchen in der Statistik nur vereinzelt auf.
„Die hohe Zahl der rechtsextrem motivierten Straftaten ist alarmierend. Es ist beschämend und muss ein Weckruf sein, dass auch hier bei uns im Oberbergischen Kreis die Zahl der Taten gestiegen ist“, sagte Marc Zimmermann. „Neben einer konsequenten Strafverfolgung müssen auch wir Bürgerinnen und Bürger uns dem Hass und der Hetze entgegenstellen. Bei uns im Oberbergischen darf kein Platz für Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus sein“, meinte der Landtagsabgeordnete.
Im Bereich des Linksextremismus wurden dem Verfassungsschutzbericht zufolge landesweit rund 1.200 Straftaten erfasst. Im Jahr zuvor wurden 1.187 Straftaten gezählt. Dabei soll es sich bei vielen Straftaten um Widerstandsdelikte gehandelt haben. Linksextremisten sollen zum Teil gewaltsame Proteste durchgeführt haben. Verzeichnet wurden 86 Gewaltdelikte. Ziel dieser Aktivitäten soll gewesen sein, über anschlussfähige politische Brennpunktthemen zivildemokratischen Protest zu radikalisieren und linksextremistische Ideologie in das bürgerliche Spektrum zu tragen.
Mit Blick auf das Oberbergische hat OA bei der Polizei Köln Zahlen zu linksextremistischen Straftaten erfragt. Wie ein Sprecher der Kölner Polizei heute mitteilte, soll es 2023 im Oberbergischen 52 Straftaten im Bereich des Linksextremismus gegeben haben. 2024 ist der Wert auf 85 Straftaten gestiegen (plus 63 Prozent). Widerstandsdelikte und Körperverletzungsdelikte soll es dabei nicht gegeben haben.
Den größten Posten soll es beim Verbreiten von Propagandamitteln und/oder der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen gegeben haben. Hierzu soll es im vergangenen Jahr 46 Straftaten gegeben haben (2023: 34). Den zweitgrößten Posten soll es bei der Volksverhetzung gegeben haben. 15 Straftaten wurden dazu 2024 gezählt (2023: 12). Weitere Deliktsarten wie Beleidigung, Sachbeschädigung und Verstöße gegen versammlungsrechtliche Verbote sollen im Oberbergischen im einstelligen Bereich gelegen haben.
„Dass wir in Freiheit und Frieden, demokratisch und rechtsstaatlich leben, ist nicht selbstverständlich“, meinte Herbert Reul. Der Verfassungsschutz hat dem Innenminister zufolge auch 2024 rund um die Uhr Extremismus und Terrorismus bekämpft und sich „für unsere Demokratie“ eingesetzt – denn: „Mehr denn je sind wir gefragt, für unsere Demokratie einzustehen.“
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