BLAULICHT

„Die Polizei ist über das Ziel hinausgeschossen“

ls; 30.08.2024, 15:00 Uhr
BLAULICHT

„Die Polizei ist über das Ziel hinausgeschossen“

ls; 30.08.2024, 15:00 Uhr
Gummersbach - Engelskirchener musste sich heute unter anderem wegen Fahrerflucht beim Amtsgericht verantworten - Seinen Führerschein hat er trotz Freispruchs noch nicht zurück.

Von Leif Schmittgen

 

Einzig die Ereignisse, die sich am 23. September bei Engelskirchen-Rommersberg an der Leppestraße zugetragen haben, waren bei der heutigen Verhandlung beim Gummersbacher Schöffengericht unstrittig. Laut Anklageschrift waren zwei Mercedes miteinander kollidiert. Der Unfallverursacher hatte vorsätzlich den am Straßenrand abgestellten Wagen gestreift, setzte anschließend zurück und rammte die Front des Mercedes. Anschließend machte sich der Fahrer aus dem Staub. Schaden: 8.000 Euro.

 

Wer an diesem Tag aber hinter dem Steuer gesessen hat, konnten weder das Gericht noch die Zeugen klären. Der Beschuldigte Mustafa Z. (Anm. d. Red.: Name geändert) bestritt die Vorwürfe der Sachbeschädigung und Fahrerflucht vehement und legte dem Vorsitzenden Richter Ulrich Neef sogar noch eine Krankschreibung für besagten Tag auf den Tisch. Er sei am Tag zuvor an den Krampfadern operiert worden und habe sich zur Unfallzeit noch im Krankenhaus befunden. Das hatte auch die Ehefrau des Angeklagten dem später Geschädigten mitgeteilt, der Z. wegen Geldschulden zur Rede stellen wollte, aber an der Haustür abgewiesen wurde. Daraufhin setzte sich der in sein Auto und fuhr davon. An der Leppestraße stoppte er, um eine Zieladresse in sein Navigationssystem einzugeben und die Ereignisse nahmen ihre Lauf.

 

Weder eine Unfallzeugin noch der Geschädigte konnten heute die Identität des Fahrers bestätigen. Das Unfallopfer hatte Mustafa Z. damals bei der Polizei als möglichen Verursacher angegeben. Noch am selben Abend war der Angeklagte auf der Wache erschienen, um die Vorwürfe aus der Welt zu schaffen. Zu seiner Verwunderung sei sofort sein Führerschein einkassiert worden, da er laut Polizeibeamten als „Beschuldigter“ in der Akte geführt wurde. „Die Polizei ist über das Ziel hinausgeschossen und hat zu einseitig ermittelt“, sagte der Verteidiger heute. Der wirtschaftliche  Schaden für seinen Mandanten sei immens, er habe einen Fahrer engagieren müssen, um seine Selbstständigkeit weiter ausüben zu können. Keiner seiner 14 Mitarbeiter habe trotz intensiver Befragung durch ihren Chef zugegeben, sich hinter das Steuer gesetzt zu haben.

 

Staatsanwalt und Verteidiger plädierten gleichermaßen auf Freispruch, dem Neef und die Schöffen im Urteil nachkamen. Zudem wird der 44-jährige Engelskirchener für seinen fast einjährigen Führerscheinentzug finanziell durch die Staatskasse entschädigt. Die Fahrerlaubnis hat Z. trotzdem noch nicht zurück. Das Dokument war im Aktenwust der Staatsanwaltschaft abhandengekommen. Mit eigens durch Neef ausgestellter Bescheinigung darf sich der Freigesprochene ab sofort nun trotzdem wieder hinters Steuer setzen.

WERBUNG