BLAULICHT

Eigener Sohn misshandelt schwangere Mutter

pn; 20.01.2024, 12:25 Uhr
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Symbolfoto: Pixabay.
BLAULICHT

Eigener Sohn misshandelt schwangere Mutter

pn; 20.01.2024, 12:25 Uhr
Reichshof – Zu einer Bewährungsstrafe wurde am Amtsgericht Waldbröl ein 21-jähriger Reichshofer verurteilt – Täter begründet sein Handeln mit Angst um seinen Hund.

Von Peter Notbohm

 

Sein Hund ist sein Heiligtum. Daran ließ Lino K. (Anm.d.Red.: Name geändert) vor Gericht keinen Zweifel aufkommen. Ansonsten wirkten seine Aussagen allerdings vollkommen sprunghaft, teils konnte man das Gefühl gewinnen, dass der 21-jährige Reichshofer selbst nicht wusste, was er gerade von sich gab. Verurteilt wurde er vom Jugendgericht zu einer Bewährungsstrafe, einer Suchtberatung und Sozialstunden.

 

Angeklagt war er u.a., weil er im April des vergangenen Jahres seine damals schwangere Mutter (10. Woche) in den Bauch geschlagen und getreten haben soll. Auch seinen Vater soll er nur drei Tage später misshandelt haben. Weitere Vorwürfe: Am 15. Mai soll er nachts im Rahmen einer Routinekontrolle mit einem illegalen Schlagring und einem Gramm Marihuana an einer Bushaltestelle aufgegriffen worden sein. Im Juni soll er in mindestens zwei Fällen gegen das durch seine getrennt lebende Mutter erwirkte Kontaktverbot verstoßen und sie dabei beleidigt und bedroht haben. Zusätzlich soll er seinen Vater erneut geschlagen haben.

 

Außerdem soll er Ende Juli eine Cola-Flasche über der Schlafmatratze des 59-Jährigen ausgeleert haben – aus Rache, weil er dachte von ihm in der gemeinsamen Wohnung eingesperrt worden zu sein. Für Richter Carsten Becker stellte sich die Aufklärung der Vorwürfe durchaus kompliziert da: Der Angeklagte, der ohne Anwalt erschienen war, wechselte ständig zwischen Halb-Geständnissen, Lügenvorwürfen und bizarren Aussagen hin und her.

 

Die Misshandlungen seiner Mutter stritt er vollkommen ab: „Das ist alles gelogen.“ Er habe sie nur beleidigt, weil sie seinen Hund in die Ohren gekniffen habe, nachdem dieser nicht aufgehört habe zu bellen. Vielmehr habe er sie nur weggeschubst, nachdem sie auch ihn habe kneifen wollen: „Alles weitere war Schauspielerei von ihr.“ Im weiteren Verlauf räumte er zumindest eine Backpfeife ein. Seine Begründung: „Sie hat mit ihren Fingernägeln meinen Hund umklammert und ich sah ihn platzen wie eine Tüte Chips.“

 

Nicht weniger skurril waren seine Aussagen zu den weiteren Vorwürfen. Den Besitz des Schlagsrings räumte der 21-Jährige, forderte diesen aber genauso wie die Drogen zurück. Auch das Ausgießen der Cola gestand er - „aus Wut“. Seinen Vater geschlagen haben wollte er dagegen nie: „Ich kann mich an keinen Streit erinnern.“

 

Possenhaft wurde es anschließend: Sein Vater wollte zu allem schweigen, sagte lediglich, dass sein Sohn „leider bei mir lebt“. Dem Reichshofer passte das allerdings überhaupt nicht und fragte beim Gericht nach, ob man ihn nicht zwingen könne, auszusagen, was der nach Rücksprache mit seinem Sohn sogar tat. Allerdings nicht zu seinen Gunsten: Er erzählte dem Gericht, dass Lino K. täglich nach Geld verlange, ihn schon mehrfach geschlagen habe und er Angst vor ihm habe. „Er ist so seit er Drogen nimmt.“ Der 21-Jährige selbst bekannte, dass er nur von den Geldgeschenken seiner Eltern lebe und noch nie Bürgergeld beantragt habe.

 

Auch seiner Mutter war deutlich anzumerken, dass sie zwischen Mutterliebe und Gerechtigkeitssinn hin und hergerissen ist. Sie berichtete von Schlägen und Tritten. Sie habe eine Gehirnerschütterung erlitten, sich deshalb auch übergeben müssen und habe panische Angst um ihr ungeborenes Kind gehabt. Mehr als eine Therapie für ihren Sohn forderte sie aber nicht.

 

Als der Richter Lino K. fragte, was er derzeit beruflich mache, verfiel dieser abermals in seine eigene Welt. Er träume von der Zukunft das Beste, meinte er: „Ich bin ein vernünftiger Mensch, der Marihuana nimmt. Mein einziges Drogenproblem ist, dass ich keine eigene Wohnung und keinen Job habe.“

 

Während der Staatsanwalt anschließend u.a. wegen gefährlicher Körperverletzung eine achtmonatige Bewährungsstrafen, 100 Sozialstunden und eine Therapie fordert, sinnierte der 21-Jährige in seinem Plädoyer darüber, dass 100 Sozialstunden viel zu viel für etwas seien, von dem er nicht einsehe, schuldig zu sein: „Ich bin nur schuldig, Marihuana zu konsumieren. Das ist nicht kräftig genug, schließlich bin ich nirgends eingebrochen und habe nichts kaputt gemacht.“

 

Richter Becker sprach in seinem Urteil nur von der Spitze eines Eisbergs, beließ es aber dennoch bei einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe, 80 Sozialstunden und einer verpflichtenden Suchtberatung. Vor allem, weil das Gericht dem Reichshofer den Tritt nicht nachweisen konnte, überzeugt war der Vorsitzende trotzdem, dass Lino K. dringend Hilfe benötige. Die Bewährungszeit beträgt zwei Jahre, das Urteil ist bereits rechtskräftig.

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