BLAULICHT
Es kracht wieder häufiger auf Oberbergs Straßen
Oberberg – Annäherung an die Zahlen von 2019 – Mehr Kinder in Unfälle involviert – Zahl der Todesopfer sinkt – Sehr gute Aufklärungsquote bei Unfallfluchten.
Von Lars Weber
Wenn man auf die polizeilichen Statistiken schaut, dann hatte die Zeit der Pandemie mit ihren Einschränkungen und Maßnahmen auch ihre guten Seiten. Denn sowohl die Kriminalitäts- als auch die Verkehrsunfallstatistik fielen in den vergangenen Jahren positiver aus als zuvor. Nachdem sich vor zwei Wochen an der Zahl der begangenen Straftaten im Jahr 2022 schon zeigte, dass die Statistik sich den Jahren vor der Pandemie anpasst (OA berichtete), trifft dies auch für die Unfallstatistik zu. Diese ist heute von Landrat Jochen Hagt und Michael Greb, Leiter der Verkehrsdirektion bei der Oberbergischen Polizeibehörde, vorgestellt worden. Insgesamt stieg das Verkehrsunfallgeschehen um 7,1 Prozent an. Es gab mit 7.030 Unfällen klar mehr als 2020 und 2021 (6.800 und 6.562), aber noch nicht so viele wie vor der Pandemie, als mehr als 8.000 Unfälle registriert wurden. Gestiegen ist auch die Zahl der Schwerverletzten (von 237 auf 264). Dafür sank die Zahl an Verkehrstoten (von 13 auf 8).
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[Grafiken: Polizei OBK.]
Hagt betonte mit Blick auf die Zunahme, dass man von Rekordzahlen komme, die vor allem durch mehr Home-Office-Nutzung und weniger Freizeitangeboten profitierten. Dass die Zahlen noch moderat gestiegen sind, macht er auch daran fest, dass die generelle Home-Office-Quote gestiegen ist. Während er damit zufrieden sei, dass die Zahl der Toten wieder gesunken ist, ist Hagt von dem überproportionalen Anstieg von 20 Prozent bei den Verunglückten (von 863 auf 1.032) nicht begeistert. In diesem Zusammenhang schauten Hagt und Greb auf einige Trends und klassische Probleme auf den Straßen im Kreis:
Motorräder
Die Wahrscheinlichkeit, mit einem Motorrad im OBK zu verunglücken, ist aufgrund der Vielzahl an außerörtlichen Strecken weiterhin fast doppelt so hoch wie im Landesschnitt. 92 Unfälle wurden 2022 registriert, 16 mehr als 2021 (2019: 90, 2020: 102). Das Niveau hat sich hier gehalten. Dennoch gab es etwas sehr Positives. Bei den 92 Unfällen gab es kein Todesopfer zu beklagen. Weiterhin passieren die meisten Vorfälle in Radevormwald und Wipperfürth (mehr als 30 Unfälle), weiterhin haben mehr als die Hälfte ein auswärtiges Kennzeichen (65 Prozent).
Pedelecs
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Während der Pandemie gab es einen regelrechten Pedelec-Boom. Immer mehr dieser Räder kommen auf die Straßen. Und so wundert es nicht, dass die Statistik hier – ganz ohne „Corona-Delle“ – nur eine Richtung kennt. Von 22 Unfällen 2018 ist die Zahl inzwischen auf 82 angestiegen. Im Vorjahr wurden 57 gezählt. Dabei geht Greb noch von einer Dunkelziffer aus, wo schlicht keine Polizei oder Krankenwagen nach einem Sturz anrücken musste, sondern die Verunfallten selbst zum Arzt gefahren sind. Die Fahrer unterschätzten häufig die Geschwindigkeit und auch das Gewicht der Räder, so Hagt und Greb. Die Polizei betreibe hier zum Beispiel im Senioren-Kino Aufklärung (Anteil dieser Gruppe an den 78 Verunglückten: 20). Es werde aber auch mit dem ADFC an Trainingsmöglichkeiten gearbeitet. Bei den Verunglückten seien häufig Kopfverletzungen die Folge gewesen. „19 Prozent waren ohne Schutzhelm unterwegs“, sagte Hagt. „Dabei kann dieser eine Lebensversicherung sein.“
Beteiligte Kinder
53 verunglückte Kinder bis 14 Jahre gab es 2022 (2021: 22). 23 Kinder, die zu Fuß unterwegs waren, hatten einen Unfall (2021: 9) und 26, die auf dem Rad saßen (2019: 9). „Das gefällt mir gar nicht“, so Hagt, der gemeinsam mit Greb auch die ausgebliebenen Verkehrserziehungsmaßnahmen von Kitas, Schulen und Polizei als eine Ursache sieht. Diese konnten während der Pandemie teils gar nicht durchgeführt werden. „Da gibt es ein Loch, das wir füllen müssen“, so Hagt. Allerdings nahm er auch die Eltern in die Pflicht, ihren Kindern das Verhalten im Straßenverkehr zu erklären.
Unfallursachen
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An der Spitze behauptet hat sich der fehlende Abstand (von 250 auf 278). „Der schnelle Blick auf das Handy kann je nach Geschwindigkeit schon locker eine Strecke von 50 bis 100 Metern ausmachen“, erklärte Greb. „Das können wir so nicht laufen lassen“, sagte Hagt und kündigte noch schärfere Kontrollen an. Was Ablenkung betrifft, war die Zahl der Kontrollmaßnahmen im vergangenen Jahr gesunken. Gestiegen sind sie bei Geschwindigkeitskontrollen, gerade außerorts. Erhöhte Geschwindigkeit war dann auch etwas seltener Unfallursache (von 213 auf 181).
Einen Anstieg gab es bei der Ursache „Vorfahrt“ (von 170 auf 229). Dabei hat die Polizei veränderte verkehrliche Situationen festgestellt, die zu Unfallschwerpunkten führten. So wurde beispielsweise in Wipperfürth Lamsfuß die Stelle an der B 506, wo diese mit der L 229 kreuzt, baulich entschärft. Greb hofft zum Beispiel auch in Reichshof-Pochwerk mit einer baulichen Entschärfung.
Flucht vom Unfallort
Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort ist zum zweiten Mal in Folge gestiegen und liegt jetzt wieder auf dem Niveau vor der Pandemie. 1.369 Mal fuhren Personen einfach davon oder flüchteten auf anderem Wege. „Das ist für mich unverständlich“, sagte Greb mit Verweis auf die Versicherung, die jeder haben sollte. Die Aufklärungsquote liegt immerhin bei 47,61 Prozent. Bei Unfallfluchten mit Personenschäden als Folge liegt die Aufklärungsquote sogar bei um die 80 Prozent – damit ist die Polizeibehörde unter den Top Drei im Land. „Da zeigt sich das Engagement der Kollegen“, lobte Hagt.
