BLAULICHT

Mordprozess: Der einzige Augenzeuge kann nicht sprechen

pn; 15.09.2023, 12:40 Uhr
Foto: Lars Weber: Der Angeklagte zusammen mit seiner Rechtsanwältin Petra Eßer.
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Mordprozess: Der einzige Augenzeuge kann nicht sprechen

pn; 15.09.2023, 12:40 Uhr
Gummersbach/Köln – Im Verfahren gegen einen 22-Jährigen aus Gummersbach, der seinen Opa (83) ermordet haben soll, wurden am Landgericht Köln heute die Aufzeichnungen der Überwachungskameras gezeigt.

Von Peter Notbohm

 

Im Prozess um die mutmaßliche Ermordung eines 83-jährigen Gummersbachers durch seinen Enkel (22) und der schweren Brandstiftung an dessen Haus am 13. Juli des vergangenen Jahres wurden am Freitag mehrere Aufzeichnungen von den am und im Haus installierten Überwachungskameras in das Verfahren eingeführt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem jungen Gummersbacher vor, seinen Großvater mit einem Schlafmittel geschwächt und anschließend seine Wohnung angezündet zu haben (OA berichtete). Der Rentner war am Folgetag an den Folgen einer Rauchgasvergiftung in einem Krankenhaus verstorben.

 

Schon am zweiten Prozesstag (OA berichtete) hatte das Gericht Screenshots von den Kameraaufnahmen gezeigt, nun gab es auch Bewegtbilder. Darauf mehrfach zu sehen der wahrscheinlich einzige Augenzeuge des gesamten Geschehens: der Familienhund. Das Tier macht es sich auf den Aufnahmen vom Tattag zwischen 9:13 und 12:06 Uhr immer wieder im Treppenhaus bequem, wirkt aktiv und bellt auch mehrfach den Angeklagten Daniel H. (Anm.d.Red.: Name geändert) an, der immer wieder zu sehen ist, wie er das Haus betritt und verlässt.

 

Die entscheidende Sequenz beginnt laut Zeitstempel der Kameras um 12:02 Uhr: Hier verlässt Daniel H. letztmalig vor dem Brand das Haus. Vier Minuten später blickt der Hund neugierig in das Wohnzimmer, wo das 83-jährige Opfer mutmaßlich auf seinem Fernsehsessel sitzt – am oberen Rand des Bildes sieht man bereits erste leichte Rauchschwaden, vor denen der bellende Vierbeiner sofort ins Obergeschoss flüchtet. Nur 30 Sekunden später, um 12:07 Uhr, erkennt man auf den Videoaufnahmen durch den dichten schwarzen Rauch kaum noch etwas, weitere 30 Sekunden später schlagen Flammen aus dem Wohnzimmer. Der Hund wurde damals von den Rettungskräften gerettet.

 

Zu den Videoaufnahmen schweigt der Angeklagte weiterhin, auch zu den Aufnahmen der beiden Außenkameras, die zeigen, wie Daniel H. seinen Opa um 12:22 Uhr – kurz nach dem Eintreffen der ersten Feuerwehreinheiten - aus dem Haus zieht und anschließend ruhig neben ihm sitzend verfolgt, wie Notärzte um das Leben des 83-Jährigen kämpfen, während seine Schwägerin, die damals, während das Haus brannte, völlig aufgelöst von Passanten getröstet werden muss. Einziges Statement der Verteidigung zu den Aufnahmen: „In der ersten Sequenz um 9:13 Uhr hat man gesehen, dass der Opa den Flur mit brennender Zigarette durchquert.“ Die beiden Verteidigerinnen pochen auf die Unschuld ihres Mandanten, gehen vielmehr von einem tragischen Unfall aus.

 

Fortgesetzt wird der Prozess Anfang Oktober. Dann will das Gericht zwei Feuerwehrleute aus Gummersbach und Engelskirchen vernehmen sowie den Gutachter, der den Schadensbericht für das Haus erstellt hat. Wahrscheinlich soll auch der psychiatrische Gutachter erstmals über den Angeklagten berichten.

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