BLAULICHT

Prozess eingestellt: Opfer kann Täter nur teilweise identifizieren

pn; 15.07.2023, 07:00 Uhr
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Prozess eingestellt: Opfer kann Täter nur teilweise identifizieren

pn; 15.07.2023, 07:00 Uhr
Waldbröl - Schlägerei an der Aldi-Brücke im vergangenen Frühjahr bleibt unaufgeklärt - Verfahren gegen zwei Iraker eingestellt.

Von Peter Notbohm

 

Schon einige Minuten bevor Richter Carsten Becker das Verfahren gegen zwei irakische Brüder (17 und 20) einstellte, verließ Stefan T. den Gerichtssaal des Waldbröler Amtsgerichts. Der 23-jährige Waldbröler war am 12. April des vergangenen Jahres von drei Männern an der sogenannten Aldi-Brücke am Promenadenweg rücksichtslos zusammengeschlagen und -getreten worden. Er hatte dabei Prellungen und Schürfwunden am Kopf erlitten.

 

Dass es dennoch zu keiner Verurteilung kam, lag auch an seiner Aussage vor Gericht. Denn dort erkannte er nur einen der mutmaßlichen Täter wieder und bescheinigte diesem zudem den geringsten Tatbeitrag. Auch zu seinen genauen Verletzungen konnte er nicht viel sagen, da er nie einen Arzt aufgesucht hatte.

 

Ursprünglich waren drei junge Männer wegen der Schlägerei durch die Staatsanwaltschaft wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt worden. Einer der Angeklagten, ein Mann aus Hennef, erschien – im Gegensatz zu seiner Verteidigerin – allerdings gar nicht erst. Sein Verfahren wurde abgetrennt und gegen ihn ein Strafbefehl in Höhe von 90 Tagessätzen erlassen. Viel mehr als die beiden Mitangeklagten Emad L. und Firas L. hätte er vermutlich aber auch nicht gesagt. Die beiden Brüder verteidigten sich schweigend.

 

Man habe sich eher zufällig zu einer Gruppe von sieben oder acht Personen an jenem Tag in der Nähe des Rewe-Parkplatzes zusammengefunden, erinnerte sich Stefan T. an den Frühlingssamstag im vergangenen Jahr. Obwohl er die anderen Männer nicht gekannt habe, hätten er und ein ehemaliger Schulfreund den Nachmittag mit ihnen verbracht, gechillt und ein wenig Alkohol konsumiert. Ob auch Drogen im Spiel gewesen seien, konnte er nicht sagen. Als sich die Gruppe irgendwann am späten Abend auflöste, sei der 23-Jährige mit drei weiteren Männern in Richtung der Aldi-Brücke gegangen.

 

„Dort hat einer der drei dann ein Mädchen angesprochen und es wurde schnell lauter“, erinnerte sich Stefan T. an die Situation zurück. Er habe dazwischen gehen wollen. Daraufhin sei er sofort von Firas L. – der einzige Angeklagte, den er zweifelsfrei identifizieren konnte - am Kragen gepackt worden. Nachdem er sich dagegen gewehrt habe, sei die Situation eskaliert. Er sei zu Boden gerungen worden, anschließend hätten die anderen beiden Männer begonnen, auf ihn einzuschlagen und einzutreten. Ob Firas L. dabei immer noch mitgemacht habe, wollte dessen Verteidiger wissen? „Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen, eher nicht. Ich war aber auch zu sehr damit beschäftigt, mich aus der Situation zu retten“, so der Waldbröler.

 

Das gelang ihm kurz darauf auch, er sei in Richtung des Busbahnhofs geflüchtet und habe anschließend sofort die nahegelegene Polizeiwache aufgesucht. Im Rahmen einer unmittelbar eingeleiteten Fahndung trafen die Polizisten aber nur noch Emad L. und die junge Frau an, die sich vor Gericht als Freundin des 17-jährigen Angeklagten entpuppte. Die 19-Jährige, die von Stefan T. ebenfalls nicht wiedererkannt wurde, machte von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch, da sie bei der Schlägerei anwesend gewesen war.

 

Aus Sicht des Schöffengerichts blieb damit zu viel im Dunkeln, um ein Urteil fällen zu können. Nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft wurde zunächst das Verfahren gegen Emad L. eingestellt. Im Hinblick auf eine frühere Verurteilung wurden dabei seine Bewährungsauflagen angepasst; er bekam die Auflage eine Suchtberatung zu besuchen. Das Verfahren gegen seinen Bruder, der ebenfalls noch unter Bewährung steht, wurde dagegen wegen Geringfügigkeit eingestellt. Er habe zwar die Auseinandersetzung begonnen, das Opfer habe aber keine schweren Verletzungsfolgen gehabt und diese seien laut der Aussage des 23-Jährigen auch nicht von ihm ausgegangen, erklärte der Vorsitzende die Gründe.

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