BLAULICHT

Drogenabhängiger soll zwei junge Frauen mit Pistole bedroht haben

pn; 31.03.2020, 13:15 Uhr
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BLAULICHT

Drogenabhängiger soll zwei junge Frauen mit Pistole bedroht haben

pn; 31.03.2020, 13:15 Uhr
Waldbröl - Prozessstart am Amtsgericht Waldbröl - 43-Jährigem wird zudem Tierquälerei, Einbruch und unerlaubter Waffenbesitz vorgeworfen.

Von Peter Notbohm

 

Kurz vor Ende des ersten Prozesstages am Waldbröler Amtsgericht schlug Peter-René Gülpen, der Strafverteidiger von Roman K. (Anm. d.Red.: Alle Namen verändert) fast ein wenig verzweifelt die Hände vor dem Kopf zusammen. Zwar hatte sein Mandant mehrere der Anklagevorwürfe bezüglich des Tragens und Besitzes mehrerer Waffen bereits zugegeben, zum Hauptvorwurf, zwei Frauen mit einer Pistole bedroht zu haben, aber durchweg geschwiegen. Erst in einem seiner letzten Sätze rutschte dem 43-jährigen Waldbröler heraus, dass er sich für die Tat telefonisch entschuldigt habe.

 

Am 4. Oktober 2017 soll Roman S. zwei junge Frauen an der damaligen Ersatzhaltestelle der Bushaltestelle „Denkmalstraße“ auf seinem Fahrrad angesprochen und diese nach dem Weg Richtung Wiehl gefragt haben. „Anfangs wirkte er richtig sympathisch, aber dann wurde es kurios“, berichtete Jana M., die damals mit ihrem 14 Monate alten Baby und ihrer Freundin auf den Bus nach Nümbrecht wartete. Zunächst habe der Mann plötzlich gesagt, dass er ihnen die Kehle aufschlitzen werde, wenn die Wegbeschreibung nicht stimme, um nur Sekunden später zu erklären, dass er ein Psychopath sei. Untermauert, habe er dies indem er seinen Behindertenausweis gezeigt habe.

 

„Anschließend hat er eine Pistole aus seiner Hose gezogen und gesagt, ‚im Ernst, gebt mir euer Geld‘“, erzählte die Zeugin weiter. Auf sie gezielt habe Roman S. aber nie, sodass die jungen Frauen die Herausgabe verweigerten. „Hätte er wirklich Geld gewollt, hätte er wahrscheinlich anders gehandelt“, erklärte die heute 23-Jährige ihr vermeintlich mutiges Handeln. Aus der Situation gerettet wurden sie wahrscheinlich vom herannahenden Bus. Der Angeklagte habe die Waffe weggesteckt und Jana M. stieg mit ihrem Kinderwagen schnell durch die Hintertür in den Bus ein – hinter ihr schlossen sich allerdings die Türen, sodass ihre Freundin Lea B. vorne einsteigen und dafür an Roman K. vorbei musste. Dieser verlangte zunächst nach ihrer Handynummer, gab ihr dann aber schließlich seine eigene, ehe er die Frau einsteigen gelassen habe.

 

„Wir standen unter Schock, mussten Luft holen und haben geweint“, antwortete die 24-Jährige auf die Frage, warum sie sich nicht an den Busfahrer gewendet hätten. Anvertraut haben sie sich anschließend aber dem Vater von Jana M., der seine Tochter „verängstigt und zitternd“ antraf und mit den beiden Frauen unmittelbar nach Waldbröl zurückfuhr, um dort Anzeige bei der Polizei zu erstatten. Sein Verhalten erklären, könnten vielleicht die Umstände, unter denen Roman K. damals lebte. Der 43-Jährige leidet unter einer paranoiden Schizophrenie, war nach eigenen Worten zudem stark drogenabhängig. „Ich habe mein halbes Leben Drogen genommen, die letzten sechs Jahre waren allerdings extrem“, habe er bereits zum Frühstück Alkohol und Amphetamine zu sich genommen.

 

Seine Nachbarn hätten ihn zudem psychisch fertig machen wollen, seien bei ihm immer wieder eingebrochen und hätten seine Sachen verstellt. Deshalb habe er sich auch immer wieder Waffen zum Selbstschutz organsiert. Denn angeklagt war Roman K. auch, weil er mit einer Waffe in der Hose im Herbst 2017 über den Kram- und Viehmarkt spaziert sein und mit einer Gaspistole im Sommer 2018 auf ein Baustellenfahrzeug geschossen haben soll. Zudem wurden bei mehreren Hausdurchsuchungen Schreckschuss- und Gaspistolen bei ihm gefunden und im Mai 2019 soll er auf Flaschen und Dosen in der Nähe der alten Bahnschienen am Boxberg geschossen haben. Zudem wurde ihm der Einbruch in eine Werkstatt sowie Tierquälerei – er soll mehrfach auf den Hund seiner Nachbarin, den er regelmäßig Gassi führte, geschossen haben – vorgeworfen.

 

Armin N., ein befreundeter Nachbar, der dies ein halbes Jahr später nach einem Streit um Geld angezeigt hatte, erzählte dem Gericht aber auch noch weitere Details zum Hauptvorwurf der Bedrohung. So habe Roman K. ihn um Hilfe gebeten, da er telefonisch immer wieder terrorisiert worden sei. Bei einem von ihm organisierten Treffen am alten Sozialamt in Waldbröl sei man auf fünf Männer getroffen, von denen der Nachbar einen aus Schulzeiten wiedererkannte. Das Treffen sei zwar ohne Ergebnis verlaufen – auch weil Roman K. die Tat leugnete - im Nachhinein habe der 43-Jährige ihm aber die gesamte Geschichte gebeichtet. „Darauf habe ich ihm gesagt, er muss sich unbedingt bei den Jungs und den Frauen entschuldigen. Das hat er telefonisch dann auch getan“, benannte Armin N. auch seinen ehemaligen Schulfreund namentlich, wusste allerdings nicht, ob diese Entschuldigung auch an die Frauen weitergegeben worden war.Hil

 

Ob das Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richter Carsten Becker diesen Mann nun als Zeugen ausfindig machen kann, wird sich wohl erst in einigen Wochen zeigen. Der für Donnerstag angesetzte Fortsetzungstermin wurde aufgrund des am Wochenende erlassenen Justizgesetzes zur Corona-Krise vorerst verlegt. Voraussichtlich im Mai oder Juni wird der Prozess fortgesetzt. Bis dahin bekommt Roman K. auch die Chance, sich zu bewähren. Aus der Haft in Köln-Ossendorf wurde er vorerst entlassen und will sich im Don-Bosco-Haus in Siegburg auf ein neues Leben vorbereiten: „Die letzten acht Monate kalter Entzug waren die Hölle und ich will mit Drogen nie mehr etwas zu tun haben.“

 

Dass sein Weg in die Freiheit in Zeiten des Coronavirus nicht ganz einfach ist, musste er allerdings auch schnell feststellen: Da er aus der Haft entlassen wurde, kam kein Justizfahrzeug ihn am Waldbröler Amtsgericht abholen. Busfahrkarten sind derzeit ohne Handy aber auch nur an Automaten zu kaufen, sodass Richter Becker ihm eine Bescheinigung ausstellen musste, dass er ohne gültiges Ticket zur nächsten Bahnhaltestelle fahren durfte, um von dort mit dem Zug nach Köln weiterreisen zu können, damit er dort seine privaten Sachen abholen konnte.

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