BLAULICHT

Prozess wegen versuchter Brandstiftung: Freispruch für „Zündler“

pn; 20.08.2023, 07:00 Uhr
Symbolfoto: N-region auf Pixabay
BLAULICHT

Prozess wegen versuchter Brandstiftung: Freispruch für „Zündler“

pn; 20.08.2023, 07:00 Uhr
Bergneustadt - 67-jähriger psychisch Kranker muss sich vor Gericht verantworten - Anwohner verhinderten durch Austreten eines angezündeten Holzhaufens vermutlich einen Waldbrand.

Von Peter Notbohm

 

Nur durch einen glücklichen Zufall kam es in der Bergneustädter Ortschaft Wörde am 14. Juli des vergangenen Jahres nicht zu einem schlimmen Waldbrand. Ein inzwischen 16-jähriger Schüler hatte einen Mann beobachtet, der Papierreste mit einem Feuerzeug angezündet und damit aufgeschichtetes Schnittholz in Brand gesetzt hatte. Durch das schnelle Eingreifen des Zeugen konnte das Feuer noch vor einer möglichen Ausbreitung frühzeitig ausgetreten werden.

 

Vor Gericht musste sich nun Martin J. (Anm.d.Red.: Name geändert) verantworten. Die Staatsanwaltschaft warf dem 67-jährigen Bergneustädter versuchte Brandstiftung in einem minderschweren Fall sowie Sachbeschädigung vor. Dass der Mann mit einem Feuerzeug gezündelt hatte, daran hatten am Ende der Hauptverhandlung weder Verteidiger noch Oberstaatsanwältin oder das Schöffengericht um den Vorsitzenden Ulrich Neef einen Zweifel. Trotzdem endete das Verfahren mit einem Freispruch.

 

Die Zeugenaussagen waren eindeutig. Der Schüler erkannte Martin J. sofort wieder und berichtete, dass er den Mann damals auch gefilmt habe, nachdem er den Eigentümer des Grundstücks über seinen Vater telefonisch alarmieren lassen hatte. Er berichtete, dass sich der mutmaßliche Brandstifter mit einem Rucksack voller Bierdosen in aller Ruhe vom Brandort entfernt und dabei auch ein Bier getrunken habe. Die herbeieilenden Grundstückseigentümer habe er noch frauenfeindlich angegröhlt. Ein damals beim Angeklagten durchgeführter Atemalkoholtest erbrachte einen Wert von 0,8 Promille.

 

Ähnliches sagte auch eine 26-jährige Bergneustädterin aus, die das Feuer mit ihrer Cousine ausgetreten hat. „Zum Glück hatte es gerade erst begonnen, zu brennen, sodass ich es noch selbstständig austreten konnte.“ Auch sie hatte den Angeklagten wahrgenommen, obwohl sich dieser noch versucht habe, unter seine Jacke zu verstecken. Sie beschrieb ihn als „aggressiv und aufmüpfig“: „Wir kennen ihn, er ist öfter neben der Spur.“

 

Ihr Vater berichtete indessen, dass es an derselben Stelle erst 14 Tage zuvor gebrannt hatte. Damals hatte die Feuerwehr eingreifen müssen. Den Abstand zum benachbarten Wald bezifferte er mit zehn bis zwölf Metern: „Zum Glück war es an dem Tag nicht windig. Ein bisschen Wind hätte gereicht, dann hätte der Wald gebrannt.“ Schon beim ersten Feuer habe ihm eine Nachbarin erzählt, dass sie Martin J. in der Nähe gesehen habe. Der Angeklagte war noch am 14. Juli von der Polizei in seiner Wohnung aufgesucht worden. Dabei soll er sich wenig kooperativ gezeigt und einem Beamten gegen das Bein getreten haben. Hier erwartet ihn noch ein seperates Verfahren.

 

Vom psychiatrischen Gutachter bekam Martin J., der in den 1980er Jahren bereits einmal in einer psychiatrischen Klinik nach einer Verurteilung wegen Sachbeschädigung untergebracht war, anschließend eine krankhafte seelische Störung attestiert. Von einer vollständigen Schuldunfähigkeit wollte er aber nicht sprechen, regte aber trotzdem eine Betreuung für den Bergneustädter an: „Er bekommt vieles im Alltag nicht mehr geregelt.“ Sein Gehirn sei durch den enormen Alkoholkonsum bereits geschädigt, sodass bereits geringe Mengen Alkohol bei ihm deutliche Auswirkungen hätten.

 

Dem folgte das Gericht allerdings nicht und sprach den 67-Jährigen frei. „Die Frage, die wir zu klären hatten, war, ob wir ihnen all das auch vorwerfen können“, meinte Richter Neef in seinem Urteil. „Wir sind zu ihren Gunsten davon ausgegangen, dass sie damals im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt haben. Sie haben Alkohol konsumiert, was zu einer großen psychischen Wirkung führen kann.“ Damit kamen die Richter dem Antrag der Verteidigung nach. Die Staatsanwaltschaft hatte wegen Sachbeschädigung eine Geldstrafe in Höhe von 3.600 Euro gefordert. Von einer versuchten Brandstiftung war die Oberstaatsanwältin ebenfalls nicht ausgegangen: Da der Holzhaufen in zehn Meter Entfernung zu dem Wald gestanden habe und es an jenem Tag nicht windig war, habe man nicht mit Gewissheit sagen können, dass das Feuer übergegriffen hätte.

 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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