BLAULICHT

Rippenbrüche und Schläge ins Gesicht: Angeklagter in Teilen freigesprochen

pn; 05.06.2025, 18:00 Uhr
Foto: Peter Notbohm ---- Am Amtsgericht Gummersbach musste sich am Donnerstag ein 33-Jähriger wegen gefährlicher Körperverletzung, besonders schweren Diebstahls, Körperverletzung und Fahrerflucht verantworten.
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Rippenbrüche und Schläge ins Gesicht: Angeklagter in Teilen freigesprochen

pn; 05.06.2025, 18:00 Uhr
Gummersbach – Seine beiden ehemaligen Nachbarn soll ein 33-Jähriger geschlagen und getreten haben – Das Auftreten eines Opfers sorgt vor Gericht für Kopfschütteln.

Von Peter Notbohm

 

Ursprünglich sah sich André T. (Anm.d.Red.: Name geändert) am Donnerstag vor dem Amtsgericht Gummersbach mit vier Vorwürfen der Staatsanwaltschaft konfrontiert. Nach einem rund zweieinhalbstündigen Prozess blieb davon aber nur noch die Hälfte übrig. Ein Schöffengericht verurteilte den gebürtigen Waldbröler (33), der momentan eine Haftstrafe absitzt, wegen besonders schweren Diebstahls und Körperverletzung zu einer weiteren siebenmonatigen Gefängnisstrafe ohne Bewährung. Die Vorwürfe wegen Unfallflucht und gefährlicher Körperverletzung wurden hingegen fallen gelassen und endeten mit einem Freispruch.

 

Dass die Haftstrafe nicht länger ausfiel, lag auch am bizarren Auftritt vom einem der Opfer, dem André T. am 30. November 2023 in der Gummersbacher Ortschaft Vollmerhausen mehrfach ins Gesicht geschlagen haben soll. Als der Gummersbacher (58) dadurch zu Boden ging, soll der Angeklagte dann auch noch mit einem Stahlkappenschuh auf ihn eingetreten haben. Die Folge: Eine Gehirnerschütterung und eine siebenfache Rippenfraktur an zwei Rippenbögen.

 

Doch das Opfer scheint trotz Schmerzen über drei Monate hinweg wenig Interesse an einer Aufklärung des Vorfalls gehabt zu haben. Eine polizeiliche Ladung ließ der 58-Jährige schon damals verstreichen und auch vor Gericht tauchte er am Donnerstag zunächst nicht auf. Auf Hinweis des anderen Opfers (32), seinem Mitbewohner, erfuhr das Gericht, dass beide Männer am Abend vor der Verhandlung ordentlich Alkohol konsumiert hätten und der 58-Jährige wohl aus Angst vor dem Angeklagten noch seinen Rausch ausschlafe – er wurde schließlich von Polizeibeamten abgeholt.

 

Doch Licht ins Dunkel brachte seine Aussage vor Gericht anschließend nicht. Zu widersprüchlich waren aus Sicht der Richter die Angaben. Zunächst hieß es, er sei bereits nach den Schlägen ins Gesicht bewusstlos geworden, dann wollte er den Angeklagten am Boden liegend plötzlich doch noch im letzten Moment erkannt haben. An die Tritte erinnerte er sich erst auf Nachfrage. Auch Gründe für den Angriff konnte der Gummersbacher nicht liefern.

 

In einer ersten Aussage vor Ort hatte er noch gemutmaßt, der Angreifer könnte sauer gewesen sein, weil dem Angeklagten die Wohnung wegen ihm gekündigt worden sei. Vor Gericht wollte er aber auch davon nichts mehr wissen: Man habe sich als Nachbarn nur flüchtig gekannt und kaum Kontakt gehabt. Da half dann auch keine Aussage eines weiteren Zeugen, der die Schlägerei zufällig beobachtet hatte. „Das ist alles widersprüchlich und zu unsicher“, meinte Richter Ulrich Neef.

 

Deutlich mehr Glauben schenkte das Gericht dagegen dem Mitbewohner des 58-Jährigen. Der 32-jährige soll rund sechs Wochen nach dem ersten Vorfall, am 10. Januar des vergangenen Jahres, von André T. ebenfalls auf offener Straße in Vollmerhausen attackiert worden sein. Hier blieb es aber wohl bei zwei Schlägen, die laut dem Opfer „nicht wirklich gravierend“ waren. Auch hier bestritt der Angeklagte, überhaupt anwesend gewesen zu sein. Vielmehr habe er sich zum fraglichen Zeitpunkt auf einer Umschulungsmaßnahme befunden. Das glaubten die Richter ihm allerdings nicht, auch weil die Aussage des Opfers „vollkommen glaubhaft“ gewesen sei. Warum André T. seine beiden ehemaligen Nachbarn angegriffen haben soll, konnte aber auch der 32-Jährige nicht beantworten.

 

Ein Geständnis legte André T. hinsichtlich eines Fahrrads (Wert: 1.100 Euro) ab, das er am 16. April 2023 in Wiehl gestohlen hatte, indem er das Fahrradschloss geknackt hatte. Komplizierter wurde für das Gericht dagegen der Vorwurf der Unfallflucht. Am 16. März des vergangenen Jahres hatte André T. einen Unfall mit einem Streetscooter der Post verursacht und dabei eine Mauer beschädigt (Schaden 1.130 Euro). Den Unfall gab der Angeklagte zu.

 

Aber: Sein Vorgesetzter war damals als Beifahrer ausgestiegen und hatte nach eigener Aussage weder den herausgebrochenen Stein noch die weiteren verrückten Mauersteine bemerkt, sodass die beiden Männer erst später den Schaden am Streetscooter feststellten. Richter Neef: „Nachdem ihr Mitfahrer ausgestiegen ist und ihnen mitgeteilt hat, dass nichts passiert ist, mussten sie davon ausgehen, dass kein Schaden vorhanden ist. Damit ist das kein unerlaubtes Entfernen.“ Den Schaden will André T. aber begleichen und befindet sich laut seinem Anwalt bereits in Verhandlungen mit der zuständigen Versicherung.

 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft hatte für alle vier Vorwürfe eine Gesamtstrafe von einem Jahr und sieben Monaten gefordert. Die Verteidigung kündigte noch während ihres Plädoyers an, in Berufung zu gehen, um dann weitere Beweismittel für die Unschuld des Angeklagten vorzubringen. Zugleich forderte der Verteidiger wegen einer günstigen Sozialprognose – der mehrfach vorbestrafte André T. soll nach Absitzen seiner Haftstrafe bereits einen Job in Aussicht haben – eine Bewährungsstrafe deutlich unter einem Jahr. Die günstige Sozialprognose sahen die Richter aber nicht. Neef: „Aber das Weitere werden sie in der Berufung klären.“

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