BLAULICHT
Schwangere Freundin grün und blau geschlagen?
Gummersbach – Am Amtsgericht Gummersbach muss sich ein 37-Jähriger wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten – Er soll betrunken seine Freundin und ihre elfjährige Tochter brutal attackiert haben.
Von Peter Notbohm
Seit mehreren Jahren soll es in der Wohnung von Stefan T. und Marina E. (Anm.d.Red.: Beide Namen geändert) in einer Tour geknallt haben. Beleidigungen, Geschrei und Schläge sollen bei dem Paar fast schon an der Tagesordnung gewesen sein. Am Donnerstag landete die toxische Beziehung nun vor Gericht. Angeklagt ist der 37-jährige Gummersbacher wegen gefährlicher Körperverletzung, weil er am 2. Februar dieses Jahres seine schwangere Freundin (damals 13. Woche) brutal zusammengeschlagen und -getreten haben soll.
Um 4 Uhr nachts soll Stefan T. betrunken nach Hause gekommen sein – nach eigener Aussage hatte er nach einem Streit hochprozentigen Likör getrunken. Laut Anklage soll er seiner Freundin zunächst zehnmal mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Sie soll mehrfach versucht haben zu flüchten. Das Geschehen soll sich in der gesamten Wohnung abgespielt haben, immer mehr Schläge und auch Tritte sollen auf die Frau eingeprasselt sein. Zwischenzeitlich soll der Angeklagte sich ein Skateboard geschnappt haben und ihr gedroht haben, den Kopf zu zertrümmern.
Als sich die Prügel in das Zimmer der Tochter der Angeklagten (11) verlagerten, soll er auch ihr zwei Schläge verpasst haben. Erst als außerhalb des Mehrfamilienhauses zufällig ein Rettungswagen vorbeifuhr, gelang Marina E. die Flucht, die Besatzung alarmierte umgehend die Polizei, während Stefan T. flüchtete. Er wurde erst einige Tage später verhaftet und sitzt seitdem in U-Haft.
Gesicht durch Prügel vollkommen zugeschwollen
Die Bilder von den Misshandlungen wurden am Amtsgericht Gummersbach zwar nicht öffentlich gezeigt, die Beschreibungen aus der Anklage der Staatsanwaltschaft reichten aber bereits, um sich ein eigenes Bild zu machen. Marina E. soll damals eine Schädelprellung, diverse Gesichtshämatome und einen Tinnitus davongetragen haben. Die Polizei fand mehrere Blutspuren in der Wohnung, dazu herausgerissene Haarbüschel. Die Badezimmertür lag herausgehoben im Wohnzimmer und die doppelverglaste Balkontür sei ebenfalls zerstört gewesen (vermutlich durch ein geworfenes Handy). Die Frau habe aus Mund, Nase und Ohren geblutet. Ihr Gesicht soll derart zugeschwollen gewesen sein, dass sie kaum noch sehen konnte. Stefan T. soll so brutal zugeschlagen haben, dass er sich dabei sogar selbst den Daumen gebrochen hat.
Angeklagter bereut die Tat zutiefst
Doch ist der 37-Jährige wirklich der brutale Schläger, wie es die Anklage aussagt? Er bestritt das vor Gericht und auch die Aussage einer Nachbarin ließ die Tat in einem anderen Licht erscheinen. Der 2. Februar sei der schlimmste Tag seines Lebens gewesen, sagte Stefan T.: „Ich bin einfach ausgeflippt und bereue das auch. Es war die falscheste Entscheidung meines Lebens.“ Doch die Tat habe eine Vorgeschichte gehabt, erzählte er. Seine Freundin habe sich nach der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes vollkommen verändert. Sie habe ihm immer wieder gedroht, die Kinder wegzunehmen, habe ständig rumgeschrien und auch dafür gesorgt, dass er seinen Job verloren hat. „Wir hatten jeden Tag nur Ärger, es war eine toxische Beziehung. Die Frau hat mich total verrückt gemacht“, so der Angeklagte.
An den Abend habe er aufgrund des Alkohols kaum noch Erinnerungen. Er habe seine Freundin tatsächlich mehrfach geschlagen – „aber nur mit der flachen Hand, nie mit der Faust und treten würde ich auch niemals“. Auch das Schlagen der Elfjährigen bestritt er vehement: „Die Kinder könnte ich niemals schlagen.“ Laut einem Polizeibericht sagte das Kind, das Alles mitansehen musste, auch aus, nicht von dem Mann angefasst worden zu sein – die Vorwürfe stammen von der Mutter.
„Ich hätte mir Hilfe holen müssen und hätte das niemals machen dürfen. Daran muss ich arbeiten“, war Stefan T. sichtlich angefasst während seiner Aussagen. Als die Sprache auf seine Kinder kam, die er seit einem halben Jahr nicht gesehen hat, verfiel er immer wieder in Tränen.
„Sie hat die Kinder 24 Stunden lang angeschrien“
Dass die Vorwürfe in Richtung seiner Freundin nicht an den Haaren herbeigezogen scheinen, unterstrich eine Nachbarin der Beiden. Sie sprach von einer „schwierigen Beziehung“ des Paares, in die sie sich nie habe einmischen wollen: „Sie ist häufig ausgetickt und hat wie eine Geisteskranke die Kinder hysterisch angeschrien. Meist folgte dann eine körperliche Auseinandersetzung, ehe Ruhe im Karton war.“ Sie gehe davon aus, dass Stefan T. dabei stets die Kinder verteidigt habe und auch das Opfer sei kein Kind von Traurigkeit gewesen, betonte die Zeugin: „Der Angeklagte lief selbst häufig mit einem blauen Auge herum.“
Von den Streitigkeiten am 2. Februar habe sie allerdings kaum etwas mitbekommen. Sie und ihre Tochter seien zwar durch einen lauten Knall mitten in der Nacht wach geworden, „aber das war nichts Besonderes für mich. Wenn er nicht da war, hat sie die Kinder 24 Stunden lang angeschrien.“
Marina E. konnte heute vor Gericht noch nicht aussagen, da sie in den nächsten Tagen ihr Kind erwartet. Ihre Aussage anhand der polizeilichen Akten in das Verfahren einzuführen, lehnte die Staatsanwaltschaft ab: „Dazu gibt es zu viele offene Fragen.“ Der Prozess wird Mitte August fortgesetzt.
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