BLAULICHT

Totschlagsprozess: Angeklagte geben Opfer eine Mitschuld

pn; 22.04.2024, 16:00 Uhr
Foto: Peter Notbohm ---- Am Kölner Landgericht müssen sich seit heute zwei junge Männer aus Radevormwald wegen des Vorwurfs des Totschlags verantworten.
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Totschlagsprozess: Angeklagte geben Opfer eine Mitschuld

pn; 22.04.2024, 16:00 Uhr
Radevormwald - Am Landgericht Köln startete heute ein Prozess gegen einen 20- und einen 23-jährigen Mann aus Radevormwald - Sie sollen einen 19-Jährigen im vergangenen Sommer erstochen haben.

Von Peter Notbohm

 

Vor dem Landgericht Köln ist am Montagvormittag der Prozess gegen Bachodur C. und Faris A. (Anm.d.Red.: Alle Namen geändert) gestartet. Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden jungen Männern aus Radevormwald Totschlag vor. Sie sollen in den frühen Morgenstunden des 27. August im Anschluss an die öffentliche Veranstaltung ‚Radevormwald karibisch‘ gegen 3:15 Uhr in Radevormwald in einer Gasse zwischen zwei Häusern in der Kaiserstraße einen 19-jährigen Radevormwalder erstochen haben (OA berichtete).

 

Mindestens fünfmal sollen der Tadschike (20) und der Syrer (23) auf ihr Opfer eingestochen haben. Neben Verletzungen im Gesicht traf ein Stich in die Brust den linken Lungenflügel, was zu einem Pneumothorax führte. Ein weiterer Messerstich drang 8,5 Zentimeter tief in die Leiste ein und verletzte dort eine Vene, was zu einem erheblichen Blutverlust führte. Der 19-Jährige verstarb trotz Reanimationsmaßnahmen noch in der Nähe der Sparkasse am Kreisverkehr Kaiserstraße/Hohenfuhrstraße/Uelfestraße an seinen schweren Verletzungen.

 

Die Hintergründe der Tat sind für die Staatsanwaltschaft noch unklar. In der Anklage heißt es, dass es aus bislang unbekannten Gründen zu einem Streit gekommen sei. Trotzdem gehen die Ermittler von einem gemeinsamen Tatplan aus. Aufgeklärt werden soll das Verbrechen durch ein Jugendschöffengericht der 4. Großen Strafkammer am Kölner Landgericht unter dem Vorsitz von Richter Ansgar Meimberg. Der Bruder des Verstorbenen tritt als Nebenkläger auf.

 

Zum Prozessauftakt sagten beide Angeklagten aus und gaben dem Opfer eine erhebliche Mitschuld an den Vorfällen. „Die Auseinandersetzung hat sich nicht zufällig ereignet, sondern wurde vom Verstorbenen gesucht. Das wird durch Zeugenaussagen und Telefonmitschnitte belegt werden“, sagte Marc Nöthling, der Verteidiger von Bachodur C. Im Rahmen der körperlichen Auseinandersetzung soll das Opfer hinter seinen Rücken gefasst haben. Sein Mandant habe befürchtet, dass der 19-Jährige ein Messer oder eine Pistole ziehen würde und habe daraufhin zweimal auf den Oberkörper des Mannes eingestochen. „Dies geschah in Millisekunden.“

 

Faris A. soll nach Aussage der Angeklagten noch versucht haben, die Blutung am Oberschenkel zu stoppen, ehe beide Männer flüchteten. Sie wurden wenige Tage später von der Polizei festgenommen und sitzen seitdem in U-Haft. Die anderslautenden Aussagen von drei Zeugen seien der Verteidigung bekannt, so Nöthling: „Aber in Radevormwald wird viel telefoniert und das wird auch nach der Tat nicht aufgehört haben.“

 

Wesentlich detaillierter waren die Aussagen von Faris A. Der 23-Jährige berichtete unter Tränen, dass sich die drei jungen Männer schon etwa fünf Jahre gekannt hätten. „Wir waren sehr gute Freunde. Meine Mutter hat ihn wie einen eigenen Sohn behandelt.“ Irgendwann sei es aber immer wieder zu Streitereien zwischen Bachodur C. und dem späteren Opfer gekommen, in deren Folge man sich auseinandergelebt habe.

 

Schon im Vorfeld der Tatnacht hätte es immer wieder beinahe eskalierte Streits gegeben. Am Tattag selbst seien zehn Gramm Marihuana der Auslöser gewesen. Die Drogen sollen die beiden Angeklagten mit drei weiteren Bekannten in den Abendstunden ihrem Dealer abgezogen haben. Der 19-Jährige habe diese Angelegenheit klären wollen. Dabei soll er laut Faris A. aber rabiat vorgegangen sein. Er berichtete von Aufforderungen zu Schlägereien, Beleidigungen und vielen Drohungen.

 

Trotzdem sei die Lage zu diesem Zeitpunkt noch nicht eskaliert. Die beiden Angeklagten hätten sich gegen Mitternacht dann in ein Café begeben, wo man etwa zwei Stunden verbracht hätte – draußen soll das spätere Opfer gelauert haben. „Ich war mit dem Besitzer gut und habe ihn gebeten die Tür abzuschließen, damit es keinen Stress gibt“, sagte Faris A. aus. Dem sei auch nachgekommen worden. Später habe man die Lokalität deshalb durch die Küche verlassen müssen. „Ich vermute, dabei hat Bachodur sich ein Messer eingesteckt.“

 

Trotzdem sei man kurz darauf in der Gasse erneut aufeinandergetroffen, wo schnell eine Schlägerei entstanden sei. Der 23-Jährige räumte dabei zwei Schläge ein. Sonst habe er in der dunklen Gasse aber nicht viel wahrgenommen, „bis er plötzlich seine Hand auf meine Arme gelegt hat und sagte, dass wir aufhören sollen, weil er blute. Dabei hatte er kaum noch Farbe im Gesicht.“

 

Nachfragen ließen die Verteidigung zum Prozessauftakt zunächst nicht zu. Ausgesagt hat heute zudem ein Ermittler der Polizei, der dem Gericht das Spurenbild anhand von Fotos zahlreicher Blutspuren erläuterte. Für den Prozess sind acht Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil wird für den 29. Mai erwartet.  

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