BLAULICHT

Trotz Verurteilung: E-Bike-Dieb verlässt Gericht als freier Mann

pn; 06.10.2022, 15:00 Uhr
Foto: Peter Notbohm.
BLAULICHT

Trotz Verurteilung: E-Bike-Dieb verlässt Gericht als freier Mann

pn; 06.10.2022, 15:00 Uhr
Gummersbach – 33-jähriger Rumäne am Amtsgericht zu Bewährungsstrafe verurteilt – Bei Einbruch in Gummersbacher Fahrradgeschäft zahlreiche E-Bikes erbeutet – Vom Mittäter fehlt jede Spur.

Von Peter Notbohm

 

Wegen gemeinschaftlichen Diebstahls wurde am heutigen Donnerstagvormittag ein 33-jähriger Rumäne am Amtsgericht Gummersbach zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Endgültig aufklären konnte das Schöffengericht um den Vorsitzenden Ulrich Neef allerdings nicht, was sich am Pfingstsonntag dieses Jahres in einem Fahrradgeschäft in der Seßmarer Straße in Gummersbach abgespielt hatte (OA berichtete).

 

Um 4:10 Uhr morgens waren am 5. Juni mindestens zwei Männer von einem Zeugen beobachtet worden, wie sie E-Bikes aus dem Geschäft hinausgebracht hatten. Einen der beiden hatte er mit seinem Wagen beinahe angefahren, um ihn zu stoppen. Dieser versuchte anschließend zu Fuß zu flüchten, wurde wenig später von der Polizei aber unweit des Fahrradhändlers festgenommen. Vom zweiten Täter fehlt bis heute jede Spur.

 

Im Rahmen der Fahndung fand die Polizei auch einen Transporter, der erst wenige Tage zuvor in Lindlar aus einer Schreinerei gestohlen worden war. In ihm befanden sich zehn hochwertige E-Bikes, fünf davon waren neuwertig; sie hatten einen Wert von über 21.000 Euro. Bei den restlichen Pedelecs handelte es sich um Kundenräder, die zur Inspektion in dem Laden waren. Ein weiteres Fahrrad, mit dem vermutlich der zweite Täter versuchte zu flüchten, wurde 100 Meter entfernt auf einem Grundstück gefunden, zwei weitere Bikes sind bis heute noch nicht wieder aufgetaucht.

 

„Es gibt in diesem Fall zwei Möglichkeiten: Entweder hatten sie den Einbruch mit jemand anderes im Vorfeld vereinbart oder ihre Geschichte. Am Ende hat die Staatsanwaltschaft allerdings keine Beweise für die erste Variante vorgebracht“, sagte Richter Neef in seiner Urteilsbegründung. So blieb dem Gericht nichts anderes übrig, als dem Geständnis von Roman K. (Anm.d.Red.: Name geändert) Glauben zu schenken, das sein Verteidiger zuvor vorgetragen hatte.

 

Sein Mandant sei 2005 nach Deutschland gekommen und schlage sich seitdem als Tagelöhner durchs Leben, sagt der Verteidiger des Rumänen, der zuletzt bei seinem Cousin in Köln lebte. „Er kam nach Deutschland, in dem Glauben, in das Land zu reisen, in dem gebratene Tauben durch die Luft fliegen sollen. Hier musste er aber schnell feststellen, dass dem nicht so ist“, erklärte der Jurist. Seitdem habe der gelernte Automechaniker jeden Euro mitgenommen, den er kriegen konnte. Mit dem Gesetz stand er dabei mehrfach im Konflikt: Sechs Einträge wegen Fahrens ohne Führerschein, Diebstahls, Erpressung und Raubes stehen in seiner Akte – die schwerwiegenden Taten liegen allerdings bereits über zehn Jahre zurück.

 

500 Euro habe er von einem Unbekannten, der sich als Toni vorgestellt habe, in einer Bar versprochen bekommen, wenn er ihn fahren würde, um etwas abzuholen – ohne weitere Details zu verraten. „Mein Mandant hat sich die Situation aufgrund der Summe schöngeredet“, so der Jurist. Selbst als „Toni“ statt einem Paket ein Fahrrad nach dem anderen an dem Transporter gebracht habe, sei er zunächst nicht argwöhnisch geworden. Erst als das zehnte E-Bike in den Transporter geladen wurde, kamen ihm erste Zweifel.

 

Für weitere 100 Euro habe Roman K. sich trotzdem überreden lassen, mitzukommen, damit die Sache schneller erledigt wird. Erst als er die aufgebrochene Tür gesehen habe, wurde ihm die Sache zu heiß. In diesem Moment kam aber bereits der Zeuge und fuhr ihn beinahe über den Haufen. Kurz darauf wurde er verhaftet und sitzt seitdem in Untersuchungshaft in Wuppertal.

 

Richtig überzeugt wirkte die Staatsanwältin von dieser Version nicht und forderte neben der Aufrechterhaltung des Haftbefehls eine zehnmonatige Haftstrafe. Aus Sicht der Verteidigung fast schon zu viel: „Mehr als zehn Monate sollten es auf keinen Fall sein und die zur Bewährung.“ Richter Neef sprach anschließend von einem „maßvollen Antrag“ der Staatsanwaltschaft. „Ihre letzte große Verurteilung ist über zehn Jahre her und wir haben die gute Hoffnung, dass sie unter dem Eindruck der vier Monate Untersuchungshaft keine weiteren Taten begehen werden, auch weil sie sich nun um ihre Frau und ihr neugeborenes Kind kümmern müssen“, so der Vorsitzende.

 

Die Bewährungszeit für Roman K. beträgt drei Jahre, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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