BLAULICHT

Verfolgungsjagd auf der A4: „Für einen James Bond-Film hätte es nicht gereicht“

pn; 20.12.2024, 06:00 Uhr
WERBUNG
Foto: Polizei OBK ---- Erst auf Kölner Stadtgebiet konnte die Polizei im Februar eine in Gummersbach gestartete Verfolgungsjagd stoppen. Der Fahrer musste sich nun am Amtsgericht Gummersbach verantworten.
BLAULICHT

Verfolgungsjagd auf der A4: „Für einen James Bond-Film hätte es nicht gereicht“

pn; 20.12.2024, 06:00 Uhr
Gummersbach – 40-Jähriger wird am Amtsgericht zu Bewährungsstrafe verurteilt - Nach einem Auffahrunfall hat er sich unter Alkohol eine 40 Kilometer lange Verfolgungsjagd mit der Polizei geliefert.

Von Peter Notbohm

 

Mit mindestens 1,7 Promille im Blut setzte sich Boris C. (Anm.d.Red.: Name geändert) am Abend des 8. Februar dieses Jahres ans Steuer des Autos seiner Freundin. Eigentlich will der Mann nach der Schicht nur noch nach Hause, verursacht aber um 21:25 Uhr an der roten Ampel in der Rospestraße einen Auffahrunfall. Anfangs sucht er noch das Gespräch mit den Unfallbeteiligten, doch als die die Polizei rufen wollen, nehmen die Dinge ihren Lauf. Er setzt sich in sein Auto und braust über die Westtangente in Richtung A4 davon.

 

Was folgt, ist eine 40 Kilometer lange Verfolgungsjagd über die Autobahn mit der Polizei, die erst kurz vor der Abfahrt Köln-Merheim gestoppt wird (OA berichtete). Drei Polizeiwagen nehmen den Wagen des Gummersbachers (40) in die Zange. Der versucht noch zwei Fahrzeuge zu rammen (Schaden: 37.000 Euro), kann seine Fahrt schließlich aber nicht fortsetzen und wird festgenommen. Polizisten mussten allerdings zunächst die Scheiben seines abgeschlossenen Fords einschlagen, da sich der Mann an seinem Sitz festklammert und nur unter Anwendung von Gewalt aus dem Wagen herausgezerrt werden kann.

 

Am Donnerstag musste sich Boris C. nun am Amtsgericht Gummersbach vor einem Schöffengericht wegen der waghalsigen Fahrt verantworten. Die Liste der Vorwürfe war lang: Fahren unter Alkohol und ohne Führerschein, vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und ein illegales Autorennen. Dazu kommt: Er ist mehrfach vorbestraft, auch einschlägig. Schon 2014 war er betrunken und ohne Führerschein gefahren. Ab 2020 kommen mehrere weitere Führerscheinsperren hinzu. Wegen anderer Jugendsünden und Verbrechen saß er sogar bereits hinter Gittern.

 

Dass er nun noch mit einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten davonkam, hat er vor allem seiner eigenen Initiative zu verdanken. Nachdem er auch im April betrunken einen Unfall gebaut hatte (das Amtsgericht Wipperfürth verurteilt ihn deshalb zu einer Geldstrafe von 11.000 Euro), habe er einen Schlussstrich gezogen und dem Alkohol entsagt. Zudem nimmt er seitdem regelmäßig Suchtberatungstermine bei der Caritas wahr. Die Vorwürfe räumte er vollständig ein.

 

Es sei ihm absolut peinlich und unangenehm, was er Anfang des Jahres angestellt habe, beteuerte Boris C. vor Gericht. Er entschuldigte sich bei allen geladenen Zeugen. Er habe sich in einer schwierigen Lebensphase befunden, nachdem sich seine Freundin von ihm trennen wollte. Nur der Griff zum Alkohol habe ihm geholfen. Dazu habe er wegen seiner Depressionen schon seit mehreren Jahren Medikamente genommen. Die 1,7 Promille habe er sich mit Kurzen und Bier innerhalb weniger Minuten angetrunken. Richter Ulrich Neef staunte nicht schlecht, als der Angeklagte behauptete, erst um 20:30 Uhr angefangen zu haben zu trinken – der erste Unfall ereignete sich nur eine Stunde später.

 

Doch sowohl ein 52-jähriger Bergneustädter als auch seine Ex-Frau (50) berichteten, dass der Angeklagte am Unfallort sogar noch nett und wenig betrunken gewirkt habe, ehe er die Flucht antrat. Beide blieben unverletzt, an ihrem Wagen entstand ein Schaden von 2.500 Euro. Auch die drei Polizisten, die zufällig an der Unfallstelle vorbeigefahren waren, sofort die Verfolgung aufnahmen und den Mann mit seinem Ford bereits an der Halstenbachbrücke eingeholt hatten, berichteten von einer eher seltsamen Verfolgungsjagd.

 

Bei regennasser Straße sei der Angeklagte nie schneller als 140 Stundenkilometer auf der Autobahn gefahren. Fahrbahnwechsel habe er sogar regulär immer mit seinem Blinker angezeigt. Nur im Baustellenbereich bei Untereschbach sei es zu einem waghalsigen Manöver gekommen, bei dem der 40-Jährige fast eine Baustellenbarke gerammt hätte. Der Gummersbacher selbst kommentierte seine hoffnungslose Flucht ähnlich: „Eigentlich war es Blödsinn, mit einem 73 PS starken Auto vor so vielen Polizisten abzuhauen, aber ich hatte Angst.“ Richter Neef trocken: „Für einen James Bond-Film hätten ihre Geschwindigkeiten nicht gereicht.“

 

So blieb es bei der 20-monatigen Bewährungsstrafe, die Neef allerdings mit einigen Auflagen verknüpfte. Die Bewährungszeit beträgt fünf Jahre, dazu wurde die Führerscheinsperre auf zwei Jahre festgesetzt. Zudem muss Boris C. seine Suchtberatung fortsetzen und eine Stellungnahme der Caritas zu seinem Suchthilfebedarf abliefern. Außerdem untersagte das Gericht dem 40-Jährigen jeglichen Alkoholkonsum. Seinen Führerschein will der Gummersbacher, der versprach, alle Schäden wiedergutzumachen, ohnehin nicht wiederhaben: „Ich bin froh, dass er weg ist.“ Zur Arbeit fährt er nach eigener Aussage nur noch mit dem Fahrrad.

 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

WERBUNG