BLAULICHT

Versuchter Autodiebstahl endet mit Freispruch

ks; 15.11.2024, 16:55 Uhr
Foto: Peter Notbohm --- Das Amtsgericht in Gummersbach.
BLAULICHT

Versuchter Autodiebstahl endet mit Freispruch

ks; 15.11.2024, 16:55 Uhr
Gummersbach – Im März hat ein 27-Jähriger versucht, auf der Kaiserstraße ein Auto zu stehlen – Heute musste er im Amtsgericht Gummersbach auf der Anklagebank Platz nehmen.

Ein Auto zu klauen während der Besitzer hinterm Steuer sitzt, das hat im Februar dieses Jahres ein 27-jähriger Gummersbacher versucht. Marke, Größe, Schnelligkeit oder Wert: all das hat für Max A. dabei keine Rolle gespielt (Anm.d.Red.: Name geändert). Erwischt hat es am 7. März dieses Jahres einen 71-jährigen Mann aus Gummersbach, der kurz nach 15 Uhr mit seinem Fahrzeug über die dortige Kaiserstraße fuhr und an der Kreuzung Ecke Brückenstraße vor einer roten Ampel halten musste. Verriegelt hatte der Mann seinen Wagen während der Fahrt nicht – und so war es für Max A. ein Leichtes, die Beifahrertür zu öffnen und sich mir nichts, dir nichts ins Auto zu setzen.

 

„Raus aus dem Auto – sonst gibt es was auf die Fresse!“, soll Max A. dann laut Staatsanwaltschaft gebrüllt und dem 71-Jährigen seine Faust vors Gesicht gehalten haben. Erfolg hatte der 27-Jährige mit seiner Aktion aber nicht. Zwar soll der Senior aus seinem Fahrzeug ausgestiegen sein – nicht aber ohne zuvor den Start-Stopp-Knopf des Wagens zu drücken und den Schlüssel seines Autos mitzunehmen. Max A. soll dann auf den Fahrersitz gerutscht sein. Das Auto zu starten und davonzufahren, soll ihm aber nicht gelungen sein. Heute musste er am Amtsgericht Gummersbach auf der Anklagebank Platz nehmen. Vorgeworfen wurde ihm eine räuberische Erpressung.

 

Max A. räumte die Tatvorwürfe direkt ein, erzählte, er sei zuvor in einer Psychiatrie gewesen, habe sich einen Tag vor dem Vorfall selbst entlassen und aufgehört, die ihm verschriebenen Tabletten zu nehmen. „Aber mir ging es trotzdem nicht gut“, sagte er vor dem Schöffengericht um den Vorsitzenden Ulrich Neef. Seine Eltern hätten ihn dann vor die Tür gesetzt. „Ich hatte gar nichts – keine Wohnung, kein Auto. Ich wusste nicht, wo ich hinsollte, wo ich schlafen sollte“, sagte der 27-Jährige, der auch davon sprach, „Stimmen im Kopf“ zu haben. Er sei dann „zu irgendeinem Auto gegangen“. Kurz nach dem Vorfall hätten ihn die Stimmen ausgelacht und er habe realisiert, wie schwachsinnig die Aktion gewesen sei.

 

„Ich habe das für eine blöde Idee gehalten. Sehr durchdacht war das Ganze nicht“, sagte der 71-Jährige. Hinter seinem Auto hätten weitere Fahrzeuge gestanden, ebenso auf dem Linksabbieger. Weitere Passanten hätten an der Ampel gestanden. Neben einer 19-Jährigen, die Teile des Vorfalls aus ihrem Auto beobachtet habe, sagten heute auch zwei Polizisten vor dem Schöffengericht aus. Max A. soll kurz nach der Tat selbst bei der Polizei angerufen und geschildert haben, was zuvor passiert sei. Dann soll er an der Evangelischen Kirche auf die Einsatzkräfte gewartet haben und mit ihnen zur Wache gefahren sein.

 

Auf der Wache sei einem der Polizisten aufgefallen, dass Max A. häufig an eine bestimmte Stelle geguckt habe – eine Beobachtung, die der anwesende Sachverständige sehr zu schätzen wusste. Er kannte den 27-Jährigen bereits vor dem Vorfall vom 7. März, hatte bei ihm unter anderem eine paranoide Schizophrenie diagnostiziert. Seit 2020 soll Max A. eine religiös gefärbte, wahnhafte Vorstellung haben. Die Stimmen, die er hört, sollen einen „imperativen Charakter“ haben. Dass er immer wieder die gleiche Stelle im Raum anvisiert habe, sei ein Zeichen dafür, dass die Stimmen in seiner Wahrnehmung aus dieser Richtung gekommen seien.

 

Dem Sachverständigen zufolge würde man bei Menschen mit einer schizophrenen Psychose von einer „doppelten Buchführung“ sprechen. Zwar seien die Betroffenen immer orientiert, doch würden sie parallel dazu wahnhafte Vorstellungen haben und Stimmen hören. Als Max A. versucht habe, das Auto auf der Kaiserstraße zu stehlen, habe die Psychose sein Realitätsbewusstsein überwogen – die Handlung sei also im Rahmen seiner psychischen Störung aufgetreten. Damit „kann er keine Einsicht in seine Tat haben“, schloss der Sachverständige ab. Die Staatsanwaltschaft forderte daraufhin einen Freispruch, das Schöffengericht um Richter Ulrich Neef folgte dem.  

WERBUNG