BLAULICHT
Vor der Verschleppung in einen Bunker geflüchtet
Gummersbach – Im Laufe eines Verfahrens unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung waren am Amtsgericht Gummersbach aus ursprünglich sechs Angeklagten drei geworden.
Von Lars Weber
Ein Prozess mit der Anklage auf gefährlicher Körperverletzung, Nötigung, Beleidigung und Waffenbesitz hat sich heute überraschend schnell in Wohlgefallen aufgelöst. Der Fall hatte am Amtsgericht Gummersbach bereits eine Vorgeschichte. Schon im August des vergangenen Jahres hatte man sich vor dem Schöffengericht um den Vorsitzenden Richter Ulrich Neef eingefunden. Damals waren noch sechs Personen angeklagt. Da die Vermutung bestand, dass die Vorwürfe in größeren Drogenszene-Zusammenhängen stehen könnten, wurde die Sache aber dem Landgericht Bonn übergeben – das sie prompt wieder zurück nach Gummersbach schickte. Von den einst sechs Angeklagten nahmen heute drei im Saal des Amtsgerichts Platz – und es wurde – wenn man so möchte – kurzer Prozess gemacht. Eine Geldstrafe wurde ausgesprochen, zwei Verfahren wurden allerdings auch eingestellt. Viel Licht in die Verwicklungen kam aber nicht.
Dabei hatte es die Anklageschrift durchaus in sich. Laut Staatsanwalt soll der Geschädigte Michael B. (Anm. d. Red.: Name geändert) am 9. Oktober 2020 per Messenger-Nachricht von einer Angeklagten in eine Wohnung in der Hömerichstraße gelockt worden sein, wo sie mit einer (ebenfalls angeklagten) Freundin in der Küche auf das spätere Opfer wartete. Kurze Zeit später seien dann auch die mutmaßlichen Mittäter in der Wohnung erschienen und offenbarten Michael B. den wahren Grund des Treffens: Drogenschulden.
Demnach sollen wegen eines Cannabisgeschäfts über 3.500 Euro noch 1.000 Euro offen gewesen sein. Diese wollte man nun offenbar aus dem säumigen Schuldner herausprügeln. Mehrere Schläge ins Gesicht hinterließen deutliche Blessuren, das Opfer erlitt eine Schädelprellung und verlor mehrere Zähne. Zudem soll ein weiterer Täter versucht haben, mit einem Schraubenzieher in die Beine von Michael B. zu stechen. Auch die Attacke mit einem Springmesser misslang. Anschließend sollen die Angreifer versucht haben, ihr Opfer in einen Bunker bei Eckenhagen zu entführen. Damit er keine Hilfe holen kann, soll Michael B. dazu gebracht worden sein, sein Handy im Wert über 200 Euro herauszugeben. Beim Verlassen des Hauses gelang B. gerade so noch die Flucht.
Das Verfahren gegen einen Mittäter wurde bereits vor dem ersten Prozessauftakt in Gummersbach abgetrennt, das Verfahren gegen eine Mittäterin ebenso, als das Landgericht Bonn die Sache behandelte. Ein weiterer mutmaßlicher Mittäter, der eigentlich am Freitag in Gummersbach hätte erscheinen sollen, fehlte unentschuldigt. Da er in Castrop-Rauxel wohnt und nicht vorgeführt werden konnte, beantragte Richter Neef einen Haftbefehl gegen den Mann. Das Verfahren soll nun ebenfalls abgetrennt behandelt werden.
Blieben von sechs Angeklagten noch drei übrig: eine 33-Jährige, ein 36-jähriger Gummersbacher und ein 27-jähriger Wiehler. Eine längere Liste Vorstrafen aufzuweisen hatte nur der Gummersbacher. Von Wohnungseinbruchdiebstahl über bewaffneten Handel mit Drogen bis Sachbeschädigung reichten die bisherigen Verfehlungen, für die er auch schon im Gefängnis war. Die Angeklagten verfolgten zunächst dieselbe Strategie: Sich nicht zu den Vorwürfen gegen sie zu äußern. Da die Zeugen aber erst für Stunden später geladen waren, wurde die Verhandlung an dieser Stelle unterbrochen.
Allerdings nicht für mehrere Stunden, sondern letztlich nur für Minuten. Nachdem sich die Anwälte kurz beraten hatten und das Gespräch mit Richter Neef suchten, ließ sich die 33-jährige Angeklagte doch noch ein und wurde wegen Beihilfe zu gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung zu einer Geldstrafe über 450 Euro verurteilt. Das Verfahren gegen die beiden Männer wurde indes eingestellt – allerdings lediglich, weil am Landgericht Bonn gegen beide noch größere Verfahren mit potenziell höheren Strafen auf sie warten.
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