BLAULICHT

Wenn die Krankenschwester dem Teufelchen einen Faustschlag verpasst

lw; 18.10.2024, 06:06 Uhr
Symbolfoto: OA.
BLAULICHT

Wenn die Krankenschwester dem Teufelchen einen Faustschlag verpasst

lw; 18.10.2024, 06:06 Uhr
Waldbröl – Auseinandersetzung an Weiberfastnacht im Denklinger Festzelt hatte Nachspiel vor dem Amtsgericht.

Von Lars Weber

 

Es liegt in der Natur der Sache, dass an Weiberfastnacht auch schon mal ein bisschen wilder als sonst gefeiert wird, erst recht die „jecken Wiever“. Alles erlaubt ist aber natürlich trotzdem nicht. Und so haben sich zwei Frauen-Cliquen am Dienstag am Amtsgericht Waldbröl einfinden dürfen, um von ihren Erlebnissen am 8. Februar im Denklinger Festzelt kurz vor Mitternacht zu berichten. Auf der Anklagebank saß aber nur Petra O. (Anm.d.Red.: Alle Namen geändert), die sich wegen des Vorwurfs der Körperverletzung verantworten musste – was gar nicht so einfach ist, wenn man laut eigener Aussage gar nicht so recht wusste, was überhaupt Strafwürdiges passiert sein soll.

 

Die Anklageschrift half der 38-jährigen Waldbrölerin da nur bedingt auf die Sprünge. Demnach soll sie gegen 23:30 Uhr der 20-jährigen Jenny U. einen Faustschlag ins Gesicht verpasst haben. Dabei soll Alkohol im Spiel gewesen sein. Weitere Ausführungen gab es seitens der Staatsanwaltschaft nicht.

 

Zumindest das mit dem Alkohol konnte Petra O. bestätigen. An Weiberfastnacht hätte sie sich zunächst mit Freundinnen getroffen und etwas getrunken, um danach zu zehnt weiterzuziehen ins Festzelt. Sie war als Krankenschwester verkleidet. Was dort dann aber passiert sein soll, dass die Security sie später in der Nacht nach draußen zu einem Gespräch mit der Polizei holte, habe sie nicht so recht gewusst – auch ihre Freundinnen nicht. In ihrer Erinnerung habe es an der Bon-Theke ein „totales Gerangel“ gegeben. Dabei habe sie ein Glas Bier ins Gesicht bekommen. „Ich habe erstmal nichts mehr gesehen.“ Wer ihr das Glas ins Gesicht geschüttet haben könnte und warum, war ihr ein Rätsel. Geschlagen habe sie jedenfalls niemanden.

 

Drei ihrer Freundinnen, die später in den Zeugenstand Richter Kevin Haase gegenübertraten, bestätigten diese Version weitestgehend. Demnach sei die Angeklagte von einer anderen Frau angerempelt worden. Überrascht hätte die 38-Jährige auf die Schulter der Frau getippt, und da hätte sie auch schon das Glas Bier erwischt. Um wen es sich bei der Frau gehandelt haben könnte oder was für ein Kostüm sie getragen hatte, an all das konnte sich keine der Zeuginnen erinnern.

 

Als Teufelchen verkleidet – mit Hörnchen-Reif auf dem Kopf – war Jenny U., die den Faustschlag der Angeklagten kassiert haben soll. Sie sei – im Gegensatz zur Angeklagten – „nur“ angetrunken gewesen an dem Abend. In ihrer Erinnerung sei in dem Gedränge vor der Bon-Theke ein voller Getränkebecher – vermutlich der Becher einer ihrer Freundinnen - auf den Boden gefallen. „Mehrere Gäste sind nass geworden.“ Sie selbst sei in einem Gespräch gewesen, als sie unvermittelt von einer Krankenschwester die Faust ins Gesicht bekommen habe. „Ich weiß nicht, warum. Vielleicht dachte sie, dass sie angegriffen werde.“ Verletzungen habe sie durch den Schlag nicht davongetragen, lediglich eine Rötung. Beim Arzt gewesen sei sie nicht.

 

Ihre beiden Freundinnen bestätigten den Schlag durch die Angeklagte. Demnach habe eine der beiden die Waldbrölerin aus Versehen im Gedränge etwas angerempelt, wobei das Getränk runtergefallen sei. Daraufhin hätte Petra O. einer von ihnen ihr Getränk ins Gesicht gekippt und Jenny U. den Schlag verpasst. Sie seien danach zur Security gegangen, die wiederum die Polizei verständigt hatte.

 

Aussage stand also gegen Aussage. Daher war die Aussage einer weiteren Zeugin besonders interessant, weil sie weder der einen noch der anderen Clique angehört. Sie stand zwar einige Meter entfernt, habe aber die Angeklagte gesehen, nachdem ein Becher zu Boden gegangen war. „Sie war nass und sauer.“ Und soll eine andere Frau mit ihrem Getränk überschüttet und auch geschlagen haben. „Ich bin dann dazwischen gegangen.“

 

Richter Haase schickte die Öffentlichkeit nach allen Zeugenaussagen erstmal aus dem Gerichtssaal für ein Rechtsgespräch. Kurze Zeit später war der Prozess gegen die Angeklagte eingestellt gegen die Auflage einer Zahlung über 300 Euro an eine karitative Einrichtung. Er glaubte, dass die Angeklagte tatsächlich ein Glas Bier ins Gesicht bekommen hatte und dies als Provokation sah. „Ich glaube, das haben sie sich nicht gefallen lassen.“ Der Fall sollte aber auch keine Vorbestrafung der 38-Jährigen zur Folge haben.

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