FUSSBALL
Die Krönung ist ausgeblieben – Zeitenwende nach einer turbulenten Saison
Nümbrecht – Die Trennung vom Trainer war bereits beschlossene Sache – Doch trotz aller Turbulenzen kämpften die Fußballer des SSV Homburg-Nümbrecht bis zum Schluss um den Landesligatitel.
Von Thomas Giesen
Am letzten Landesligaspieltag hatten sich die Gemüter schon wieder beruhigt. Knapp vier Wochen war es her, dass der SSV Homburg-Nümbrecht die Trennung von Trainer Torsten Reisewitz zum Saisonende bekanntgab. Nach neun Jahren endete damit eine erfolgreiche Ära. „Einvernehmlich“, hieß es in der öffentlichen Verlautbarung. Dass der Begriff einer Erklärung bedurfte, stellte Reisewitz kürzlich im OA-Interview klar. Denn ganz so „einvernehmlich“ fühlte es sich für den Coach, der gerne in Nümbrecht weitergemacht hätte, nicht an. Und so ganz zu Ende war die Ära auch noch nicht, denn noch standen vier Spieltage aus und Mannschaft und Trainer waren gewillt, die in jeder Hinsicht turbulente Saison gemeinsam zu Ende zu bringen.
Der Schlussspurt hätte erfolgreicher kaum sein können. Der SSV gewann die verbleibenden vier Begegnungen, hatte am letzten Spieltag bei Grün-Weiß Brauweiler sogar noch die Chance auf den Titelgewinn, musste aber auf Schützenhilfe auf den anderen Plätzen hoffen. Doch die Krönung blieb aus. Der große Konkurrent an der Tabellenspitze, SSV Bornheim, bekam nach einer schwachen Rückrunde, rechtzeitig wieder die Kurve und brachte mit zwei Siegen in den letzten beiden Saisonspielen Meisterschaft und Aufstieg in die Mittelrheinliga in trockene Tücher. Den Nümbrechtern blieb immerhin Platz zwei – die beste Saisonplatzierung, die der Klub je in der Landesliga erreichte. Eigentlich kurios, dass dann der Trainer gehen muss.
Auch SSV-Geschäftsführer Matthias Faulenbach hat offenbar ein mulmiges Gefühl beim Blick auf das Ende. „Vor zwei Monaten hätte niemand damit gerechnet, dass wir solche Gespräche führen würden. Wir hatten gerade erst den Vertrag verlängert und jeder dachte, dass es im nächsten Jahr weitergeht“, sagt Faulenbach und beschreibt, wie sich die Entwicklung aus Sicht des Vereins vollzogen hat: „Ich glaube auch, dass die tolle Situation nach der Hinrunde sehr großen Druck ausgelöst hat. Nach den ersten Ergebnissen in der Rückrunde ist Unzufriedenheit aufgekommen, auch bei Torsten. Dann gab es drei Momente: Die Pokalniederlage gegen den FV Wiehl, das unfassbare Spiel gegen Bad Honnef, wo wir so schlecht gespielt haben wie nie, und die Niederlage gegen Schlebusch. Torsten ist dann auf uns zugekommen, aber nach dem Gespräch hatten wir das Gefühl, dass bei ihm selbst die Überzeugung fehlt, die Ergebniskrise zu beenden. Auch im Vorstand dachte man, egal was Torsten macht, er reißt das Ruder nicht mehr herum“, so Faulenbach.
Reisewitz war anderer Meinung und betonte im OA-Interview, dass er bereits mehrfach in den Jahren zuvor gemeinsam mit Co-Trainer Fabian Förster schwierige Situationen überwunden habe. Dass die Mannschaft das Potenzial hatte, in der abgelaufenen Spielzeit ziemlich entspannt die Meisterschaft oder zumindest den Mittelrheinligaaufstieg zu realisieren, demonstrierte sie in der ersten Saisonhälfte. Mit überragenden 34 Punkten beendeten die Nümbrechter die Hinrunde auf Rang zwei der Tabelle. Nur zwei Zähler hinter dem SSV Bornheim und bereits mit acht Punkten Vorsprung auf den drittplatzierten SC Rheinbach.
Die Rückrunde geriet allerdings zum Desaster. Vier Spieltage vor Schluss, zum Zeitpunkt der Trennung, hatten die Nümbrechter erst neun Punkte gesammelt. Sogar Platz zwei wackelte, weil die SC Borussia Lindenthal-Hohenlind stetig den Rückstand verkürzte. „Wir wollten eigentlich die Top fünf anpeilen und haben gehofft, in einen Flow zu kommen. Dass wir so eine Hinrunde spielen, damit konnte keiner rechnen. Da haben alle Rädchen ineinandergegriffen“, sagt Reisewitz. „Der Druck, nach der überragenden Hinrunde hat uns nicht gut getan. Mit der gleichen Gelassenheit wie in der Hinrunde hätte es wahrscheinlich zum Aufstieg gereicht. Aber wir haben uns selbst im Weg gestanden. Als die schlechten Ergebnisse kamen, haben wir auch die Kaderchemie nicht in den Griff bekommen. Das Selbstverständnis hat gefehlt und dann sind auch die Glücksmomente ausgeblieben“, beschreibt der Coach die Abwärtsspirale.
Für Reisewitz beginnt nun beim Bezirksligisten TuS Buisdorf ein neues Kapitel. Er betonte im Interview jedoch, dass er sich auch irgendwann eine Rückkehr zum SSV vorstellen könnte. Der SSV Homburg-Nümbrecht steht derweil nach neun Jahren der Kontinuität auf dem Trainerposten vor einer Zeitenwende. Mit Marcus Voike wurde unlängst der Nachfolger verkündet. Eine offizielle Vorstellung steht noch aus. Auch in Sachen Neuzugänge erbat sich Faulenbach Zeit, Nachrichten zu verkünden. Zum Abschied fand er versöhnliche Worte und hielt ebenfalls ein Türchen offen: „Fakt ist, dass wir im Guten auseinandergehen. Ich glaube, es ist gut für ihn, jetzt in einer anderen Umgebung zu sein. Es steckt noch viel Reisewitz in uns und es steckt noch viel SSV in ihm. Für die Zukunft kann ich mir alles vorstellen“, so Faulenbach.