GUMMERSBACH
„Nicht gegenfinanziert“: AfD-Vorschlag zur Grundsteuer-Entlastung fällt durch
Gummersbach - Die Erhöhung von Grundsteuer B und Gewerbesteuer bleibt in Gummersbachs Politik ein Zankapfel - Kämmerer Halding-Hoppenheit präsentiert positive Zahlen für das laufende Haushaltsjahr.
Von Peter Notbohm
Gummersbachs Politik streitet sich weiter um die Hebesätze für das Jahr 2025. Am Donnerstag muss im Stadtrat die neue Hebesatzung verabschiedet werden, wenn die Stadt handlungsfähig bleiben will. Zwar könnte eine Verabschiedung auch bis zum 30. Juni geschoben werden, dann würde die Veranlagungen der Grundsteuern aber ebenfalls erst zu diesem Zeitpunkt stattfinden, die Stadtkasse müsste die bis dahin fehlenden Einnahmen über Kredite ausgleichen. „Zudem würde dann ein sehr großer Betrag fällig, der für die Bürger innerhalb eines Monats zu zahlen wäre. Das ist nicht bürgerfreundlich“, warnt Kämmerer Raoul Halding-Hoppenheit.
Während SPD und Grüne am Montag im Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschuss wie schon im Hauptausschuss für eine Erhöhung der Gewerbesteuer warben (OA berichtete), schlug die AfD einen Grundsteuer B-Hebesatz von 799 Prozentpunkten statt den von der Verwaltung anvisierten 871 Prozentpunkten vor. Nach Berechnungen der Partei würde das etwa 800.000 Euro Mindereinnahmen für die Stadt bedeuten. „Für den Bürger wäre die Erhöhung damit nicht ganz so schockierend und die Differenz nicht so hoch, als dass man das nicht bei der Haushaltseinbringung verwursten könnte“, sagte Bernd Rummler (AfD). Mit der aktuell starken Gewerbesteuer (siehe Info-Kasten) sei man aus seiner Sicht in der Lage, das aufzufangen.
Das sahen die meisten anderen Parteien und auch Halding-Hoppenheit anders. Die Grünen stellten die Frage der Gegenfinanzierung. Der Kämmerer ergänzte: „Wir werden sogar noch mehr Geld brauchen, wollen dem Bürger aber nicht mehr zumuten. Der Kreis nimmt uns mehr Geld ab über die Kreisumlage. Mit weniger kommen wir nicht durch die Tür. Es besteht die Gefahr eines Haushaltssicherungskonzepts. Dann entscheiden andere, in welcher Zeit wir welche Hebesätze ansetzen.“ Der AfD-Vorschlag wurde von CDU, SPD, Grünen und FDP mehrheitlich abgelehnt. Der Zusammenschluss aus BSW und Linke (SGF) enthielt sich.
Auch bei der Frage von differenzierten Hebesätzen wurde man sich im Ausschuss nicht einig. Halding-Hoppenheit warnte erneut vor dem finanziellen Risiko: „Aus Sicht der Verwaltung würden wir das Wohnen gerne privilegieren, das ist aus unserer Sicht derzeit aber nicht rechtssicher umsetzbar.“ Würde sich Gummersbachs Politik für eine Differenzierung zwischen Wohngrundstücken und Nicht-Wohngrundstücken entscheiden, würde der gesamte Grundsteuer B-Betrag in Höhe von 12,3 Millionen Euro auf der Kippe stehen. „Wenn Bürger diese Bescheide angreifen und vor Gericht gewinnen, müssten wir die Summe komplett zurückerstatten.“
Konrad Gerads (Grüne) warf CDU und FDP erneut vor, Gewerbebetriebe um 1,6 Millionen Euro zu entlasten und gleichzeitig Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern um dieselbe Summe zu belasten. „Ich verstehe nicht, warum sie nicht an die Gewerbesteuer ranwollen. Das wird ihnen, uns und auch der Verwaltung auf die Füße fallen“. Auch der Ausschussvorsitzende Axel Blüm (SPD) kündigte erneut an, dass seine Partei dem Verwaltungsvorschlag nicht zustimmen könne: „Natürlich geht es der Wirtschaft nicht gut. Viele Firmen im Oberbergischen sind aber betroffen, weil sie Zulieferer für Thyssenkrupp oder Siemens sind und dort schwere Managementfehler gemacht wurden. Das jetzt dem Bürger aufzubürden, mag rechtlich sauber sein, aber da können wir nicht mitgehen.“
Reinhard Elschner (CDU) nannte den Grünen-Vorschlag, die Gewerbesteuer um 18 Prozentpunkte zu erhöhen unrealistisch. Auch Elke Wilke (FDP) warnte davor, dass dann etliche Firmen dann Insolvenz anmelden oder Mitarbeiter entlassen werden: „Das wird uns eher vor die Füße fallen. Der Arbeiter zahlt lieber 100 Euro mehr, als dass er nur noch 66 Prozent Arbeitslosengeld kriegt.“ Diyar Agu (SGF) sprach von einer Ungerechtigkeit für alle Hauseigentümer und warb für Gespräche mit den Gummersbacher Unternehmen: „In Absprache mit den Unternehmen sollen wir die Gewerbesteuer erhöhen, wenn diese Verantwortung tragen wollen.“ Rummler (AfD) sprach sich klar gegen höhere Gewerbesteuern aus: „Firmensitze sind sehr schnell nach Monheim oder Leverkusen verlegt.“
Der Ausschuss empfahl die von der Kämmerei vorgeschlagenen einheitlichen Hebesätze mehrheitlich (6 Gegenstimmen, 1 Enthaltung) an den Stadtrat.
Aktuelle Haushaltssituation
Ungeachtet aller Zukunftssorgen konnte Kämmer Raoul Halding-Hoppenheit am Montag im Rahmen des Quartalsberichts auch positive Nachrichten verkünden. Bei den Gewerbesteuereinnahmen kann die Stadtkasse ein Plus von aktuell sieben Millionen Euro gegenüber den ursprünglichen Planungen verbuchen. Zwar wird man hiervon wohl noch zwei Millionen Euro verlieren, „insgesamt bleibt es aber bei einer erheblichen Verbesserung“, so Halding-Hoppenheit. Die positiven Zahlen bedeuten aber auch, dass die Stadt 500.000 Euro mehr an Gewerbesteuerumlage leisten muss.
Das in diesem Jahr eingeplante Defizit von 10,9 Millionen wird man damit vermutlich doch unterbieten. Auch bei der Vergnügungssteuer (+30.000 Euro), der Zweitwohnsitzsteuer (+11.000 Euro), der Umsatzsteuer (+300.000 Euro) und den Einnahmen aus Verwarn- und Bußgeldern (+120.000 Euro) liegt man über den Planansätzen. Nahezu Punktlandungen gibt es bei den Schlüsselzuweisungen im Rahmen des Finanzausgleichs, der Einkommenssteuer und der Kreisumlage. Bei der Grundsteuer B (-75.000 Euro) und der Hundesteuer (-10.000 Euro) gibt es dagegen Fehlbeträge, die man in der Kämmerei noch analysieren will.
Positiv aus Sicht der Stadt: Durch die sehr gute Liquiditätssituation mussten weniger Kredite aufgenommen werden. Hier rechnet man in der Kämmerei mit Einsparungen von 300.000 Euro. Immer teurer wird das Jugendamt. In Folge massiver Fall- und Kostenanstiege im Bereich der teilstationären Hilfen, Inobhutnahme-Stellen und Pflegeverhältnisse musste der Ausschuss zusätzliche Haushaltsmittel in Höhe von 2,26 Millionen Euro bewilligen. Aufgrund eklatanter Personalengpässe kam man in 2024 mit der Aufarbeitung der Fälle kaum noch nach.
Der Gesamtpersonalaufwand im Rathaus ist eine Million unter dem Planansatz. Aufgrund des Fachkräftemangels können freie bzw. neue Stellen gar nicht oder nur verzögert besetzt werden. Im abgelaufenen Jahr blieben 50 volle Stellen unbesetzt. Der dadurch erhöhte Arbeitsaufwand für das bestehende Personal zeige sich auch in der hohen Zahl der Langzeiterkrankungen, sagt Halding-Hoppenheit. 30 Mitarbeiter seien pro Jahr mehr als sechs Wochen am Stück krankgeschrieben.
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