GUMMERSBACH
Gummersbach verschiebt Entscheidung über Grundsteuer B
Gummersbach - Wegen ungeklärter Rechtsfragen und neuer Erkenntnisse will Bürgermeister Helmenstein die Politik erst im kommenden Jahr über die Hebesatzung entscheiden lassen - Die daraus resultierende Liquiditätslücke könne die Stadt verkraften.
Von Peter Notbohm
Überraschende Wende im Streit um Gummersbachs Hebesatzsteuer. Bürgermeister Frank Helmenstein wird Gummersbachs Politik heute Abend empfehlen, den Tagesordnungspunkt von der Tagesordnung zu nehmen. Das bestätigte das Stadtoberhaupt am Donnerstagmittag Oberberg-Aktuell auf Nachfrage. Aus Reihen der Politik sei der Vorschlag bereits weitgehend begrüßt worden. Als Begründung nannte Helmenstein „zu viele offene Rechtsfragen und neue Erkenntnisse seitens des Städte- und Gemeindebundes NRW“.
Nicht nur in Gummersbach, auch in den anderen oberbergischen Kommunen und NRW-weit gilt die Hebesatzsteuer in diesen Wochen als heißes Eisen. Nachdem das Bundesverfassungsgericht 2018 entschieden hat, dass die bisherigen Bemessungsgrundlagen zur Erhebung der Grundsteuer B verfassungswidrig sind, brachte die Bundesregierung 2019 eine Reform auf den Weg, die ab Anfang 2025 Auswirkungen auf den Bürger hat.
Die Umsetzung sorgt auf Landesebene allerdings für Probleme, da ein Gutachten des Städte- und Gemeindebundes NRW das erlassene Gesetz der schwarz-grünen NRW-Regierung zur Differenzierung zwischen Wohngrundstücken und Nicht-Wohngrundstücken als nicht rechtssicher ansieht. In Gummersbach wollte man ursprünglich differenzieren, sowohl das Rathaus als auch eine politische Mehrheit im Stadtrat sprachen sich zuletzt aber wegen der fehlenden Rechtssicherheit klar gegen die Differenzierung aus, die Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern entlasten würde (OA berichtete).
Helmenstein sagte, dass er allein diese Woche zweimal mit dem Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW, Christof Sommer, telefoniert habe und in den kommenden Wochen noch mit weiteren sogenannten Schnellbriefen von dem Spitzenverband rechnet. „Für mich komme ich zu dem Ergebnis, dass es Fragestellungen gibt, die nicht bis ins letzte Detail geklärt sind“, so das Stadtoberhaupt. Klärungsbedarf sieht er vor allem für die Kardinalfrage, was passiert, wenn eine differenzierte Hebesatzung ganz oder teilweise für nichtig erklärt wird. Könnte das geheilt werden? Oder müssten die Kommunen dann die erhobene Grundsteuer B – in Gummersbach immerhin 12,3 Millionen Euro – abschreiben?
„Ich sehe mich in der Pflicht, den rechtssicheren Weg zu gehen, aber es muss auch darum gehen, die Mehrbelastung für den Bürger so gering wie möglich zu halten“, will Helmenstein diese beiden Ziele in Einklang bringen. Die Grundsteuer sei ein derart bedeutsames Thema, dass er auch auf einen politischen Konsens pocht: „Während meiner Amtszeit habe ich immer versucht, bei wichtigen Entscheidungen auch große Mehrheiten zu haben.“ Ein Foto-Finish-Ergebnis von nur einer oder zwei Stimmen-Mehrheit wolle er unbedingt vermeiden.
Für die Stadtkasse hat die Entscheidung Konsequenzen: Ohne neue Hebesatzung kann Gummersbach zunächst keine Grundsteuer erheben und einziehen. Eine entsprechende Satzung kann bis zum 30. Juni rückwirkend erlassen werden. Die daraus resultierende Liquiditätslücke könne die Stadt überbrücken, betont der Bürgermeister: „Hier stehen 12,3 Millionen Euro im Feuer. Wenn wir die verbrennen, haben wir ein ganz anderes Thema, als wenn wir diese Entscheidung noch ein wenig hinauszögern und eine gute Lösung für die Bürger finden.“ Die Bürger müssen dann für mehrere Quartale gleichzeitig bezahlen. Kämmerer Raoul Halding-Hoppenheit hatte ein solches Vorgehen noch am Montag im Finanzausschuss „nicht bürgerfreundlich“ genannt (OA berichtete).
Helmenstein hofft, die Hebesatzung spätestens mit dem Haushalt Anfang des Jahres einbringen zu können: „Wenn uns die aktualisierten Eckdaten vorliegen, muss es dann nach intensiver Betrachtung möglich sein, Anfang Februar den Sack zuzumachen. Das ist im Sinne aller Beteiligter und der richtige Weg für Gummersbach.“
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