GUMMERSBACH

Ein Jonglieren mit Rekordzahlen und hohen Defiziten

pn; 06.02.2025, 18:00 Uhr
Foto: Oberberg-Aktuell.
GUMMERSBACH

Ein Jonglieren mit Rekordzahlen und hohen Defiziten

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pn; 06.02.2025, 18:00 Uhr
Gummersbach - Haushaltseinbringung im Stadtrat - Verwaltung will nur moderat an der Grundsteuer-Schraube drehen.

Von Peter Notbohm

 

Es ist sein letzter städtischer Haushalt, an dem Bürgermeister Frank Helmenstein mitwirken wird. Im Herbst ist Schluss für das langjährige Stadtoberhaupt, sodass seine 21. Haushaltsrede am Donnerstagabend im Gummersbacher Stadtrat auch seine letzte sein wird. Das Zahlenwerk von Kämmerer Raoul Halding-Hoppenheit, das man bereits am Mittwoch den Medien im Rahmen eines Pressegesprächs vorstellte, hinterlässt bei ihm zwiegespaltene Gefühle. 

 

Es sei „total unbefriedigend“, wenn man Rekordergebnisse erziele und trotzdem keinen ausgeglichenen Haushalt hinbekomme, bekannte Helmenstein. Im vergangenen Jahr verzeichnete Gummersbach bei der Gewerbesteuer einen Allzeitrekord in Höhe von 49 Millionen Euro und plant damit auch in diesem Jahr, auch weil man an der Steuerschraube drehen wird.

 

Das Aufstellen des Haushaltsplans verglich Helmenstein mit einer Jonglage von vier Bällen. Der erste Ball stehe für das Investieren, der zweite für die Konsolidierung, der dritte für die Vermeidung der Haushaltssicherung und der vierte Ball für die Entlastung beziehungsweise geringstmögliche Belastung der Bürger, so das Stadtoberhaupt: „Und diese vier Ziele stehen natürlich in einem gewissen Spannungsverhältnis zueinander.“

 

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Mit rund 177,5 Millionen Euro Erträgen plant Halding-Hoppenheit für 2025. Das sind noch einmal fast sieben Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Gestiegen sind aber auch die zu erwartenden Ausgaben auf nun 189,9 Millionen - ein sattes Minus von über 12,34 Millionen Euro. Und auch in den Jahren bis 2028 rechnet der Kämmerer mit defizitären Haushalten.

 

Den Grund findet man im Gummersbacher Rathaus auch in diesem Jahr schnell: die strukturelle Unterfinanzierung aller Kommunen in NRW. Ein Beispiel dafür: Im Bereich Asyl fehlen der Stadt auch in diesem Jahr wieder 1,2 Millionen Euro von Land und Bund. Dass die Ausgleichsrücklage in Höhe von 14 Millionen Euro in diesem Jahr noch für den fiktiven Haushaltsausgleich ausreicht, hat man nur den verbesserten Zahlen aus 2023 zu verdanken. Statt des eingeplantes 9,7 Millionen Euro-Lochs fiel dieses mit 4,3 Millionen Euro nur halb so groß aus wie befürchtet. Auch für 2024 erwartet man bessere Zahlen.

 

Spätestens ab 2026 wird aber auch der neue Kämmerer um den nächsten Haushaltstrick nicht herumkommen, um dem Haushaltssicherungskonzept zu entgehen und mit dem Verlustvortrag arbeiten müssen, wodurch ein Großteil der Verluste in die Zukunft übertragen wird. Die Folge: fehlende Liquidität und steigende Kassenkredite. Gemäß Gemeindeordnung muss dieser Verlustvortrag zudem nach drei Jahren wieder aufgelöst werden. 2023 stand das Eigenkapital der Stadt noch bei 70 Millionen Euro. Halding-Hoppenheit rechnet damit, dass es 2028 nur noch 42,6 Millionen Euro betragen wird.

 

Massiv steigen werden vor allem die Personalkosten und der Versorgungsaufwand. Zahlte man hierfür im vergangenen Jahr noch 42,76 Millionen Euro sind nun 46,05 Millionen Euro zu erwarten. Die Aufgaben nehmen stetig zu, erklärt Helmenstein. Das mache sich vor allem in den Bereichen der Cybersicherheit und der Jugendhilfe bemerkbar. „Wir werden zum Reparaturbetrieb der Gesellschaft“, rechnet der Bürgermeister vor, dass man inzwischen mit 80.000 Euro je Fall bei einer Heimunterbringung rechne. Die Zahl der Fälle steige nicht nur, auch die Qualität der Fälle sei inzwischen eine andere. Helmenstein betont deshalb auch wie wichtig Prävention in diesem Zusammenhang sei: „Ohne Prävention sähen diese Zahlen noch schlimmer aus.“

 

Ein weiterer Kostentreiber des Gummersbacher Haushaltsplans: die Kreisumlage. Helmenstein spricht in diesem Zusammenhang von einem „traurigen Bild“, dass die Stadt noch einmal fast vier Millionen Euro mehr als im Vorjahr an den Kreis abführen muss – inzwischen 44,25 Millionen Euro. Die 50 Millionen Euro-Marke sei nicht mehr weit entfernt. „Das sind Größenordnungen, die man nicht mal eben beiseite packen kann“, schimpft Helmenstein, „da kann sich unsere Gewerbesteuer so gut entwickeln, wie sie will“.

 

Entwickeln und investieren will die Stadt trotz schwieriger Kassenlage aber auch in diesem Jahr. 17 Millionen Euro (1,8 weniger als im Vorjahr) sind dafür vorgesehen. Die größten Projekte sind neben dem Umzug der Stadtbücherei der Neubau der Sporthalle in Strombach, das Feuerwehrgerätehaus Homert, sowie zwei Maßnahmen an der Grundschule Derschlag und der Realschule Hepel.

 

Für den Bürger gibt es auch gute Nachrichten: An der Steuerschraube will man im Gummersbacher Rathaus nur sehr moderat drehen. 871 Prozentpunkte hatte das NRW-Finanzministerium für die Kreisstadt als aufkommensneutralen Grundsteuer B-Hebesatz errechnet. Der Hebesatz soll aber nur von 675 auf 795 Prozentpunkte steigen. Für die Stadt bedeutet das Mindereinnahmen in Höhe von rund 900.000 Euro. „Wir wollen nicht massiv an der Steuerschraube drehen, sondern den Bürger nicht höher belasten als unbedingt notwendig“, sagt Halding-Hoppenheit. Die Grundsteuer A soll auf 401 Prozentpunkte (vorher 545) festgesetzt werden, die Gewerbesteuer um fünf Prozentpunkte auf 487 steigen.

 

Für die Bürger hat der Kämmerer und CDU-Bürgermeisterkandidat für die anstehende Kommunalwahl ein Versprechen: „Den Gummersbachern geht es auch in 2025 weiter gleichgut. Wir werden weiter viel investieren und das große und sehr gute Dienstleistungsangebot wird nicht reduziert.“

 

Der Haushalt soll am 2. April verabschiedet werden. Die Eckdaten des Haushalt gibt es hier

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