GUMMERSBACH

Sprechstunde mit Doc Caro

us; 05.05.2023, 11:36 Uhr
Fotos: Michael Kleinjnung --- Das traute Wohnzimmer-Ambiente auf der Bühne wurde von Erzählungen aus dem knallharten Arbeitsalltag von "Doc Caro" konterkariert.
GUMMERSBACH

Sprechstunde mit Doc Caro

us; 05.05.2023, 11:36 Uhr
Gummersbach - Im Rahmen ihrer Lesetour gestattete Carola Holzner, bekannt als" Doc Caro", authentische Einblicke in ihren Alltag als Notfallmedizinerin, ermahnte ihre Zuhörer eindringlich, sich im Notfall als Ersthelfer zu betätigen.

Von Ute Sommer 

 

Den Prominenten-Status erlangte sie durch ihr Engagement in der SAT 1-Reportagereihe "Einsatz mit Herz" und durch ihre 500.000 Follower, denen sie in ihren Videoblogs teils komplexe medizinische Themen verständlich nahebringt. Im Rahmen ihrer AOK Rheinland/Hamburg-Lesereise machte Carola Holzer, eigentlich Fachärztin für Anästhesiologie, Oberärztin am Helios Klinikum Duisburg und Notärztin im Rettungsdienst bei der Luftrettung, Station in der Gummersbacher Halle 32, wo 420 Zuhörer ihrer" Sprechstunde" mit Ausführungen aus der oft verrückten Praxis des Rettungswesens folgten.

 

[Mit jeder Menge Begabung fürs medizinisches Infotainment zog Fachärztin Carola Holzner die Zuhörer in ihren Bann.]

 

"Ich möchte ihnen verdeutlichen, dass ausnahmslos jeder von jetzt auf gleich in eine medizinische Notlage geraten kann", schilderte sie einen kürzlich aufgetretenen Fall, bei dem ein 40-jähriger Familienvater während eines Extremmarsches über plötzliche Atemprobleme und Ganzkörperschmerzen klagte. Der klinisch diagnostizierte akute Hinterwand-Infarkt hätte ohne rasche medizinische Intervention den sicheren Tod des Mannes zur Folge gehabt.

 

"Es geht aber nicht immer um Leben und Tod", appellierte sie, nicht leichtfertig die 112 zu alarmierten und die Notaufnahme nicht als "erweiterte Hausarztpraxis" zu missbrauchen. Bei nicht lebensbedrohlichen Erkrankungen könne ein 116 117-Anruf bei der Bereitschaft des kassenärztlichen Notdienstes die medizinische Dringlichkeit der Erkrankung beurteilen und an entsprechende Praxen vermitteln.

 

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Als erfahrene KV-Ärztin ließ Holzner ihre Zuhörer teilhaben an einem skurrilen, aber realen Telefongespräch, nacherzählt in ihrem neuen Buch "Keine halben Sachen". Besagter Anrufer wollte freitagabends um 22 Uhr seinen nicht akut kranken, sondern dementen Vater ins Krankenhaus einweisen lassen, da dessen Betreuung der anderntags beginnenden Urlaubsreise im Weg stünde. "Wir können ihn ja schlecht an der Raststätte aussetzen.“

 

[Als stellvertretender AOK Regionaldirektor Oberberg begrüßte Daniel  Vankerkom den Publikumsmagneten Doc Caro, der die Ausweitung des Veranstaltungsortes von anfänglich 80 im AOK-Haus auf über 400 Plätze erforderte.]

 

Nach langem Hin und Her und der Weigerung Holzners, der Forderung stattzugeben, hätte der Sohn über die Notrufnummer 112 den Rettungsdienst mit Hinweis auf "akut aufgetretene Verwirrung" alarmiert und so die Krankenhausaufnahme erzwungen. "Wir haben kein medizinisches, sondern ein Versorgungsproblem, was vor Weihnachten oder anderen Feiertagen verstärkt deutlich wird", forderte "Doc Caro" zu mehr Achtsamkeit in Nachbarschaft und Freundeskreis auf. "Tut es doch einfach", unterstrich sie zu beifälligem Applaus des Publikums.  

 

Den zweiten Teil des Abends widmete die Medizinerin ihrer "Herzensangelegenheit", wobei die Metapher durchaus im Wortsinn zu verstehen ist. "Beherzte", also entschlossene Ersthelfer, die die im Notfall die Wiederbelebung durch Herzdruckmassage beherrschten, wären in der Lage mehrere Tausend Menschenleben pro Jahr zu retten.

 

 

Aufgekratzt und sachlich erläuterte die "Ersthelfer-Missionarin" den quasi andachtsvollen Zuhörern die Zusammenhänge zwischen dem Pumporgan, dem Kreislauf und der Sauerstoffsättigung im Gehirn, die durch spontane und ausdauernde Herzdruckmassage bis zum Eintreffen der Rettungsprofis sichergestellt werden könne. "Das muss schon in den Schulen vermittelt werden", empfahl sie, nach dem Rhythmus von "Staying alive" oder "Happy Birthday" aktiv zu werden. Nicht nur Ärzte, sondern jeder Ersthelfer könne Leben retten. "Zu wenige helfen und das will ich ändern.“

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