GUMMERSBACH
Startschuss für Alte Vogtei soll im April erfolgen
Gummersbach - Unwägbarkeiten, Lieferkettenprobleme und Kostensteigerungen verzögern den Abschluss der Sanierungsarbeiten bis ins kommende Frühjahr.
Von Peter Notbohm
Die „gute Stube der Stadtgesellschaft“ soll die Alte Vogtei nach ihrer Sanierung werden. Bis das zweitälteste Gebäude in Gummersbach aber endlich mit Leben gefüllt werden kann, wird es noch mindestens ein halbes Jahr dauern. Ursprünglich sollten die Umbauarbeiten bereits Ende 2022 abgeschlossen werden (OA berichtete), durch die Auswirkungen der Corona-Krise war dieser Termin aber nicht haltbar. Und auch der neue Termin in diesem Herbst erwies sich bereits im Frühling als illusorisch.
Der Startschuss zur Inbetriebnahme soll nach aktuellem Stand nun Anfang April fallen. Das bestätigte Gummersbachs Technischer Beigeordneter Jürgen Hefner im Gespräch mit Oberberg-Aktuell. Demnach plant man die Fertigstellung der Arbeiten derzeit im ersten Quartal. Neben Corona machten sich zusätzlich die Auswirkungen des Ukraine-Krieges bemerkbar, den größten Anteil an den Verzögerungen hat aber das Gebäude selbst. „Wir hatten mit vielen Unwägbarkeiten zu kämpfen“, erklärt der Gummersbacher Stadtplaner.
Vor allem die Arbeiten an den Außenanlagen, den Dacharbeiten und der Fassade, die wieder weiß eingeschlämmt werden soll, stockten zuletzt durch das schlechte Wetter der vergangenen Wochen. Erst wenn diese Arbeiten abgeschlossen sind, will man einen konkreten Termin für die Eröffnung bekanntgeben. „Wir befinden uns im Bereich der Altbausanierung. Da gibt es vieles, was nicht so planbar ist, wie bei einem Neubau. Es tauchen immer wieder Dinge auf, mit denen man nicht gerechnet hat“, spricht Hefner von einer ganzen Reihe an Schwierigkeiten.
Überrascht wurden die Planer und Handwerker vor allem von der Baukonstruktion des Gebäudes, die in vielen Teilen nicht so war, wie man es sich erhofft hatte. Besonders in der Holzkonstruktion gab es sehr viele Schäden, sodass unzählige Balken ausgetauscht werden mussten. Auch die fachmännische Bekämpfung des Schädlingsbefalls und des holzzerstörenden Pilzes Hausschwamm nahm Zeit ein.
Probleme bereitete zudem das Thema Denkmal und Altbau. Viele der benötigten Gewerke gebe es heute nur noch von Spezialisten, sodass Ausschreibungen auch mehrfach wiederholt werden mussten. So mussten Zimmermänner vieles in händischer Kleinarbeit fertigen. „Lehm ist im Neubau heute kaum noch gefragt“, weiß der Baudezernent. Auch für die Dach- und Fassadenarbeiten mussten Spezialfirmen beauftragt werden.
[Grafik: Entwicklungsgesellschaft Gummersbach ---- Nach der Sanierung wird die Alte Vogtei über eine Nutzfläche von 380 Quadratmetern verfügen. Der Anbau soll eine weitere Fläche von 435 Quadratmetern bieten.]
Enormen Aufwand bedeuteten auch die Arbeiten an der Standsicherheit der Alten Vogtei. „Das eigentliche Gebäude an sich, hätte nicht mehr lange gestanden“, sagt Hefner. Den vorgefundenen Zustand beschreibt er als „in Teilen dramatisch“. Der Untergrund war durch das weggefaulte Fundament nicht mehr tragend, sodass bereits eine Mittelwand abgesackt war. Die Statik habe man aber gut in den Griff bekommen. Mit Minibohrpfählen und Balken wurde alles unterfüttert. Das Raumtragwerk besteht bis in den Dachstuhl aus tonnenschweren Stahlträgern und der tragende Teil ist nun innenliegend – alles Arbeiten die aufwendig eingetragen werden mussten. „Das Ganze muss man sich wie ein Korsett vorstellen“, erklärt Hefner.
Trotzdem habe man sich bemüht, im historischen Gebäudeteil so viel wie möglich zu erhalten: Das fängt bei den Außenwänden an, geht über das nun unterstützte Dachtragwerk bis hin zu einer Holztreppe im Dachstuhl aus der Entstehungszeit. Bei den Fenstern hat man sich ebenfalls historisch orientiert: Über die Jahrhunderte waren diese immer wieder durch modernere ausgetauscht und dadurch stilistisch verändert worden. Die neuen Fenster nehmen Bezug auf die Urgestaltung.
[Foto: Leif Schmittgen --- So sah die Alte Vogtei vor dem Umbau noch aus.]
Optisch dürfen sich die Bürger an der Fußgängerzone auf Neuerungen einstellen: Der Bereich zur Kaiserstraße soll öffentlicher und barrierearm gestaltet werden. Die Mauer, die das Grundstück bislang umrandet und damit als Privatraum abgetrennt hat, soll verschwinden. Als kleine Highlight ist zudem ein kleiner Trinkbrunnen in diesem Bereich vorgesehen. Auch im Neuanbau laufen die Arbeiten auf Hochtouren: Putzarbeiten und Elektroinstallationen sind inzwischen fertiggestellt. Was noch fehlt, sind der Estrich und die Sanitäranlagen. Der Trockenbau muss anschließend weiter eingebaut werden, ehe die Oberflächen dran sind.
Auch das Thema Klimaschutz kommt bei der Sanierung nicht zu kurz: Auf dem Anbau wird eine Photovoltaikanlage installiert, im Altbau, in dem ursprünglich ein Brennwertkessel eingeplant war, wird man nun auf eine Wärmepumpenheizung setzen. „Hier sind wir nach zwei Jahren der Entwicklung noch einmal umgeschwenkt. Die Arbeit lohnt sich aber, auch wenn die Ausführung im Bereich der Heizkörper aufwendiger ist“, meint Hefner.
Wenig verwunderlich ist hingegen, dass die vielen Kostensteigerungen im Bausektor, die Lieferkettenunterbrechungen und die unvorhersehbaren Probleme während der Sanierungsarbeiten ihren Preis haben: Statt der ursprünglich veranschlagten acht Millionen Euro wird das Projekt noch einmal 1,2 Millionen Euro mehr kosten. Die reinen Gebäudekosten belaufen sich auf etwa 6,7 Millionen Euro. Positiv aus Gummersbacher Sicht: Die Mehrkosten werden durch einen Nachtragsantrag ebenfalls zu 80 Prozent durch Bundes- und Landesmittel gefördert.
„Ich freue mich auf ein schönes, neues Haus für die Gummersbacher Stadtgesellschaft, in dem viele unterschiedliche Nutzungen untergebracht werden können und das eine Bereicherung für das städtische Leben der Innenstadt wird“, sehnt Baudezernent Hefner der Fertigstellung entgegen.
KOMMENTARE
1
Was mich wundert ist das man nichts darüber hört was gefunden worden ist bei entkernen und Dach neu machen???
Eigentlich bei so einem alten Gemäuer seltsam.
Links zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
ARTIKEL TEILEN