HANDBALL
Bärenstarker VfL verliert unglücklich gegen die Füchse
Gummersbach - Auch drei verworfene Siebenmeter kosten Gummersbach die Sensation gegen Berlin - 'RPP - Ambulantes Therapie- und Reha-Zentrum' und AggerEnergie präsentieren die Berichterstattung über den VfL Gummersbach (AKTUALISIERT).
Von Uli Klein
Viel Zeit, um die deutliche Heimniederlage am Donnerstagabend gegen die Recken aus Hannover einigermaßen zu verarbeiten, blieb den Handballern des VfL Gummersbach wahrlich nicht. Ganze 67 Stunden lagen zwischen der 27:34-Enttäuschung gegen die Niedersachsen, dann wartete am frühen Sonntagnachmittag bereits der nächste Lackmustest auf die Jungs von Goggi Sigurdsson. "Die spielen eine überragende Hinserie und zählen zu den absoluten Topteams der Bundesliga", hatte der VfL-Coach den aktuellen Tabellenzweiten im Vorfeld des Matches in höchsten Tönen geadelt.
VfL Gummersbach - Füchse Berlin 28:30 (17:14).
[Fabian Norsten präsentierte sich als starker Rückhalt.]
Als Schluss ist, verraten die Szenen auf dem blauen Boden der SCHWALBE arena, welches Ende das Nachmittagsdrama genommen hatte: In der linken Spielhälfte jubelnde Spieler in Grün, die ihr Glück kaum fassen können. Auf der anderen Seite die Jungs in Blau, die wahlweise mit hängenden Schultern oder hängenden Mundwinkeln Richtung Kabinengang schlurfen.
Auf Höhe der Mittellinie kreuzen sich die Wege mit den beiden Akteuren, die das Spiel leiteten und in erster Linie mit überbordendem Gestus, aber umso limitierterer Souveränität auffällig geworden waren. Manch ein Handballfan hätte sich wohl ein anderes Unparteiischen-Gespann als die schwache Kombi Köppl/Regner in der dampfenden Arena gewünscht.
So aber hinterließ der Auswärtssieg der Füchse einen faden Beigeschmack bei den blau-weißen Fans unter den 4.132 Besuchern, obwohl diese fraglos ein hochwertiges Handballspiel erlebt hatten: Ihr VfL hatte an diesem Nachmittag nämlich gewiss mehr verdient als lobende Worte der Experten. Dass Sigurdsson die Seinen geradezu euphorisch lobte - "Ich könnte heute nicht stolzer auf meine Jungs sein. Wir haben heute gegen eine der zwei, drei besten Mannschaften Deutschlands eine überragende Abwehrleistung geboten" - überraschte schon mal, gilt der Isländer doch als eher sachlicher Zeitgenosse.
[Nach dem Foul an Hakon Styrmisson wurde es hektisch auf dem Feld. Marsenic und Vidarsson gerieten aneinander, hatten sich nach wenigen Sekunden aber auch wieder beruhigt und an der Mittellinie abgeklatscht.]
Dass sich aber auch Jaron Siewert begeistert vom Verliererteam zeigte, unterstrich, dass sich der Aufsteiger tatsächlich ein wirklich starkes Stück gegen die Berliner geleistet hatte: "Zur Wahrheit gehört heute auch, dass Gummersbach drei Siebenmeter liegen lässt. Wenn das nicht passiert wäre, hätte es vielleicht anders ausgesehen. Angeführt von Paul Drux und Hans Lindberg waren wir am Ende noch einmal stark, aber insgesamt ist es sicherlich ein glücklicher Sieg und nicht das sportlich fairste Ergebnis. Ich möchte Gummersbach und Goggi als Trainer meinen Respekt zollen, denn der VfL spielt wirklich eine starke Saison."
In der Tat erwischte der freche Neuling einen echten Turbostart: "Tempo, Tempo, Tempo", lautete die Losung des Nachmittags. Und als Julian Köster nach acht Minuten einnetzte, blinkte ein 7:2 für das blau-weiße Rollkommando von der Anzeigentafel. Auch nach einer Viertelstunde herrschten Freude und Zuversicht im Lager des Heimteams, das weiterhin einen Vier-Tore-Vorsprung (13:9) behauptete. Vor allem, weil die kompakte Abwehrreihe auch noch einen glänzend disponierten Keeper hinter sich wusste: Fabian Norsten parierte jedenfalls mehrfach glänzend bis herausragend.
Als die Gäste eine kurze Phase oberbergischer Unkonzentriertheit nutzten und vom 13:9 innerhalb von einer Minute auf 13:12 herankamen, drohte das Spiel zu kippen. Aber wie so oft in dieser Spielzeit zeigte das Bundesliga-Erstsemester wieder einmal Nehmerqualitäten und konterte bis zum Gang in die Pause zu einem 17:14. Angetrieben vom stimmgewaltigen Anhang blieb man auch nach Wiederbeginn zunächst am Drücker.
["Es war ein besonderes Spiel für mich. Aber während der 60 Minuten blendet man das aus", sagte der gebürtige Gummersbacher Paul Drux nach dem Spiel. "Wir haben das Spiel nicht vorne gewonnen, weil wir viel zu viel Eins gegen Eins und technische Fehler gemacht haben. Victor hat uns mit seinen Paraden nachher zum Glück die nötige Sicherheit gegeben."]
Beim 24:20 (42.) wähnte man sich denn auch durchaus berechtigt auf erfolgreichem Kurs, ehe es hitzig auf dem Feld wurde. Zunächst bekam Füchse-Trainer Jaron Siewert eine Zeitstrafe, nur wenig später sah Fabian Wiede für ein Foul an Hakon Styrmisson die rote Karte. In derselben Szene gerieten auch die beiden Kreisläufer Ellidi Vidarsson und Mijajlo Marsenic heftig aneinander. Nachdem sich die Szenerie wieder beruhigt hatte, stand es es 24:24.
Anschließend wurde neben Füchse-Keeper Victor Kireev und Rechtsaußen Hans Lindberg ausgerechnet ein Ex-Gummersbacher zum Faktor: Paul Drux attackierte mit seiner enormen Physis immer wieder die Defensive seines Heimatvereins und war dabei letztlich sieben Mal erfolgreich. Drei vergebene Strafwürfe der Gummersbacher taten ihr übriges.
Gummersbach: Lukas Blohme (7), Stepan Zeman (4), Hakon Styrmisson (4/2), Julian Köster (3), Finn Schroven (3), Dominik Mappes (3/1), Tilen Kodrin (2), Ellidi Vidarsson (1), Tom Kiesler (1).
Berlin: Hans Lindberg (9/5), Paul Drux (7), Nils Lichtlein (3), Mijajlo Marsenic (3), Jacob Holm (2), Mathias Gidsel (2), Max Darj (1), Lasse Andersson (1), Tim Freihöfer (1), Milos Vujovic (1).
Zeitstrafen
8:14 Minuten (Kiesler, 3x Zeman (Rot), Vidarsson - Drux, Lindberg, Siewert, Wiede (Rot), 2x Marsenic (Rot), Vujovic).
Siebenmeter
3/6 - 2/2 (Mappes scheitert an Kireev, Blohme und Styrmisson an die Latte - Lindberg sicher).
Schiedsrichter
Julian Köppl/Dennis Regner.
Zuschauer
4.132 (ausverkauft).
KOMMENTARE
1
Hallo Herr Klein.
Erneut haben Sie einen lesenswerten Bericht über das Spiel des VfL gegen die Füchse aus Berlin geschrieben. Erfreulich auch, dass Sie die schwache Leistung der beiden Schiedsrichter in den Fokus gerückt haben. Frohe Weihnachten
2
Der VFL macht wie leider so oft den gleichen Fehler. Führt man mit 4 oder 5 Toren will man den Gegner an die Wand spielen. Das Spiel wird zu schnell und hektisch gemacht. Man kommt dem eigenen Tempo nicht mehr hinterher. Leichte Fehler schleichen sich ein. Hier ist der Trainer gefragt.
Peter Herrmann, 18.12.2022, 22:42 Uhr3
Die Mannschaft ist gegenüber den Spitzenteams von der Physis her unterlegen. Sie kann eigentlich nur über tempo- und risikoreiches Spiel gegen solche Mannschaften bestehen.
Einfache Tore aus dem Rückraum fehlen derzeit. Wenn diese junge Mannschaft zusammen bleibt und mit zwei „Shootern“ RM und RR ergänzt wird, spielt sie in zwei bis drei Jahren sicher um die Plätze drei bis fünf.
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