HANDBALL
Zu viele Fehler: Gummersbach kassiert in Eisenach "historische" Niederlage
Gummersbach - Auch ein starker Miro Schluroff kann die zweite Saisonniederlage des VfL Gummersbach nicht verhindern - 'RPP - Ambulantes Therapie- und Reha-Zentrum' und AggerEnergie präsentieren die Berichterstattung über den VfL Gummersbach.
Von Peter Notbohm
ThSV Eisenach – VfL Gummersbach 32:29 (15:15).
Die zweite Saisonniederlage des VfL Gummersbach kann man fast schon historisch nennen. Seit 23 Jahren hatte der oberbergische Altmeister kein Spiel mehr gegen den ThSV Eisenach verloren, am Sonntagnachmittag war der Erfolg der Ostdeutschen allerdings mehr als verdient. Der bisherige Tabellendritte der Handball-Bundesliga zeigte sich defensiv ungewohnt unsortiert und produzierte auch offensiv deutlich zu viele technische Fehler.
Schon zur Pause hatten die VfL-Handballer bereits neun technische Fehler in der Statistik stehen. Ein Wert, auf den die Oberberger im bisherigen Saisonverlauf sonst erst nach 60 Minuten kamen. Beim Schlusspfiff waren es 14 Ballverluste, hinzu kamen elf Fehlwürfe. Auch Miro Schluroff, der Gummersbach im zweiten Durchgang mit seinen Toren nahezu im Alleingang im Spiel hielt, monierte im Anschluss am DYN-Mikrofon den fehlenden defensiven Zugriff und auch die hohe Fehlerquote: „Wir verlieren jedes Eins-gegen-Eins, waren nicht wach und konnten unseren Torhütern überhaupt nicht helfen. Vorne fehlt uns die richtige Distanz zur Abwehr und wir spielen Bälle, die wir sonst nicht spielen.“
Schon früh geriet die „Aßmann-Hölle“, wie man die Werner-Aßmann-Halle in Hallenkreisen auch gerne nennt, auf Betriebstemperatur. Gummersbach, das wie schon beim Pokalspiel in Hüttenberg auf Kentin Mahé im Kader verzichtete, gelang es nur in der Anfangsphase seiner Favoritenrolle gerecht zu werden. Der VfL begann defensiv solide und hatte mit Dominik Kuzmanovic, der vor dem zuletzt starken Bertram Obling den Vorzug im Tor erhielt, im ersten Durchgang auch einen guten Rückhalt. Der Kroate kam bis zur Pause auf sechs Paraden, am Ende waren es zehn (29 Prozent).
Doch die frühe 5:3-Führung (10.) sorgte keineswegs für Sicherheit. Die ungewohnt vielen Fehler brachten Eisenach zurück ins Spiel. Die Hausherren nutzten das kurze Fehlen von Julian Köster, der mit einer blutenden Wunde vom Feld musste, gnadenlos aus und kamen zum 6:6 (15.) zurück. Von nun an war es ein offener Schlagabtausch bis zur Pause. Viele Fehler beiderseits bestimmten die folgenden Minuten. Nachdem auch Ex-Nationaltorhüter Silvio Heinevetter seinen ersten Ball hielt, brachte Vincent Büchner die Hausherren erstmals in Führung.
Dank Kuzmanovics Paraden drehte der VfL das Spiel aber schnell wieder zum 10:12 (24.), musste nach einer Zeitstrafe gegen Horzen aber auch genauso schnell wieder den 12:12-Ausgleich (26.) hinnehmen. Bis zum Halbzeitpfiff der umsichtigen Unparteiischen schenkten sich beide Teams weiterhin nichts, sodass es mit einem Unentschieden in die Kabine ging.
Schindler äußert sich zu Gerüchten um angebliche Schuldenfalle
Im Halbzeit-Interview bei DYN äußerte sich VfL-Geschäftsführer Christoph Schindler zu den kursierenden Gerüchten um finanzielle Sorgen beim VfL Gummersbach. Diese waren zuletzt durch den Handball-Podcast „Kreis ab“ aufgekommen, der sich dabei auf einen offiziellen Flyer des VfL Gummersbach, mit dem neue Investoren geworben werden sollen, sowie die öffentlich einsehbaren Zahlen aus dem Bundesanzeiger beruft, wonach der VfL Gummersbach ein negatives Eigenkapital in Höhe von 3,6 Millionen Euro im Jahresabschluss 2024 ausweist.
Schindler sprach davon, dass es „keinen Grund zur Sorge“ gebe. Dem Verein gehe es trotz weiterhin bestehender Altschulden in Höhe von 1,2 Millionen Euro gut wie lange nicht mehr und sei zuletzt sportlich und wirtschaftlich sehr erfolgreich gewachsen. Dieses Wachstum wolle man nun durch neue Investoren vorantreiben. Derzeit trage der Verein jährlich 600.000 Euro Schulden ab. „Geld das wir lieber in die Mannschaft stecken wollen“, so Schindler.
Zu den Auflagen der HBL gehöre es, dass das negative Eigenkapital reduziert werden muss. Laut Flyer braucht der Verein bis zum Jahresende drei Millionen Euro, ansonsten verstößt man gegen das Lizenzierungsverfahren. Kolpotiert wird auch ein möglicher Punktabzug, da der VfL die HBL-Regeln bereits das dritte Jahr in Folge verletzten soll. Auf die Frage, worum es sich bei den 3,6 Millionen Euro handelt, reagierte Schindler ausweichend, sagte lediglich, dass man die Auflagen jederzeit erfüllt habe und wirtschaftliche Unternehmen immer Risiken eingehen. Der Verein sei nicht zahlungsunfähig.
Ihn störe „extrem“, wie das Thema öffentlich geworden ist: „Wir suchen keinen Retter, sondern Wegbereiter.“ Mit dem Fyler, der OA vorliegt, habe lediglich das Netzwerk ausgebaut werden sollen. Drohende Sanktionen durch die HBL verneinte Schindler. Auch HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann hatte sich gegenüber der Bild-Zeitung geäußert, dass er von keinem Verein wisse, der Liquiditätsprobleme habe. Gleichzeitig verwies er aber auf die Tatsache, dass bestehendes negatives Eigenkapital jährlich um zehn Prozent verbessert werden muss und es ansonsten Sanktionen, im Wiederholungsfall Punkteabzüge gebe. Aus der Gerüchteküche war zuletzt allerdings zu vernehmen, dass es auf einer der letzten HBL-Sitzungen lauter geworden sein soll.
Die schwächste Phase hatte Gummersbach, das nach der Pause auf Stepan Zeman im Innenblock setzte, nach dem Seitenwechsel. Der Treffer von Kay Smits zum zwischenzeitlichen 17:16 (36.) blieb das einzige VfL-Tor bis zur Auszeit von Cheftrainer Gudjon Valur Sigurdsson beim 20:16 (38.). Vor allem die vier Fehlwürfe und zwei weitere technische Fehler brachten den isländischen Trainer-Vulkan zum Brodeln. „Wenn ihr ein bisschen Lust habt, Handball zu spielen, dann gilt es jetzt damit anzufangen“, fauchte er seine Spieler an.
Aber schon der nächste VfL-Angriff endete im nächsten Fehler. Erst eine doppelte Unterzahlsituation Eisenachs nach einem Wechselfehler sowie der unbändige Wille von Miro Schluroff brachten die Oberberger nach dem 22:18 (43.) wieder auf 24:23 (50.) heran. Der Nationalspieler wurde von seinen Mitspielern nun immer wieder gesucht. Insgesamt waren die VfL-Offensivbemühungen aber deutlich zu rückraumlastig. Dem engen Eisenacher Abwehrverbund gelang es mehrfach das Zentrum zu verdichten. Vorne wurde das Eisenacher Spiel vor allem vom jungen Felix Aellem (21) mit neun Toren getragen.
Doch ausgerechnet Schluroff leitete nun mit einem schlecht getimten Steckpass auf Kreisläufer Ellidi Vidarsson die nächste gute Phase der Thüringer ein, die sich auch von der letzten Auszeit Sigurdssons nicht mehr bremsen ließen und auf 28:24 (56.) davonzogen – Max Beneke traf mit einem Strahl in den Winkel des Tors des mittlerweile eingewechselten Oblings.
Auch in den Schlussminuten holte sich Gummersbach nur noch blaue Flecken ab. Besonders schmerzhaft traf es erneut Köster, der mit dem Kiefer auf die Schulter von Vidarsson knallte. Spätestens mit 31:27 (59.) durch Peter Walz war die Partie entschieden. Noch einmal Schluroff: „Wir waren eigentlich gut vorbereitet und wissen, dass Eisenach eine harte, griffige Abwehr hat. Aber auch wir haben starke Eins-gegen-Eins-Spieler, die Leute binden können. Heute ist uns das aber gar nicht gelungen, dazu verunsichern uns die technischen Fehler.“
In der Tabelle rutscht Gummersbach durch die Niederlage vom dritten auf den sechsten Platz ab. Es war nicht die einzige Überraschung des Spieltags: Mit dem THW Kiel hat auch das letzte bislang verlustpunktfreie Team durch ein 31:31-Remis den ersten Punkt abgegeben. Das nächste Spiel steht für Gummersbach am Donnerstag gegen den HC Erlangen auf dem Programm.
Eisenach: Felix Aellen (9), Stephan Seitz, Vincent Büchner (je 4), Peter Walz (3), Oskar Joelsson (3/2), Max Beneke, Philipp Meyer, Vukasin Antonijevic (je 2), Fynn Hangstein, Moritz Ende,Tillman Leu (je 1).
Gummersbach: Miro Schluroff (10), Ellidi Vidarsson (5), Mathis Häseler, Julian Köster, Joao Gomes (je 3), Kay Smits (2), Kristjan Horzen, Tilen Kodrin (je 1), Milos Vujovic (1/1).
Zeitstrafen
10:4 Minuten (Walz, Aellen, 2x Leu, Seitz - Horzen, Kiesler).
Siebenmeter
2/3 – 1/1 (Joelsson scheitert an Kuzmanovic)
Schiedsrichter
Robert Schulze/Tobias Tönnies.
Zuschauer
2.610.
![]()
KOMMENTARE
Jeder Nutzer dieser Kommentar-Funktion darf seine Meinung frei äußern, solange er niemanden beleidigt oder beschimpft. Sachlichkeit ist das Gebot. Wenn Sie auf Meinungen treffen, die Ihren Ansichten nicht entsprechen, sehen Sie von persönlichen Angriffen ab. Die Einstellung folgender Inhalte ist nicht zulässig: Inhalte, die vorsätzlich unsachlich oder unwahr sind, Urheberrechte oder sonstige Rechte Dritter verletzen oder verletzen könnten, pornographische, sittenwidrige oder sonstige anstößige Elemente sowie Beschimpfungen, Beleidigungen, die illegale und ethisch-moralisch problematische Inhalte enthalten, Jugendliche gefährden, beeinträchtigen oder nachhaltig schädigen könnten, strafbarer oder verleumderischer Art sind, verfassungsfeindlich oder extremistisch sind oder von verbotenen Gruppierungen stammen.Links zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
