Bilder: Michael Kleinjung --- Der Andrang im Bürgerhaus Neuenothe war groß.
ARCHIV
Wird das Bürgerhaus zur Flüchtlingsunterkunft?
Bergneustadt - In einer Bürgerversammlung mit dem SPD-Stadtverordneten Detlef Kämmerer und Bürgermeister Wilfried Holberg ging es um die Zukunft des Bürgerhaus Neuenothe - Wegen eines medizinischen Notfalls wurde die Veranstaltung abgebrochen.
Die für den gestrigen Abend einberufene Bürgerversammlung in Bergneustadt-Neuenothe stieß auf großes Interesse. Zahlreiche Othetaler waren der Einladung des SPD-Stadtverordneten Detlef Kämmerer gefolgt, um mit ihm und Bürgermeister Wilfried Holberg über die Zukunft ihres Bürgerhauses zu sprechen.In eben diesem Gebäude wurde es schon vor Veranstaltungsbeginn so voll, dass viele Besucher stehen oder auf dem Gang vor dem Saal Platz finden mussten. Beweggrund für den Diskussionsabend war eine mögliche Nutzungsänderung des Bürgerhauses. In naher Zukunft könnte das in städtischem Besitz liegende Gebäude in eine vorübergehende Flüchtlingsunterkunft umgewandelt werden.
[Der SPD-Stadtverordnete Detlef Kämmerer hatte eingeladen, um über die Zukunft des Bürgerhauses zu informieren.]
Die finanzielle Situation der Stadt Bergneustadt ist bekannt, seit Jahren befindet man sich im Nothaushalt. Die verpflichtende Teilnahme am Stärkungspakt fordert Einsparungen aller Art auch den Verkauf städtischer Immobilien. Eine dieser Immobilien ist das Neuenother Bürgerhaus. Seit zwei Jahren soll es veräußert werden, ein Interessent wurde noch nicht gefunden. Bisher lief der Betrieb daher weiter. Das Bürgerhaus bietet Unterkunft für die Freiwillige Feuerwehr, ist Ort für Feierlichkeiten und Sportstätte des TuS Othetal.
Weil die Stadt Bergneustadt nun weitere Flüchtlinge aus Krisengebieten aufnehmen und ihnen Unterkünfte zur Verfügung stellen muss, könnte sich diese Nutzung nun doch ändern. Es ist angedacht, das Bürgerhaus zeitweise für diese Art der Unterbringung zu nutzen, erklärte Holberg, der zur genauen Zeitspanne und Beginn der Arbeiten keine weitere Auskunft gab. Dafür erklärte er, wieso man das Gebäude im Blick hat: Angesichts der Kostensituation müssen wir die Flüchtlinge mit möglichst geringem Kostenaufwand aufnehmen können. Eine Ersparnis könne durch den günstigen Umbau städtischer Immobilien und den Wegfall von Mieten erreicht werden.
Claudia Adolfs, Fachbereichsleiterin für Vermietung, Verpachtung und Verkauf von Grundstücken bei der Stadt Bergneustadt, erklärte, wie der Umbau des Bürgerhauses vonstatten gehen soll. Der Saal in der oberen Etage könnte mit Leichtbauwänden in vier Räume unterteilt werden. Dort könnten dann acht bis maximal 10 Personen leben. Die Bewohner würden die Küche und Toiletten der selben Etage sowie die Duschkabinen im Bereich der Sporthalle nutzen. Der Bürgermeister merkte an, dass man so in einem sehr überschaubaren Kostenrahmen bleiben könne. Auf Fragen nach der Gesamtsumme konnte er keine Antwort geben. Er versicherte, dass die Turnhalle im unteren Bereich des Hauses nicht von den Umbaumaßnahmen betroffen sei. Die Sportler des TuS könnten die Halle und die angrenzen Toiletten weiter benutzen, einzig der Duschraum fiele weg. Diese Aussage sorgte für Einwände der anwesenden Bürger.
[Wilfried Holberg wies auf die schwierige Finanzlage seiner Stadt hin. Nun müsse man aus der Not heraus handeln, so der Bürgermeister.]
Fehlende Einkaufsmöglichkeiten und die schlechte Infrastruktur in Neuenothe waren weitere Anmerkungen. Man wollte wissen, ob alle anderen Möglichkeiten der Unterbringung geprüft worden seien. Das was uns jetzt auferlegt wird, bedeutet Einschränkungen für unser gewohntes Leben, so Holberg, der darauf hinwies, dass man aus der Not heraus handele. Die kurzen Reaktionszeiten nach Anmeldung weiterer Flüchtlinge entsprächen nicht der gewohnten Vorgehensweise. Im Stadtgebiet seien derzeit 80 Flüchtlinge untergebracht, weitere Möglichkeiten der Unterbringung seien geprüft worden, weitere Unterkünfte seien in Planung.
Die Anwesenden zeigten Verständnis für die Situation der Flüchtlinge, beschwerten sich aber auch über das Wegfallen ihres Bürgersaals, der bisher für Feierlichkeiten angemietet werden konnte. Man erkundigte sich, ob es nicht möglich wäre, das zum Verkauf angebotene Bürgerhaus zu erwerben und den Umbau so abzuwenden. Gastgeber Kämmerer hatte zu Beginn der Veranstaltung angemerkt, dass man während des Diskussionsabends innovative Lösungen entwickeln könne und das Bürgerhaus beispielsweise durch die Gründung einer Betriebsgemeinschaft kaufen könne. Wenn die Möglichkeit besteht, einen potenziellen Käufer zu finden, ist der Konsolidierungsplan vorrangig, so Holberg, der den Umbau damit hinten anstellte. Einige Anwesende zeigten ihren Unmut, weil sie zunächst keine Auskunft zum Verkaufswert bekamen. Nach einigem Nachfragen stand die ungefähre Summe von 650.000 im Raum.
Kämmerer, der als SPD-Stadtverordneter eingeladen hatte und auch Vorsitzender des TuS Othetal ist, hatte in seinen Begrüßungsworten erklärt, dass der Bürgersaal als Begegnungsstätte aus dem Othetal nicht wegzudenken sei. Er sorge sich außerdem um die Existenz des TuS, die durch eine mögliche Hallenschließung und den Verkauf des Bürgerhauses vor dem Exitus stünde. Von der Versammlung hatte er sich einen Austausch und mehr Informationen zum geplanten Vorgehen sowie Lösungsvorschläge erhofft.
So weit kam es gestern nicht. Nach der Klärung der grundsätzlichen Fakten musste die Veranstaltung wegen eines medizinischen Notfalls abgebrochen werden. Der frühere SPD-Stadtverordnete Werner Vogel brach während seines Wortbeitrages mit einem Herzstillstand zusammen. Nach der Erstversorgung durch einen zufällig anwesenden Rettungssanitäter und eine Krankenschwester übernahm eine Notärztin Wiederbelebungsmaßnahmen. Vogel wurde ins Krankenhaus gebracht.