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Perspektivwechsel sorgt für Sensibilisierung

nh; 30. Nov 2011, 11:15 Uhr
Bild: Christian Melzer --- Sowohl die Schuldnerberatungsstelle des Krichenkreis an der Agger als auch die Sparkasse der Homburgischen Gemeinde sind begeistert von der gelungenen Kooperation.
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Perspektivwechsel sorgt für Sensibilisierung

nh; 30. Nov 2011, 11:15 Uhr
Wiehl/Waldbröl - Seit mittlerweile gut zwei Jahren absolvieren alle angehenden Bankkaufleute der Sparkasse Wiehl ein einwöchiges Praktikum in der Schuldnerberatungsstelle Waldbröl - Erfahrungen für Azubis von großer Bedeutung.
„Daran hat man oft abends noch zu kauen“, so Egon Kellert, der Mitte Oktober sein Praktikum in der Waldbröler Schuldnerberatung absolvierte. Die Erfahrungen dort seien teilweise sehr hart. Sechs Auszubildende der Sparkasse der Homburgischen Gemeinden konnten in den vergangenen zwei Monaten für eine Woche einen völlig neuen Blickwinkel in der Finanzwelt einnehmen. Verschuldung – ein Wort, dass nicht nur in der Europa- und Finanzpolitik ein Thema ist, sondern auch für knapp 6,5 Millionen Deutsche, die überschuldet sind. Bei der Schuldnerberatungsstelle vom Kirchenkreis an der Agger in Waldbröl wird Menschen geholfen, die in die Schuldenfalle getappt sind. „Unsere Auszubildende sollen erleben wie es Menschen auf der Schattenseite des Lebens geht“, so Sparkassenvorsitzender Manfred Bösinghaus.

Die Kooperation zwischen Schuldnerberatung und Bankinstitut ist nach Wissen von Superintendent Jürgen Knabe ein „einmaliges und einzigartiges Konzept.“ Besonders der vollzogene Perspektivwechsel von „hinter dem Bankschalter auf die andere Seite“ sei besonders, um die Situation der Verschuldeten zu verstehen. Auch die angehenden Bankkaufleute sprachen durchweg von positiven Erfahrungen. So merkte Christopher Müllenmeister, dass viel Schuldner durch Schicksalsschläge in Geldnöte gekommen sind: „Manche hatten einfach in allen Sachen Pech.“ Für seine Kollegin Christine Rösner war es hart zu sehen, „dass viele in unserem Alter sind oder auch schon sehr alt.“ Bewundernswert fanden alle die große Vertrautheit zwischen Berater und Schuldner. Tim Eckardt brachte es auf den Punkt: „Das große Vertrauen ist imposant. Die Leute sitzen dort mit heruntergelassenen Hosen.“

Doch nicht nur die Auszubildenden profitieren von dem Praktikum und den gesammelten Lebenserfahrungen. Auch die Mitarbeiter in der Beratungsstelle sind angetan von der Zusammenarbeit. Zwar ist es für die vier Waldbröler Schuldnerberater eine Mehrarbeit, wenn die Sparkassen-Azubis ihr Praktikum leisten, „aber es ist auch immer wieder etwas Besonderes“, so Diplom-Sozialarbeiterin Anette Weber. Auch, dass die Sparkasse neben der jährlichen großen Geldunterstützung nun auch Mitarbeiter in diesem Bereich schult, findet sie gut, vor allem, „da nur ein ganz geringer Teil der Schuldner Sparkassen-Kunden sind“, so Weber weiter.

Seit September 2009 haben 24 Auszubildende für je 39 Stunden in der Schuldnerberatung gearbeitet und daraus Dinge fürs Leben mit genommen. „Auch wenn es pathetisch klingt, aber wir wollen auch auf das Leben vorbereiten“, erklärte Bösinghaus die Gründe für diese Kooperation. Nach Aussage der letzten sechs Auszubildenden ist dies gut gelungen. Freunde werden zum Beispiel darauf angesprochen wie denn das neueste Handy finanziert wurde. Christine Rösner sieht die Kunden im Service nun mit anderen Augen: „Über 50 Prozent können nichts für ihre Schulden.“ Egon Kellert meinte, dass „der Perspektivwechsel für eine Sensibilisierung bei dem Thema Verschuldung“ führe. Selbst sei er seitdem sparsamer.
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