Bilder: privat --- Die Briefe aus der Feder von Engels Senior wurden von Harry Cremer und Hans-Otto Müller vorgelesen.
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Geschichten von Engels Senior
Engelskirchen - Kürzlich lasen Harry Cremer und Hans-Otto Müller, Mitglieder der Kunst- und Kulturinitiative EngelsArt, aus Briefen vor, die der Fabrikant Friedrich Engels Senior zwischen 1837 bis 1857 schrieb.
Über 120 Zuhörer verfolgten im Ratssaal der Gemeinde Engelskirchen eine von der Kunst- und Kulturinitiative EngelsArt organisierte Lesung: Auch im Jahre 1837 verstanden es Unternehmer, Standortvorteile für sich zu nutzen. Das geht aus Briefen hervor, die der Fabrikant Friedrich Engels Senior zwischen 1837 bis 1857 schrieb. Harry Cremer und Hans-Otto Müller, Mitglieder der Kunst- und Kulturinitiative Engelsart, lasen daraus vor. Die Briefe schickte Engels Senior vor allem an seine Frau Elise nach Wuppertal.
[Die beiden Mitglieder von EngelsArt, Harry Cremer und Hans-Otto Müller, lasen aus den Briefen vor.]
Der Unternehmer zahlte den Arbeitern an seinem Stammsitz in Wuppertal-Barmen Löhne, die er den unter Armut leidenden Bürgern von Engelskirchen nicht zahlen musste. Diese gaben sich schon mit der Hälfte zufrieden. Und den zahlreichen Kindern, die in seiner Fabrik an der Agger arbeiten würden, konnte er noch weniger zahlen, freute sich Engels in einem Brief. Daneben gab es aber auch weitere Standortvorteile: Die Agger führte ausreichend Wasser, um dessen Kraft direkt und später über erzeugte Elektrizität kostengünstig zu nutzen. Die Preise für das Land, auf dem Engels die Baumwollspinnerei errichten wollte, waren mehr als günstig. Und ausreichende Tonfunde ermöglichten die Herstellung von Ziegelsteinen für den Bau der neuen Fabrik.
Der siebzehnjährige Sohn Friedrich, der den Vater auf Geschäftsreisen begleitete, ergänzte einst zwei Briefe mit Zeilen an die Mutter, die allerdings noch keineswegs revolutionär klangen. Allerdings äußert der Vater in einem Brief an seinen Schwager und Vertrauten, den Oberhofprediger Snetlage, durchaus erste ernsthafte Sorgen über das gefährliche Gedankengut seines Sohnes. In manchem Brief des Vaters ging es aber auch nur um zu große Unterhosen, Mangel an gutem Wein und um die Seekrankheit, die Vater und Sohn bei Schiffspassagen ertragen mussten. In einem Brief, den der Unternehmer 1857 kurz vor dem Umzug der Familie in die Fabrikantenvilla in Engelskirchen schrieb, schilderte er, welches komfortable Nest er mit der Villa seiner Frau, den Kindern und sich geschaffen hatte.

[Nico Walser war für die Musik während der Lesung zuständig.]
Musikkabarettist Nico Walser lockerte die Lesung mit Arbeiterliedern auf. Zu Gitarre und Ukulele präsentierte er zudem Improvisationen in Country Music und Rock bis hin zu hawaiianischen Klängen. Moderator Karl Feldkamp, ebenfalls im Sprecherrat bei EngelsArt, steuerte zu den Briefen zeitgleiche Ereignisse aus der übrigen damaligen Welt bei. Neben dem Krimkrieg verwies er auf die amerikanische Wirtschaftskrise, Sissis Hochzeit, den Kampf deutscher Arbeitervereine sowie auf die Erfindung der Münchener Weißwurst.