Archiv

Stolpersteine gegen das Vergessen

fk; 23. May 2014, 22:18 Uhr
Bilder: Friederike Klein --- Die Stolpersteine zieren nun die Gehwege in Nümbrecht und erinnern an vergangene, aber nicht vergessene Zeiten.
ARCHIV

Stolpersteine gegen das Vergessen

fk; 23. May 2014, 22:18 Uhr
Nümbrecht – In einer ergreifenden Feierstunde wurden zehn Stolpersteine im Nümbrechte enthüllt, die an die schrecklichen Taten an Juden aus dem zweiten Weltkrieg erinnern sollen – 25.000 Dollar teure Schenkung für Nümbrecht.
Nur ein knappes Jahr verging vom einstimmigen Beschluss des Rates der Gemeinde Nümbrecht bis zur Verlegung und Enthüllung der Stolpersteine zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in Nümbrecht. Der 96-jährige Leo Baer, der bei seinem Besuch im letzten Jahr die Verlegung anregte, kam mit seiner Familie. „Wenn ihr das macht, komme ich“, hatte er damals gesagt.

[Leo Baer stand im Mittelpunkt der Veranstaltung.]

Am 9. Mai verlegte der Künstler Gunter Demnig 18 Stolpersteine in Nümbrecht. Sie liegen an Orten, „wo jüdische Mitbürger frei ihren letzten Wohnsitz gewählt haben“, sagte Bürgermeister Hilko Redenius am Freitagabend bei der Begrüßung der zahlreichen Gäste. Über diese Steine stolpern Besucher an der Ecke Hauptstraße/Spreitger Weg, an der Hauptstraße und in der Alten Poststraße. Es sind Erinnerungen an die Familien Heinreich Baer, Julius Baer und Bernhard Baer. „Wir dürfen nicht vergessen. Wir dürfen diese Menschen nicht vergessen“, betonte Redenius und zitierte wie Demnig aus dem Talmud: „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.“

Inzwischen sei man auf noch mehr Namen gestoßen. Nach gründlicher Recherche werde es eventuell noch mehr Steine geben, so Redenius. „Ein Mahnmal für den Frieden“, leitete er über in die Gegenwart. „Auch heute noch gibt es Kriege auf der Welt, es wird gestritten und gemordet.“ Gegen das Vergessen verteilte er gemeinsam mit dem SPD-Landtagsabgeordneten Dr. Roland Adelmann rote Hände in Erinnerung an die Aktion der Schüler des Homburgischen Gymansiums.


„Dass ist mir in meinen 96 Jahren noch nie so passiert, so viele Menschen“, war Leo Baer überrascht und dankte allen für ihr Kommen. Sein besonderer Dank galt Wilfried Hahn von der christlich-jüdischen Gemeinde und Dieter Hüschemenger vom Nümbrechter Heimatverein. Dem gehört Baer schon seit 50 Jahren an. „Ich war deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens,“ sagte er. „Nach 1933 hat sich das im Handumdrehen geändert.“ Erst 17 Jahre alt emigrierte er in die Vereinigten Staaten. Gebannt hörten die Anwesenden seiner Lebensschilderung zu. „Hauptsache ist, wir konnten alles überleben“, betonte er.

Und er hatte für die Nümbrechter eine Überraschung im Gepäck: eine Schenkung von 25.000 US-Dollar, die in einem Fonds zweckgebunden angelegt werden. Ein Gremium solle gebildet werden aus dem Freundeskreis Nümbrecht Mateh-Yehuda, dem Heimatverein und der evangelischen Kirche sowie Marion Reinecke. Baer denkt bei den Zuwendungen an die jährlichen Veranstaltungen zur Kristallnacht und an das Schülercafé in der Alten Schmiede. „Das sei eine ausgezeichnete Idee für junge Leute“, betonte er. Auch einen Namen könne er sich vorstellen: „Lore&Leo Baer Hilfsfond“. Seine Frau Lore, die vor 18 Monaten starb, wäre sicherlich einverstanden. Sein Dank für die Feierstunde galt auch Professor Igor Epstein und Vitali, die gemeinsam mit trauriger und gleichzeitig mitreißender Musik die Veranstaltung begleiteten.

WERBUNG