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Bittere Niederlage für BAV vor Gericht: Jahrelanges "Abzocken" verurteilt
(om/30.11.2001-5:25) Oberberg - Jetzt war es soweit: Vor dem Verwaltungsgericht Köln trafen sich neben dem ASTO (Abfall-Sammel- und Transportverband Oberberg) auch die Städte Gummersbach und Bergisch Gladbach mit den Vertretern des BAV (Bergischer Abfallwirtschaftsverband), um die seit 1996 (für GM und GL) und 1997 (ASTO) im Streit befindlichen Gebührenbescheide des BAV der gerichtlichen Entscheidung zu überlassen.

In der Verhandlung wurde durch die Kammer in allen Punkten den Klägern gefolgt und die Unrechtmäßigkeit der viel zu hoch erhobenen Gebühren seit 1996 festgestellt. Auf gut Deutsch: Der BAV hat seine Gebührenzahler auf Jahre um Millionen bewusst über den Tisch gezogen, lautete etwa das Urteil des Kölner Gerichts. Ob der ehemalige Geschäftsführer des Bergischen Abfallwirtschaftsverband, Dietmar Seifert, dafür zu belangen ist, darüber herrscht noch keine Klarheit. Die BAV-Verbandsvammlung (in ihr sitzen Vertreter der Kreistage Rhein- und Oberbergs) trat gestern Abend zu einer Krisensitzung zusammen, weswegen auch Oberbergs Landrat Hans-Leo Kausemann Termine absagen ließ.
Nach der Übernahme der Geschäftsführung durch Seifert und mit Billigung der BAV-Verbandsversammlung war seinerzeit nahezu eine Verdoppelung der Abfallgebühren für die beiden bergischen Kreise beschlossen worden. Von den Kommunen wurde dargestellt, dass eine solch gravierende Erhöhung nicht rechtens sei und Seifert wurde aufgefordert, dies zu korrigieren. Nach anfänglichen Zusagen des Geschäftsführers wurden die eingelegten Widersprüche der Kommunen für das Jahr 1995 zurückgezogen.
Nachdem sich Seifert anschließend nicht mehr gesprächs- und handlungsbereit erklärt hatte, wurde gegen die Bescheide 1996 durch die erwähnten Städte Gummersbach und Bergisch Gladbach gegen die Gebührenbescheide gerichtlich vorgegangen. Gleiches wurde durch den ASTO seit Verbandsgründung 1997 durchgeführt. Gegen jeden Bescheid seit 1997 bis heute wurde Widerspruch eingelegt. Der Bürgermeister-Sprecher von Oberbergs Kommunen, Werner Becker-Blonigen, hatte gegenüber der Oberbergischen Volkszeitung erklärt: "Der BAV ist im Schweinsgalopp zu Lasten der Verbraucher saniert worden."

"Da auch in den Folgejahren Seifert nicht bereit war, mit den Vertretern Gespräche zu führen, sondern Jahr für Jahr in der gleichen Art und Weise seine Gebühren kalkulieren ließ, musste eine gerichtliche Klärung her", heißt es von Seiten des ASTO. Noch bei seinem letzten Auftritt in der Verbandsversammlung des BAV vom Dezember 2000 hatte Seifert verkündet, dass nunmehr ein Gutachten einer Treuhandgesellschaft vorliegen würde, welches sein korrektes Handeln bestätigen würde und zu dem Ergebnis gelangt sei, dass sogar noch höhere Gebühren hätten genommen werden können. Nach seinem Fortgang solle sich die Verbandsversammlung nicht durch die Kläger in eine andere Richtung beeinflussen lassen.
BAV muss Millionen zurückzahlen
Die Gerichtsverhandlung ergab jetzt, dass das Vortragen der kommunalen Vertreter zu 100 Prozent durch die Richter bestätigt wurde, so dass der BAV zu viel erhobene Gebühren in Millionenhöhe zurückzahlen muss. In der Verhandlung machten die Richter deutlich, "dass die vielen vorgelegten Zahlenwerke des BAV so unterschiedlich für die gleichen Sachverhalte sind, dass es unmöglich war, die tatsächlichen Zahlen zu erkennen". Die aufgezeigten "vielen Widersprüche" in den Zahlenwerken und die "offensichtlichen Fehler" führten letztendlich zu dem Urteil, dass die Gebührenbescheide des BAV an die Kommunen vom Gericht aufgehoben wurden; einige Bescheide hatte der BAV kurz vor Urteilsverkündung auch von sich aus aufgehoben.
Dieses Ergebnis für die Jahre 1996 und 1997 ist aber noch lange nicht das Ende der Altlasten des ehemaligen Geschäftsführers Seifert, sind sich Experten einig. Da der ASTO für die Folgejahre 1998 bis 2001 auch Widersprüche eingelegt hat, die vom BAV im Einvernehmen mit dem ASTO bisher noch nicht bearbeitet wurden, (man wollte das Ergebnis für das Verfahren aus 1997 abwarten), habe das jetzige Urteil weitreichende Bedeutung für die jetzigen Verantwortlichen beim BAV.
Ob aufgrund dieser Entwicklung noch Konsequenzen gegen den ehemaligen Geschäftsführer Seifert gezogen werden können - der immerhin den BAV saniert hat; nun ist auch klar, wie er das geschafft hat - muss noch untersucht werden, sind sich alle Beteiligten einig. Zumindest müssten einige Politiker in der BAV-Versammlung, die das Vorgehen Seiferts immer kritiklos unterstützt haben, obwohl von den klagenden Kommunen auf die offensichtlichen Falschkalkulationen immer wieder hingewiesen wurde, aus diesem Disaster ihre persönlichen Konsequenzen ziehen und der BAV-Versammlung die Möglichkeit eines Neuanfangs zu geben - sind "Insider" überzeugt.
Der neue BAV-Geschäftsführer Jochen Leinert war geschockt über das so eindeutige Gerichtsurteil. Er hat Experten mit der Überprüfung der Gebühren beauftragt.