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Neuer Kulturkreis-Vorstand vor schweren Aufgaben - "The Hollies" kommen
(om/19.12.2001-23:50) Von Oliver Mengedoht
Wiehl - Während der Kulturkreis Wiehl e.V. einerseits unter neuem Vorstand mit neuen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, beginnt andererseits morgen schon der Vorverkauf für das nächste Brauerei-Open Air mit den "Hollies".

Nicht viele Positionen haben sich im Vorstand des Kulturkreises geändert, aber immerhin die des Vorsitzenden: Diese Rolle füllt nun statt des aus Gesundheitsgründen zurückgetretenen Wolfgang-Ludwig Mehren der waschechte Oberberger Dr. Erwin Kampf aus. Und der ehemalige Firmenchef und Kommunikationsberater machte sogleich klar, dass "es immer schwieriger wird, Kultur zu finanzieren".
Doch zunächst zu Kampf selber, der erst seit einer Woche Vorsitzender des Kulturkreises ist: "Wie meine Mutter herausfand, sind wir seit über 30 Generationen Oberberger", erzählte er lachend, er selber habe nach dem Jurastudium und der Geschäftsführung der Firma Kampf eine Werbeagentur gegründet und sei jetzt Freier Kommunikationsberater in Köln. "Daher habe ich etwas mehr Zeit und außerdem müssen wir die Kommunikation zu unseren Mitgliedern, den Sponsoren und der Presse erheblich verbessern." Der zweite Grund für seine "Verpflichtung" sei, dass er in Wiehl keinerlei wirtschaftlichen Interessen mehr verfolge, "daher kann ich die Interessen des Kulturkreises gegen jedermann vertreten - und das werde ich auch tun".
"Wir wollen diesen Produktmix erhalten, aber wie?"

Im Übrigen, so Kampf, sei das auch immer nötiger, denn der vorgestern vorgestellte Etat der Stadt sieht eine Kürzung der Fördermittel um 38.000 Mark vor - trotz 800.000 bis einer Million Mark Jahres"umsatz" ein nicht leicht wegzusteckender Schlag. "Das hat Konsequenzen für unsere Arbeit", kündigte Kampf an. Bisher sei ein sehr breites Spektrum an Kultur angeboten, diese Vielfalt soll aber auch bleiben. "Wir wollen diesen Produktmix erhalten, aber wie?" Einzelheiten gebe es erst Ende Januar, aber Tendenzen seien bereits zu erkennen: "An der Qualität werden wir nix machen, Frage: Wie sieht es mit der Quantität aus?" Und zweitens: Inwieweit kann sich der Kulturkreis aus eigener Kraft aus dem finanziellen Dilemma befreien?
Dazu gebe es mehrere Ansätze, erläuterte Kampf. Zunächst soll das Konzept der Jazz-Tage überdacht werden, außerdem neue Sponsoren-Angebote folgen. "Vielleicht müssen wir Einzelveranstaltungen 'verkaufen', dann heißt es zum Beispiel 'Candy Dulfer, präsentiert von Firma xy'." Nicht zuletzt werde derzeit der Internet-Auftritt des Vereins überprüft: "Wir kontrollieren dabei auch, ob man kleine Musikstücke als Appetithäppchen zum Download anbieten kann, ebenso natürlich Programme und Mitgliedsanträge - außerdem ist das im Moment nur noch eine Rückschau auf Vergangenes."
Einzelne Veranstaltungen müssen den finanziellen Verlust anderer ausgleichen
Überhaupt müsse der Kulturkreis mehr das Interesse der Öffentlichkeit suchen. "Er macht seit Jahren tolle Arbeit", bescheinigte Kampf, "aber kaum einer kennt ihn. Wenn der Kulturkreis eine Veranstaltung durchführt, soll alleine das als eine Art Gütesiegel anerkannt werden", setzte er die Marschrichtung. Mittelfristig müsse man außerdem noch überlegen, ob die bisherige Rechtsform noch richtig für die Zukunft sei, ab und an gebe es da "steuerliche Probleme".
Auch in absehbarer Zeit müssten wohl noch einzelne Veranstaltungen andere stützen, deren finanziellen Verlust ausgleichen, "Mehren hat das immer das Prinzip der kommunizierenden Röhren genannt". Bei den diesjährigen Jazz-Tagen habe es selbst bei Knüllern wie Ray Brown keine volle Wiehltalhalle gegeben, gab Vize-Vorsitzender Hans-Jürgen Schulz zu bedenken. "Bieten wir zuviel? Die Blues oder Gospel Night läuft immer, aber andere Sachen leider nicht so gut."
Keine Zusammenarbeit mit Nümbrecht - noch nicht

Eine Zusammenarbeit in Sachen Kultur mit der homburgischen Nachbargemeinde Nümbrecht lehnte Kampf eindeutig ab: "Das ist eine sehr interessante Idee - aber nicht zum jetzigen Zeitpunkt." Erstmal müsse der Kulturkreis nun seine eigenen Probleme lösen, dann könne man über die Zusammenarbeit durchaus noch einmal nachdenken.
In Sachen Klassik sei es nicht weit zur Kölner Philharmonie, "beim Jazz sind Leverkusen und Düren nicht weit - in so einem Umfeld ist es schwer, sich zu behaupten", gestand Kampf ein. 280 Mitglieder hat der Kulturkreis, die demnächst 30 Euro Jahresbeitrag zahlen. Dafür erhalten sie in den Abos für Jazz und/oder Klassik die Eintrittskarten günstiger als Nichtmitglieder. Dabei gibt es drei Schienen, erläuterte der wiedergewählte Geschäftsführer Hans-Joachim Klein. Im Sommer-Halbjahr die Open Airs und die Jazz-Tage, von September bis März zum einen das Kinder- und Jugendprogramm als auch ein gemischtes mit der klassischen Musik, Theater und dem Comedy-Festival.
Das Programm für die Jazz-Tage muss schon Ende Januar stehen, damit im März der Vorverkauf beginnen kann, so Klein, "wir machen keine Weihnachtsferien". Jetzt müsse schnell vorgearbeitet und entschieden werden.
50 Prozent mehr Zuschauer in der Klassik-Saison
Im Kinder- und Jugendbereich, so Vorstands-Beisitzerin Gerlinde Hünninghaus, gebe es für Drei- bis Zwölfjährige eine bunte Mischung aus Puppenspielen, Autorenlesungen, Theater und Musik im evangelischen Gemeindehaus, der Bücherei und dem SchauSpielStudio Oberberg - die Wiehltalhalle ist schlicht zu groß für die Veranstaltungen mit bis zu 170 kleinen Zuschauern. Dort ist eine Idee, nun vermehrt auf Kindergärten und Schulen zuzugehen, "mit denen zusammen überlegen, was wir verbessern können".
Im Klassikbereich freute sich die zuständige Beisitzerin Renate Ragoß, mit dem Forum der Sparkasse der Homburgischen Gemeinden einen adäquaten Veranstaltungsort gefunden zu haben. "Das ist zentral und das Ambiente stimmt einfach", so Ragoß. Das Forum werde auch - trotz des Rücktritts von Sparkassen-Direktor Mehren - weiter zur Verfügung gestellt, erklärte Beisitzer Wolfgang Abegg, der sich in diesem Jahr immerhin über 50 Prozent Zuwachs bei den Zuschauerzahlen der Klassik-Saison freuen konnte - "kostendeckend ist das mit etwa 150 Gästen allerdings immer noch nicht".
Nächstes Brauerei-Open Air mit den Hollies
In Sachen Open Air hat sich Kulturkreis inzwischen auf zwei Veranstaltungen im Sommer festgelegt, so Klein. Drei waren mal probiert worden, "aber das wirkt sich wohl negativ aus, es bleiben eine vor den Ferien und eine am Ferienende oder danach". Die "Kölsch-Richtung" oder Rock und Rock-Oldies hätten sich als Publikumsmagneten erwiesen, auch weil ab und zu versucht werde, etwas "Ausgefallenes" zu finden. Für den 12. Juli kündigte Klein schon wieder einen Knüller an - die "Hollies"!

"Wir haben eine Gruppe bekommen, die seit langer Zeit erstmalig wieder mit vielen Mitgliedern der Originalbesetzung spielt und nicht jedes Jahr in Deutschland zu sehen ist", machte Klein Appetit auf die große Veranstaltung in den Wiehlauen der Erzquell-Brauerei Bielstein. "Die hatten ein großes Spektrum an Nummer 1-Hits, von den Sechzigern bis in die Achziger Jahre." Mit dem neuen Lead-Sänger Carl Wayne, ehemals bei der Gruppe "The Move", würden sie "mindestens zwei Stunden Programm mit allen Hits" bieten.
An der Vorgruppe feile man noch, aber Klein verriet, dass es ein einheimisches Projekt mit ganz vielen Musikern auf der Bühne werden solle. "Der Vorverkauf beginnt morgen - im letzten Jahr", mahnte "Hajo" Klein, "waren beide Open Airs binnen 14 Tagen ausverkauft!" 3.500 Karten werden abgesetzt, keine mehr, "damit die Gäste sich auch noch bewegen können, haben wir uns selber diese Grenze gesetzt.
Die "Hollies" kommen in der Besetzung Tony Hicks (Vocals, Lead Guitar), Carl Wayne (Lead Vocals), Bobby Elliott (Drums), Alan Coates (Vocals, Guitar), Ray Stiles (Bass Guitar, Vocals) und Ian Parker (Keyboards, Accordion, Vocals) und versprechen, brandneue Songs zu spielen, die auf Tour noch nie zu hören waren, aber natürlich auch alle Klassiker wie "He ain't heavy, He's my brother", "Bus Stop", "I'm alive" oder "The air that I breathe" und viele mehr ihrer Hits.
Nach zahlreichen Erfolgen in den 60-er und 70-er Jahren ersetzte zu Beginn der Achtziger der Klasse-Gitarrist Alan Coates Terry Sylvester und Ray Stiles von "Mud" kam als Bassist, kurz darauf gefolgt vom "Hollies"-Maestro Ian Parker. In den 90-er Jahren sahen sich die "Hollies" einer Nachfrage ausgesetzt wie selbst in den Sechzigern nicht, spielten unter anderem als Vorgruppe von Roger Waters' "The Wall" in Berlin nach dem Fall der Mauer.

Am Ende der '99-er Britannien-Tour zog sich Allan Clarke aus persönlichen Gründen von der Gruppe zurück. Im Februar 2000 stieß Carl Wayne dazu, dessen Gruppe "The Mud" mit "Flowers in the rain" die allererste Schallplatte veröffentlichte, die auf "BBC Radio 1" gespielt wurde.Als nächste Herausforderung sehen die "Hollies" ihren 40. (!) Geburtstag...
1. Open Air 2002
Freitag, 12. Juli 2002
Beginn: 19:00 Uhr, Einlass: 17:30 Uhr
Biergarten der Erzquell-Brauerei Bielstein
"The Hollies"
Vorverkauf ab 20.12.2001 bei WiehlTicket

Der neue Vorstand des Kulturkreises Wiehl e.V.
Vorsitzender Dr. Erwin Kampf (s.o.)
Vize-Vorsitzender Hans-Jürgen Schulz: "Ich bin als gebürtiger Holsteiner kein Urwiehler, aber seit '70 hier. Ich habe 20 Jahre in Berlin gelebt, daher kommt meine Liebe zum Jazz, die ich entwickelte, als die Amerikaner ihn 'rüberbrachten. Seit 1990 dabei fühle ich mich immer noch verpflichtet, mich um den Jazz zu kümmern, bin seit sechs Jahren Vize-Vorsitzender."
Geschäftsführer Hans-Joachim Klein: "Ich bin seit 1989 Geschäftsführer und bin guten Mutes, dass wir mit dem neuen Vorstand den Kulturkreis gut weiterführen können."
Beisitzer
-Wolfgang Abegg: "Ich bin Wiehler, lebe seit 20 Jahren hier und habe ein großes persönliches Interesse an der Arbeit und den Agenboten des Kulturkreises."
-Oliver Trost: "In Karlsruhe geboren, einige Zeit in Ägypten gelebt, bevor ich nach Bielstein kam. Seit elf Jahren bin ich dabei als musikalischer Berater der Jazz-Tage und aktiv als 'Hans Dampf' für die Künstler, wenn es um Catering geht oder schnell ein Bügeleisen beschafft werden muss."
-Gerlinde Hünninghaus: "Ich gehöre zum Inventar der Bücherei, bin seit fünf Jahren dabei und fühle mich in erster Linie für die Kinder und Jugendlichen zuständig."
-Renate Ragoß: "Ich bin von Anfang an - 1987 - dabei und habe ein Herz für das Sorgenkind klassische Musik."
-Kirsten Vetter: "Ich bin durch meine Arbeit im Kulturamt der Stadt Wiehl zum Kulturkreis gekommen und habe 'Blut geleckt', bin seit 1990 dabei."
-Anja Wienpahl: "Ich mache die Öffentlichkeitsarbeit beim SchauSpielStudio Oberberg und bin erst seit kurzem beim Kulturkreis dabei. Wenn ich auch leider nicht mehr in Wiehl wohne, habe ich doch ein Interesse daran, dass es hier im Kulturleben vernünftig weitergeht."