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Viel Spielfreude beim 6. "Jazz-Meeting-Oberberg"
(vma/24.2.2002-3:15) Von Vera Marzinski
Gummersbach Modern Jazz in zwei Variationen mit dem "Frank SackenheimQuintett" und dem "Christoph Spendel Trio" im Bruno-Goller Haus am Freitag Abend.


Beim "Jazz-Meeting-Oberberg" ist Frank Sackenheim kein Unbekannter. So spielte er 1999 im Ensemble der "Oberberg Bigband", deren Mitglieder in erster Linie aus dem Oberbergischen Land stammten. Der 26-jährige lebt schon seit sechs Jahren nicht mehr in Lindlar-Fenke, wo er aufwuchs. Frank Sackenheim studierte an der Musikhochschule in Köln und am Konservatorium in Brüssel, schreibt eigene Musik und versucht eigene Wege, diese zu spielen. Ein Weg ist seine Band "Frank Sackenheim Quintett", die am Freitag Abend Part eins übernahmen, da die Frankfurter Band um Christoph Spendel durch den kurzfristigen Wintereinbruch etwas später anreiste.
Mit Spielfreude, Gefühl für ständige Wechsel und glänzenden Arrangements präsentierten sich Frank Sackenheim (Saxophon), Matthias Bergmann (Flügelhorn), Florian Ross (Piano), Christian Ramond (Double-Bass) und Matthias Kornmaier (Drums). "The Music Of Chance", ein Titel im Konzertprogramm ist auch der Titel ihrer CD, die Frank Sackenheim sehr charmant dem Publikum ans Herz legte: "Wir haben die CD nur für sie aufgenommen, um junge talentierte Musiker zu unterstützen." Die Musik des Zufalls - ist gleichzeitig Titel eines Buches des amerikanischen Schriftstellers Paul Auster. Gleichzeitig ist hier sicherlich der Gedanke, dass Improvisation ein wesentliches Element der Jazzmusik ist, auch ausschlaggebend für den Titel.


Da ist ein Stück aus Sackenheims Feder "Waynes World" - das er dem Saxophonisten Wayne Shorter gewidmet hat. Shorter war Gründungsmitglied einer der wohl einflussreichsten Fusion-Bands, "Weather Report", die die Jazzentwicklung der 70er Jahre prägte. Auch die "traditionelle Ballade", so Sackenheim, stammte von ihm: "And then it had to be with you".

Hier und bei dem Titel der CD spielte Matthias Bergmann auf dem Flüglehorn nicht mit, der bei allen Stücken ebenso wie die anderen vier Musiker überzeugte. Herausragend mit seinem brillanten Spiel auf dem Piano: Florian Ross. Er schrieb auch die Stücke "Broken arrow in a bathtub", "Farewell" und die Zugabe "False waltz".

Modern-Jazz-Freunde kamen in den Genuss einer außerordentlichen Band, die in ihren Stücken Gefühle und Stimmungen widerspiegeln und interpretieren. Seit 1998 besteht die Gruppe, die von der Stiftung Kunst und Kultur in NRW unterstützt wird.

Harmonisches und äußerst intelligentes Spiel auf dem Piano das kann nur Christoph Spendel sein. Melancholisch oder euphorisch, der Zuschauer hat den Eindruck, dass Spendel mit seiner Musik und seiner Instrument eins wird. Er spielt neuartiges aber auch bekanntes wie Cole Porters "Night and day". Und alles mit hoher Virtuosität. Doch zum "Christoph Spendel Trio" gehört nicht nur der Pianist. Neben dem spektakulär an seinem Piano agierenden Christoph Spendel gefielen auch seine Mitspieler: Kurt Billker souverän am Schlagzeug und André Nendza brillierend am Doublebass.
Alles klingt aus einem Guss und wird bestechend vorgetragen. Die Spielfreude springt auf das Publikum wie ein Funke über eine facettenreiche Bandbreite. Modern Jazz, doch eher Richtung Main-Stream mit Bossa-Nova und klassischen Strängen verquickt. So "Autumn leaves" in kubafreundlicher Version, wie Spendel betonte. Aus traurigem Anlass komponierte der Pianist eine harmonische Ballade "Waltz for Kenny and Michel", den beiden verstorbenen Pianisten Kenny Kirkland und Michel Petrucciani gewidmet.

Der deutsche Jazzpianist, Keyboarder, Komponist, Bandleader, Produzent, Pädagoge und Weltreisende in Sachen Musik Christoph Spendel ist leidenschaftlicher Crossover-Musiker. Aus seiner Zeit in New York, dass für ihn der Mittelpunkt der Erde in Sachen Jazz ist brachte er "An evening in New York". Bereits im Alter von fünf Jahren bekam er von seiner Mutter, einer Musikpädagogin, Klavierunterricht. Begegnungen mit den Piano-Stilen Oscar Petersons und Dave Brubecks, dazu die Musik von Miles Davis haben ihn relativ früh dazu inspiriert, seine ersten Jazzformationen zu bilden. Parallel zu seinem Studium am Robert Schumann Institut in Düsseldorf begann er seine professionelle Karriere zunächst als Mitglied der Gruppe "Jazztrack" und spielte mit deutschen Jazzgrößen.
Das Repertoire des "Christoph Spendel Trio" besteht überwiegend aus neuen Spendel Kompositionen und Jazzstandarts. Den legendären Jahreswechsel - 2000 verewigte Spendel im "Y2K Blues" ein dennoch temporeiches Stück. Eins der Stücke auf der gemeinsamen CD und auch eins der Stücke im Bruno-Goller Haus. Spendels Finger flogen förmlich über die Tasten und selbstvergessen schauten die Billker und Nendza ihm bis zur ihren Einsätzen zu. "Open your mind and your soul" bat Spendel das aufmerksame Publikum, bevor André Nendza ein fulminantes Solo auf dem Double-Bass präsentierte.
Ein gelungenes Konzert beim Jazz-Meeting Oberberg, mit zwei interessanten Zusammensetzungen. Beides im Bereich "Modern Jazz" einzuordnen und dennoch enorm unterschiedlich. Noch zwei Abende beschert das Team Stefan Heidtmann und Manfred Bestgen. Am Samstag, 23. Februar um 20 Uhr, startet die "Organ Night" mit dem "Swinger Club" und anschließend spielt die Kölner Formation "Groove Connection" um den Tenorsaxophonisten George Tjong-Ayong. Sonntag Abend um 20 Uhr bringt das Stephan Aschenbrenner Quartett ein "Tribute To Tritonus" - "Beer, Wine & Tears feat. Bernt Laukamp & Manuel Marcos" schließen den Kreis am Sonntag Abend mit Jazztiteln aus den Sechzigern.