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VfL: 29:34 gegen Kiel - Yoon und Co lassen Europacup-Traum in weite Ferne rücken
(pl/11.5.2003-22:10) Von Peter Lenz
Gummersbach/Köln Vor rund 17.500 Zuschauern in der Kölnarena musste sich der VfL Gummersbach am Nachmittag im "Endspiel um Platz Sechs" dem Noch-Meister THW Kiel geschlagen geben, womit die Chancen auf den Einzug ins europäische Geschäft deutlich gesunken sind.

Während die HSG Nordhorn durch den überraschend klaren 28:20-Sieg beim Vierten TuSEM Essen den Einzug in den EHF-Cup klar machte, verkürzten die Kieler durch den Erfolg gegen den Sechsten Gummersbach den Abstand auf den VfL auf einen Punkt. Gummersbach muss folglich die drei verbleibenden Spiele gegen Wallau Massenheim, in Nordhorn und gegen Pfullingen gewinnen, will man den sechsten Platz verteidigen, der die Fahrkarte in den Europacup-Wettbewerb bedeuten würde. Der THW hat dagegen das vermeidlich leichtere Restprogramm: Die Zebras müssen noch nach Eisenach und Schutterwald und empfangen Wilhelmshaven.
VfL Gummersbach THW Kiel 29:34 (14:15).

Gründe für die heutige Niederlage gibt es einige. Zum einen muss man sagen, dass der VfL gegen eine starke Kieler Mannschaft antreten musste, die homogener und reifer besetzt war und deutlich energischer zur Sache ging. Zudem lud die VfL-Deckung zunächst 6:0, dann ab der 9. Minute 5:1 mit Jörn Ilper als Sonderbewacher von THW-Spielmacher Stefan Lövgren - regelrecht zu leichten Toren ein. Im Angriff agierte der Gummersbacher Rückraum lethargisch, vergaß gänzlich seine Außen, und die Anspiele an den Kreis kamen meist nicht an.
Und wenn dann mal eine Lücke gegen die kompakte Kieler 6:0-Deckung um den Mittelblock Petersen/Dominikovic gefunden wurde, fanden Yoon und Co. oftmals mit ihren Würfen in den gut aufgelegten THW-Schlussleuten ihre Meister. Vor allem Nationalmannschafts-Keeper Henning Fritz, der ab der 29. Minute für den keineswegs enttäuschenden Matthias Andersson zwischen die Pfosten gekommen war, entschärfte ein ums andere Mal die Bälle und leitete gleich reihenweise Tempogegenstöße ein, die erfolgreich abgeschlossen wurden kurzum: Kiel war heute einfach besser als Gummersbach.

Aber zumindest in einem Punkt müssen sich die Gummersbacher, die bekanntlich ohne ihren etatmäßigen Spielmacher Francois-Xavier Houlet auskommen mussten, nichts vorwerfen: sie haben bis auf die letzten zehn Minuten nie aufgesteckt und gleich zweimal einen großen Rückstand egalisieren können.
Aber der Reihe nach. In den ersten Minuten konnten die Hausherren die Partie noch ausgeglichen gestalten. Ivan Lapcevic war es, der den VfL zum ersten und einzigen Mal mit 3:2 in Front geworfen hatte. Mit drei Treffern in Folge aber wendeten die Norddeutschen das Blatt. Beim 10:5 für Kiel nach 15 Minuten drohte den Blau-Weißen gar ein Debakel, aber Lapcevic und Yoon verkürzten zum 7:10 (19.).

Dieser Drei-Tore-Rückstand hatte auch noch drei Minuten vor dem Seitenwechsel Bestand (11:14), ehe zweimal Nick Yoon und Tobias Schröder erstmals wieder ausglichen. Den Schlusspunkt des ersten Durchgangs aber setzte der THW: Morten Bjerre markierte das 15:14 zur Pause. Nach dem Seitenwechsel wirkten die Kieler zunächst einfach frischer, was sich auch im Ergebnis widerspiegelte: Sebastian Preiß und Piotr Przybecki erhöhten auf 17:14. VfL-Kreisläufer Andreas Rastner verkürzte zwar zum 15:17, aber Kiels Jacobsen und Pettersson legten wieder auf vier Tore vor.
Näher als bis auf zwei Treffer kamen die Mannen von Trainer Sead Hasanefendic zunächst nicht heran. Andreas Rastner war es dann, der nach tollem Anspiel von Yoon mit seinem dritten Tor erstmals wieder den Ausgleich zum 24:24 (47.) markierte. Hoffnung keimte bei den Fans auf, aber der Führungstreffer wollte einfach nicht fallen. Als wieder einmal ein Anspiel von Tobias Schröder, der diesmal mit der Rolle des Spielmachers einfach überfordert war, an den Kreis nicht ankam, konterten die Gäste per Tempogegenstoß erneut durch Pettersson.

Per Siebenmeter verkürzte Yoon zwar nochmals zum 26:27 neun Minuten vor Ultimo, aber fortan war Schicht im Schacht. Mit fünf Toren in Folge (Jacobsen, Bjerre, dreimal Lövgren und Dominikovic) machten die Gäste den Sack zu - beim 33:26 für den THW war die Kuh vom Eis. Völlig entmutigt hatte Gummersbach sich in den letzten Minuten seinem Schicksal ergeben.
Neben den bereits erwähnten Mängeln beim VfL fiel vor allem die erschreckend schwache Quote der Gummersbacher Flügelspieler aus: Keinen einzigen Treffer konnten Bommes, Ilper, Kurtagic und Fernandez, die sich allesamt mal versuchen durften, von Außen erzielen. Allerdings wurden sie auch teils sträflich von ihren Nebenleuten einfach ignoriert. Kyung-Shin Yoon hatte am Ende zwar 16 Tore zu Buche stehen, allerdings schoss er auch acht Fahrkarten. Auch Ivan Lapcevic brauchte für seine sechs Treffer 13 (!) Versuche. Entsprechend harsch fiel dann auch der Kommentar von Trainer Hasanefendic aus: Die Mannschaft hat mich heute regelrecht enttäuscht. Dem ist wohl nichts mehr zuzufügen.

Trainerstimmen nach dem Spiel
Sead Hasanefendic (Gummersbach): Wir wussten, dass Kiel einen starken Lauf hat und haben uns entsprechend gut vorbereitet. Es war klar, dass wir überdurchschnittlicht gut spielen mussten, um bestehen zu können. Was wir dann aber heute gezeigt haben, war alles andere als überzeugend. Wir haben dem Spiel kein Feuer gegeben, um solch einen Gegner zu bezwingen. Anscheinend sind wir noch nicht so weit, um auch die großen Spiele vor großer Kulisse zu gewinnen.
Zvonimir "Noka" Serdarusic (Kiel): Der Schlüssel zum Erfolg war eine sehr konzentrierte und engagierte Leistung in der Abwehr, die auch den Grundstein für schnelle und leichte Tore gelegt hat. Bis acht Minuten vor Schluss haben beide Mannschaften guten Handball gezeigt, am Ende hatten zum Glück den längeren Atem und haben letztendlich auch verdient gewonnen.

VfL Gummersbach:
Jan Stankiewicz (1.-30. / 5 Paraden)
Henning Wiechers (31.-60. / 9 Paraden)
Jörn Ilper (1)
Kyung-Shin Yoon (16/6)
Marco Beers
Maik Handschke
Andreas Rastner (3)
Ivan Lapcevic (6)
Tobias Schröder (3)
Sead Kurtagic
Dirk Hartmann
Alexander Bommes
Jordi Fernandez
Dirk Schumacher (n.e.)

THW Kiel:
Henning Fritz (30.-60. / 11 Paraden)
Mattias Andersson (1.-29. / 7 Paraden)
Sebastian Preiß (1)
Piotr Przybecki (5)
Stefan Lövgren (7)
Morten Bjerre (6)
Staffan Olsson (1)
Christian Scheffler (2)
Nikolaj Jacobsen (6/5)
Johan Pettersson (5)
Klaus-Dieter Petersen
Martin Schmidt
Davor Dominikovic (1)

Zuschauer: 17.465
Schiedsrichter: Hagen Becker und Axel Hack aus Halberstadt.
Siebenmeter: 6:5 6:5.
Zeitstrafen: 6:10 Minuten (Ilper, Yoon, Beers Bjerre, Petersen, Scheffler, Olsson, Dominikovic).
Beste Spieler: Henning Wiechers, Kyung-Shin Yoon (VfL) Henning Fritz, Stefan Lövgren (THW).
Spielfilm: 1:1 (2.), 3:2 (4.), 3:5 (8.), 4:8 (12.), 5:10 (15.), 9:12 (23.), 11:14 (27.), 14:15 (Halbzeit) 14:17 (33.), 17:19 (36.), 20:22 (40.), 21:24 (43.), 24:24 (47.), 26:27 (51.), 26:33 (58.), 29:34 (Endstand).
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