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Magerkost: Steinar Ege hält für den VfL zwei Punkte in glanzlosem Duell fest
(pl/24.4.2004-23:35) Von Peter Lenz
Gummersbach Mit einem Sieg in einer schwachen Bundesliga-Begegnung zwischen dem VfL Gummersbach und der HSG Wetzlar festigten die Oberberger ihren sechsten Tabellenplatz, der bekanntlich die Fahrkarte in den internationalen Handball-Wettbewerb bedeutet.

Es bleibt dabei, der VfL Gummersbach tut sich in der eigentlichen Heimat, der Gummersbacher Eugen-Haas-Halle, enorm schwer. Während man in der Kölnarena in aller Regel ausgelassene Handball-Feste feierte, dominierte in der alt-ehrwürdigen Gummersbacher Sporthalle bislang überwiegend Handball-Magerkost. So auch heute im Duell mit der stark ersatzgeschwächten HSG aus dem benachbarten Wetzlar.
Um es vorweg zu nehmen, dass beste am heutigen Spiel waren aus VfL-Sicht die beiden Punkte, mit denen nun eigentlich der Mannschaft von Trainer Sead Hasanefendic die Teilnahme am europäischen Geschäft in der kommenden Saison nicht mehr zu nehmen sein dürfte.
VfL Gummersbach HSG D/M Wetzlar 29:28 (14:16).

Nach der Pflicht kommt nun die Kür, hatte im Vorfeld der Partie VfL-Manager Carsten Sauer geäußert. Von Kür war dann aber heute leider nicht die Spur zu sehen im Gegenteil. Aufsichtsratsvorsitzender Hans-Peter Krämer brachte es nach dem Abpfiff auf den Punkt: Nun haben wir schon die Europacup-Teilnahme quasi in der Tasche und schaffen es dennoch nicht, auf solch einen einfachen Handball von Wetzlar adäquat zu antworten. Es ist mir unbegreiflich. Wir fordern unser Glück zu oft heraus, das geht nicht mehr lange gut.
Und nicht nur Krämer war eine gewisse Fassungslosigkeit nach dem schwachen Handball-Spiel ins Gesicht geschrieben, auch bei den meisten der rund 1.800 Zuschauer wich nach dem erlösenden Abpfiff die Siegeseuphorie einem gewissen Frust, den Samstagnachmittag nicht doch besser auf der sonnigen Terrasse verbracht zu haben.

Wie dem auch sei, in einem Punkt aber waren die Fans voll auf ihre Kosten gekommen, nämlich in Sachen Spannung. So war die bereits erwähnt schwache Partie erst in den letzten Sekunden entschieden worden. Und nur bei einem Mann können sich die Blau-Weißen für die beiden Zähler bedanken: Torwart Steinar Ege. Beim 29:28 exakt eine Minute vor Schluss parierte der Norweger einen Siebenmeter von Wetzlars Björn Monnberg, der bis dato bereits drei sicher verwandelt hatte. Nach einem folgenden Schrittfehler von Gummersbachs Kapitän Francois-Xavier Houlet hatte der beste HSG-Akteur, Arvydas Kestawitz, nochmals die Gelegenheit zum eigentlich verdienten Ausgleich, traf aber nur das Außennetz.

Ich hätte mir gewünscht, wir hätten das Spiel verloren, damit die Jungs wieder auf den Boden der Tatsachen zurück kämen, ärgerte sich Hans-Peter Krämer vom Aufsichtsrat auch noch einige Zeit nach dem Abpfiff bei der Pressekonferenz. Und ein Wetzlarer Sieg wäre dabei auch gar nicht so unverdient gewesen, schließlich führten die Gäste um Coach Velimir Petkovic über weite Strecken der Partie. Und dies, obwohl man auf Leistungsträger wie Nebojsa Golic und Ghenadij Chalepo verzichten musste.

Bereits im ersten Durchgang hatten die Hessen schnell das Ruder übernommen. Dabei gehörte hierzu allerdings auch nicht wirklich viel, denn die Hausherren wirkten nicht nur müde, kraft- und willenlos, sie waren es auch. Dazu gesellten sich etliche technische wie individuelle Fehler, eine ideenlose Angriffsformation und passive Deckung mit Ausnahme von Jörn Ilper, der ab seiner Einwechselung in der 14. Minute engagiert rackerte. Die beiden Torleute Wiechers und Ege passten sich gänzlich der schlappen Spielweise ihrer Vorderleute an.
Nur bis zum 2:2 blieb es ausgeglichen, dann setzten sich die Gäste über 8:5 auf 12:8 (20.) ab. Bezeichnend für die erste Halbzeit: In der letzten Minute vergeigte zunächst Yoon einen Siebenmeter, dann Schröder einen Tempogegenstoß. Mit einem Zwei-Tore-Rückstand aus VfL-Sicht ging es in die Kabine.

Und wer dachte, die Gummersbacher hätten die Pause dazu genutzt wach zu werden, sah sich zunächst getäuscht. Nach zehn Minuten war es dann aber doch soweit: Nick Yoon glich mit seinem siebten Treffer zum 22:22 aus, ehe Spielmacher Houlet in doppelter Überzahl die HSG-Cracks Kieselhorst und Sighvatsson büßten ihre Zeitstrafen ab den VfL erstmals nach dem 1:0 wieder in Front brachte.
Nun schien der Bann gebrochen, zumal nun auch Keeper Steinar Ege endlich einmal ein paar Bälle zu fassen bekam. Beim 27:24 für Gummersbach acht Minuten vor Ultimo setzte keiner mehr einen Pfifferling auf die HSG, aber zwei Fahrkarten von Burdet, ein missglücktes Anspiel von Houlet auf Kreisläufer Andreas Rastner sowie ein Fehlwurf des Kapitäns brachten Wetzlar wieder ins Rennen. Andreas Klimpke, zweimal Kestawitz und Monnberg per Siebenmeter machten ihre Sachen besser 27:28 aus Heimsicht.

Eine Zeitstrafe gegen HSG-Spieler Thomas Michel nutzten die Hasanefendic-Mannen, um durch Frank von Behren und Andreas Rastner doch zweieinhalb Minuten vor Schluss wieder auf die Siegerstraße zu gelangen. Das dann folgende, immerhin spannende Finale ist bekannt.
Eine Einzelkritik der Spieler erübrigt sich diesmal, denn wirklich keiner der Gummersbacher stach heute in irgend einer Art und Weise heraus, dass es extra erwähnt werden müsste. Kurzum, alle verkauften sich weit unter Wert. Fakt ist jedenfalls, dass mit solch einer Vorstellung weder in Kiel noch in Lemgo auch nur ein Blumentopf zu gewinnen ist. Und auch die noch ausstehenden Prüfungen gegen Minden und in Nordhorn dürften so nicht zu bestehen sein.

VfL Gummersbach:
Steinar Ege (1.-11.; 32.-60. / 6 Paraden, darunter ein Siebenmeter)
Henning Wiechers (11.-32. / 2 Paraden)
Jörn Ilper
Andreas Rastner (3)
Kyung-Shin Yoon (7/1)
Frank von Behren (3)
Cedric Burdet (5/2)
Francois-Xavier Houlet (5)
Ivan Lapcevic (3)
Tobias Schröder (3)
Michael Spatz
Alexander Mierzwa
Dirk Hartmann (n.e.)
Mark Dragunski (n.e.)
HSG D/M Wetzlar
Axel Geerken (1.-60. / 12 Paraden, darunter ein Siebenmeter)
Waldemar Stzelecz (n.e.)
Thomas Michel
Umberto Brajkovic (3)
Robert Sighvatsson (1)
Arvydas Kestawitz (8)
Björn Monnberg (6/3)
Andreas Klimpke (1)
Kai Kieselhorst (5)
Marion Clößner
Sven Pausch
Gunnar Berg Viktorsson (4)

Schiedsrichter: Matthias Knapp (Birkenau) und Martin Pudinger (Fürth).
Siebenmeter: 4:4 3:3 (Yoon scheitert an Geerken, Monnberg an Ege).
Zeitstrafen: 6:12 Minuten (Wiechers, zweimal von Behren Michel, Sighvatsson, Viktorsson, dreimal Kieselhorst).
Beste Spieler: keiner (VfL) Arvydas Kestawitz, Axel Geerken (HSG).
Spielfilm: 1:0 (1.), 2:2 (4.), 5:8 (11.), 8:12 (20.), 12:14 (26.), 14:16 (Halbzeit) 18:20 (36.), 23:22 (41.), 25:24 (46.), 27:24 (52.), 27:28 (56.), 29:28 (Endstand).
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